38 Tonnen Kohlendioxid weniger
Ein großer Gemeinschaftserfolg für die folgenden Schülergenerationen und die Umwelt: Energetische Sanierung macht die Harzhütte der Gaußschule in Oderbrück zukunftsfähig.
Die Identifikation mit ihrem Schullandheim ist bei Lehrern, Ehemaligen und Schülern der Gaußschule riesengroß. Schon seit den 1930er Jahren fahren Gaußschüler zum Wandern oder zum Skilaufen in ihre Harzhütte nach Oderbrück. Jahr für Jahr brechen die Jahrgänge fünf bis acht zu ihren Klassenfahrten auf. Die Kinder und Jugendlichen stärken dort oben, mitten im herrlichen Nationalpark Harz ihre Gemeinschaft, und sie erleben oft Unvergessliches. Wer erinnert sich nicht gerne an seine oft erste Reise alleine ohne die Eltern? Damit das Kleinod zwischen Bad Harzburg, Torfhaus und Braunlage auch künftigen Generationen weiter offensteht, werden jetzt rund 340.000 Euro in die Zukunftsfähigkeit gesteckt. Und der hohe Grad der Identifikation war die Grundvoraussetzung, damit diese große Investition möglich wurde.
Wie schon der Bau 1928/1929 und der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die erforderliche Summe erneut zu großen Teilen durch Spenden aufgebracht. „Dem Ziel der Sanierung wurden zwei Jahre lang alle Schulaktionen untergeordnet. Von jeder verkauften Tasse Kaffee bei Einschulungsfeiern oder anderen Veranstaltungen wurde zum Beispiel stets ein Teil für das Harzheim abgezwackt“, sagt Martin Pisoke, Lehrer an der Gaußschule und im Vorstand des Fördervereins für die Harzhütte. Die jetzt beginnende Sanierung ist ein großer Gemeinschaftserfolg aller der Gaußschule nahestehender Menschen.
Zu allererst ist der großartige Schullauf zu nennen, an dem sich 800 Schüler beteiligten und Runde für Runde Geld erliefen. Dazu kamen die Förderung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (120.000 Euro) und viele hundert Spender, die zum Beispiel einen Quadratmeter neuen Dachs für 120 Euro erwerben konnten. Gefördert wird die Sanierung auch von der Richard Borek Stiftung. Zu den ersten Spendern 1928 zählte übrigens bereits schon ein Richard Borek, es war der Gründer der heutigen Richard Borek Unternehmensgruppe. Die ursprünglich als zinsloses Darlehn gedachten 250 Euro wurden am 17. Mai 1954 in eine Spende umgewandelt.
Unter Hochdruck wird in diesem Sommer die energetische Sanierung des Harzheims in Angriff genommen. Das letzte Schullandheim einer Braunschweiger Schule wird fit gemacht für die Zukunft. Es bekommt ein neues Dach, eine neue Fassade, neue Fenster und eine neue Pelletheizung. Damit wird die Energieeffizienz modernste Umweltstandards erreichen. Gegenwertig gibt es keine Dämmung, die Fenster sind einfach verglast und die Heizung verbraucht bis zu 15.000 Liter Öl im Jahr. „Durch die Sanierung reduzieren wir den Kohlendioxidausstoß unseres Schullandheims von 38 Tonnen auf fast 0“, freut sich Pisoke. Im Idealfall soll das Harzheim schon am 18. August wieder eröffnet werden. Es wird nicht wieder zu erkennen sein, mit seinen schwarzen Ziegeln und der grauen Fassade.
2008 hatte sich der Verein, weil es so viele Unterstützer und Befürworter für den Erhalt der Harzhütte gab, begonnen, das Haus umfassend und in mehreren Bauabschnitten zu sanieren. Architekten, Finanzberater und Ingenieure unterstützen dabei ehrenamtlich. Erste Schritte wurden mit der Sanierung der Bäder (2012) und der Schlafzimmer (2014) getan. Es bleibt aber auch nach der energetischen Sanierung noch einiges zu tun. Für die nähere Zukunft stehen Renovierungen des Dachgeschosses, der Turnhalle und des Gemeinschaftsraums an. Bei einer Auslastung von rund 70 Prozent werden im Harzheim der Gaußschule etwa 3.000 Übernachtungen pro Jahr gezählt. Das Haus ist mit seinen 43 Betten übrigens auch privat zu mieten.
Erinnerungen von Erich Glaeßner, Klasse 4a, 1930/1931: Mit Skiern und Rucksäcken bepackt, marschierten wir Quartaner die Harzchaussee nach Altenau hin entlang. Unsere Beine waren von der langen Wanderung ein wenig ermüdet, und wir waren froh, als wir in der Ferne aus dem Nebel das Forsthaus Oderbrück emportauchen sahen. Das Ziel unserer Wanderung, denn links von der Straße steht, von hohen Fichten umgeben, unser neu erbautes Harzheim…
Am anderen Morgen wurden wir um sieben Uhr geweckt. Je zehn Knaben gingen in den Waschraum, wo sie sich mit dem erquickenden Quellwasser erfrischten. Nachdem die Morgentoilette erledigt war, wurde Kaffee getrunken und von den mitgebrachten Vorräten gezehrt. Dann begann der Hausputz, denn wir haben in der Gaußschule Sauberkeit und Ordnung gelernt. Hui, wie die Besen und Schrubber flogen, die Scheuertücher wischten und das Wasser plantschte. Ja, das macht Vergnügen, mal so ein paar Tage von der Schule befreit zu sein und droben im schönen Harzheim zu wohnen…
Erinnerungen von Svenja Brink, Abitur 2009: Ein Erlebnis, das landesweit seinesgleichen sucht, muss dringend aus seinem Schattendasein in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden: die Klassenfahrt ins Harzheim. Prägung, die erdet. Jahrzehntelange Tradition, manifestiert in unverrückbaren Mauern. Komfort war gestern. Die unkomplizierte Reduzierung des Lebensstandards auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse haben wir jahrelang als äußerst positiv empfunden. Hier bin ich Mensch, hier kann ich Mensch sein. Wohltuend das Handyfunkloch, das uns ebenso lästige wie überflüssige Kurznachrichten und Anrufe erspart…
Wie soll man das Gemeinschaftsgefühl beschreiben, das sich einstellt, wenn man nachts mit klammen Fingern Schnee schippt? Die Genugtuung, wenn man den Abwasch für dreißig Personen von Hand bewältigt hat? Wer durchhält, wächst in eine eingeschworene Gemeinschaft hinein, von der auch die Lehrer nicht ausgenommen sind. Das Gerücht, dass im Harzheim Arbeiten korrigiert werden, hält sich unter den Jüngeren zwar hartnäckig, wird von der älteren Generation jedoch längst mit einem wissenden Schulterzucken abgetan. Viel zu sehr sind die Lehrer damit beschäftigt, die nachtaktiven Schüler zur Raison zu bringen…
Kontakt:
Harzheim der Gaußschule
Oderbrück Süd Nr. 8
37444 St. Andreasberg
Telefon: 05520/736
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