Startseite Heimat & Identität Auf die Versöhnung zwischen We...

Auf die Versöhnung zwischen Welfen und Preußen

von

Objekt des Monats aus der Sammlung der Richard Borek Stiftung, Folge 1: Die Prunkuhr war ein Hochzeitsgeschenk für Ernst August und Victoria Luise.

Es ist an der Zeit! Mit der prunkvollen Kaminuhr, einst ein Hochzeitsgeschenk, startet die neue Reihe „Objekt des Monats“ von „Der Löwe – das Portal für das Braunschweigische“, in der besondere Exponate aus der Sammlung der Richard Borek Stiftung vorgestellt werden.

Die am 24. Mai 1913 in Berlin vollzogene Trauung des Prinzen Ernst August von Hannover, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, mit Prinzessin Victoria Luise von Preußen, der einzigen Tochter Kaiser Wilhelms II., stellt in vielerlei Hinsicht ein denkwürdiges Ereignis dar. Es handelte sich um eine für damalige Zeiten untypische Liebeshochzeit. Darüber hinaus wurde damit die jahrzehntelange Fehde zwischen den feindlichen Häusern der Welfen und Hohenzollern beendet, die einst durch die preußische Annexion Hannovers ausgelöst worden war.

Viertägige Hochzeitsfeier

Die insgesamt viertägige Hochzeitsfeier geriet zu einem wahren Medienereignis. Unter den mehr als 1.100 geladenen Gästen befand sich das „Who ist Who“ der europäischen Adelshäuser. So reiste beispielsweise nicht nur das britische Königspaar Georg V. und Mary an, sondern auch der letzte Zar Nikolaus I. von Russland.

Detail Reiter, Foto: Richard Borek Stiftung

Die Hochrangigkeit der Gäste spiegelte sich auch in den Hochzeitsgeschenken wider, die in außergewöhnlich hoher Zahl im Berliner Schloss eintrafen und dem Brautpaar in einer Zeremonie überreicht wurden. Neben kostbarem Schmuck, edlen Gold- und Silberwaren, Gemälden und Porzellane, finden sich in der Geschenkeliste prunkvolle Tisch- und Standuhren. Einige Geschenke konnten glücklicherweise bis heute bewahrt werden und haben ihren Platz in der Sammlung der Richard Borek Stiftung gefunden. Dazu gehört auch die Prunkuhr, die im Jahr 2015 als Leihgabe in der Ausstellung „Frauensache. Wie Brandenburg Preußen wurde“ im Theaterbau des Berliner Schlosses Charlottenburg zu sehen war.

Mehr als nur ein Zeitmesser

Derartige Uhren dienten nicht nur als Zeitmesser, sondern vor allem auch als Repräsentationsobjekt. Anhand einer Inschrift wird die Lüneburger Ritterschaft als Auftraggeber beziehungsweise Schenker offenbart: „Gewidmet von der Landschaft und Ritterschaft des Fürstentums Lüneburg zum 24. Mai 1913“. Die ca. 80 cm große Kaminuhr gehört ohne Zweifel zu den eindrucksvollsten Geschenken. Es ist zu vermuten, dass sie aufgrund der aufwendigen Herstellung erst 1914 dem herzoglichen Paar überreicht wurde.

Das Thema der Uhr, die Aussöhnung zwischen Welfen und Hohenzollern durch die Hochzeit, wird durch eine aus Silber gefertigte Figurengruppe symbolisiert. Zu sehen sind zwei Reiter, die sich versöhnlich die Hände reichen. Ihre Helmverzierungen, Löwe und Adler, weisen sie als Verkörperung Preußens und des Welfengeschlechts aus. Bei genauerer Betrachtung der Reiter fällt auf, dass sie nicht in zeitgenössischen Uniformen, sondern als mittelalterliche Ritter des beginnenden 13. Jahrhunderts dargestellt sind. Das bewusste Spiel mit zwei unterschiedlichen Epochen sollte vermutlich dem noch kürzlich vorhandenen Konflikt die politische Schärfe nehmen.

Andererseits wird zugleich ein Bezug zur Aussöhnung des Streites zwischen Welfen und Staufern im Jahr 1235 hergestellt, als Kaiser Friedrich II. den Enkel Heinrichs des Löwen, Otto das Kind, auf dem Mainzer Hoftag mit dem neu gegründeten Herzogtum Braunschweig-Lüneburg belehnte.

Das Uhrengehäuse wurde von W. Lameyer & Sohn aus Hannover gefertigt, einem der damals führenden Unternehmen in Sachen Juwelen, Gold- und Silberarbeiten. Es hat die Form eines nach oben hin schmaler werdenden Sockels, der in seiner Erscheinung mit dem des Braunschweiger Löwen assoziiert werden kann. Auf der Schauseite ist ein vergoldetes romanisches Portal mit Doppelsäulen aus geschliffenem Lapislazuli zu sehen, die an den Kapitellen mit filigranem Ranken- und Vogelornament dekoriert sind. In dem halbkreisförmigen Bogenfeld über dem Portal, dem sogenannten Tympanon, ist ein blaues Ziffernblatt aus Emaille platziert. Die ornamentverzierten Arkadenbögen sind mit sieben geschliffenen Lapislazuli-Steinen veredelt.

Exponat im Weißen Saal

Direkt unter dem Ziffernblatt steht der aus Silber gearbeitete Braunschweiger Löwe. Er hält ein silbernes Wappenschild in seinen Pranken. In Anlehnung an das Gesamtprogramm sind darauf der Reichsadler beziehungsweise der preußische Adler (rechts) sowie die zwei Leoparden des welfischen Stammlandes Braunschweig (links) zu erkennen. Die eindrucksvolle Uhr kann zurzeit in der Ausstellung im Weißen Saal des Schlossmuseums Braunschweig betrachtet werden.

Seien Sie gespannt: Anlässlich des 300. Geburtstages des Landschaftsmalers Pascha Johann Friedrich Weitsch und der ab dem 8. Dezember im Herzog Anton Ulrich-Museum eröffneten Sonderausstellung „Naturtalent. 300 Jahre Pascha Weitsch“, in der auch Leihgaben der Richard Borek Stiftung zu sehen sind, widmet sich das Objekt des Monats Dezember einem Werk des bedeutenden Braunschweiger Künstlers.

Bilboard 2 (994x118 px)