Aktuelle Baukultur unter der Lupe
Bauhistoriker Elmar Arnold wagt eine kritische Würdigung von neuen Bauten in Braunschweigs Innenstadt.
Die neue Internetseite www.braunschweiger-baukultur.de will für mehr Sensibilität bei der architektonischen und städtebaulichen Gestaltung von Innenstadt und Wallring werben. Neubauten, Sanierungen und Abrisse bieten städtebauliche Chancen, bergen aber auch Gefahren der weiteren ästhetischen Verarmung. Deswegen wagt Bauhistoriker Elmar Arnold eine fundierte und kritische Würdigung der jüngeren Braunschweiger Baukultur. Er unterscheidet zunächst 31 ausgewählte Gebäude in positive und problematische Beispiele.
Dabei geht es ihm nicht um Lob oder Tadel an Architekten und Bauherren. Er will vielmehr den Versuch unternehmen, Anhaltspunkte für den künftigen Umgang mit der Braunschweiger Innenstadt aufzeigen. Schließlich spiegelt das Stadtzentrum mit seiner Fülle an hochrangigen historischen Bauten und qualitätsvollen Platzräumen noch immer Architektur- und Stadtbaugeschichte aus zehn Jahrhunderten wider, die in ihrer Wirkung als umfassendes Kulturdenkmal nicht durch Fehlentwicklungen weiter eingeschränkt werden sollte.
Arnold ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Gebautes Erbe. Sie widmet sich der Bauleitplanung sowie der Dokumentation, Erforschung, Darstellung und Sanierung historischer Bausubstanz. Und er ist Ortsteilheimatpfleger für die Innenstadt. Die Internetseite entstand unter Mitwirkung der Richard Borek Stiftung.
In seiner Einführung begründet Arnold den Ansatz seiner Arbeit: „Mit der Teilrekonstruktion des Schlosses und der umfassenden Erneuerung der Fußgängerbereiche und des Bohlwegs ist die Attraktivität Braunschweigs erheblich gestiegen. Eine Folge der aktuellen Prosperität ist ein hoher Investitionsdruck. Neubauten entstehen auf bislang unbebauten Grundstücken und auch nach Abbruch von Gebäuden aus der Zeit des Wiederaufbaus. Dabei geht die Tendenz wieder in Richtung großmaßstäblicher Projekte. Vor allem in der Gestaltung großer Geschäfts- und Bürohäuser sind Entwicklungen zu konstatieren, die dem Stadtbild neuen Schaden zufügen.“ Arnold arbeitete etwa 2,5 Jahre an der Verwirklichung der umfänglichen Liste. Die Seite soll mit der Fertigstellung weiterer Projekte fortgeschrieben werden.
Der Bauhistoriker beurteilt die neuen und neueren Bauten nach festgelegten Kriterien und setzt die Objekte jeweils in Beziehung zu ihrem städtebaulichen Umfeld. So meint er zum Beispiel, dass das Kunstobjekt Rizzi-Haus am Ackerhof als starker Fremdkörper wirke und zur Disharmonie des Stadtraums im Bereich Georg-Eckert-Straße beitrage. Auf der anderen Seite attestiert er beispielsweise dem Bürohaus Hinter Liebfrauen 2 trotz vom Umfeld abweichender Fassaden und Materialien eine angenehme Wirkung durch Maßstab und Detaillierung. Das Haus sei ein mutiger Beitrag zur Stadtreparatur und eine Bereicherung des Quartiers.
„Ich möchte verhindern, dass geschlagene Wunden im Stadtbild in Zukunft noch weiter verschlimmert statt geheilt werden. Ich bin kein Feind moderner Architektur, aber ich differenziere. Natürlich ist die Seite eine subjektive Betrachtung. Es gibt auch andere Auffassungen“, weiß Arnold und richtet sich auf fachliche Debatten ein.
Auf der großen Internet-Übersichtskarte hat er seiner Meinung nach gelungene Bauten mit einem grünen Punkt, weniger gelungene mit einem roten gekennzeichnet. Darüber hinaus gibt es in einer beigefügten Auflistung eine weitergehende Differenzierung in der Bewertung, die durch bis zu drei Plus- beziehungsweise Minuszeichen ausgedrückt wird. User, die die jeweiligen Punkte anklicken, entdecken zunächst ein Foto des beschriebenen Objekts, dann öffnet sich ihnen ein Fenster mit einer ausführlichen Auseinandersetzung, wichtigen Fakten und beschreibender Bewertung.