Borkenkäferkalamität ungeahnten Ausmaßes
Sturmschäden von Xavier und Friederike sowie der Dürresommer 2018 führen zu dramatischen Folgen für den Bestand der Fichte auch in den Wäldern der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.
Den Fichten in Deutschland droht mindestens in tieferen Lagen mittelfristig das Aus. Verantwortlich für diese Entwicklung sind einerseits die angesichts klimatischer Veränderungen immer schwieriger werdenden Bedingungen für die Flachwurzler und andererseits die dadurch entstehenden, hervorragenden Lebens- sowie Vermehrungsbedingungen für Borkenkäfer. „Wir warten in diesem Frühjahr auf die Attacke der Borkenkäfer. Wir gehen von einer Borkenkäferkalamität ungeahnten Ausmaßes aus“, sagt Burkhard Röker, Förster der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz. Die Stiftung zählt zu den größeren Waldeigentümern in Niedersachsen.
Da wird das Aufkommen der Borkenkäfer genauestens beobachtet. Denn Borkenkäfer besiedeln am liebsten Fichten, die bereits vorgeschädigt sind. Die Käfer bohren sich in die Rinde ihrer Wirtsbäume ein und legen dort Gänge an, in denen sie Eier ablegen. Es gibt vor allem zwei Arten, die die hiesigen Fichtenbestände bedrohen. Es sind die Buchdrucker und die Kupferstecher. Sie legen ihre Brutgänge zwischen Rinde und Holz an und können Wälder großflächig vernichten. Das Phänomen ist besonders an den Fichtenbeständen im Harz zu beobachten, aber auch an vielen Bäumen im Elm, im Lappwald und im Querumer Wald.
Die Hoffnung der Förster, ein langer, harter und wechselfeuchter Winter würde die Borkenkäfer, die sich bereits im Dürresommer 2018 massenhaft vermehrt hatten, entscheidend dezimieren, erfüllte sich angesichts der milden Witterung nicht. Jetzt drohen die Explosion der Population und damit eine Katastrophe für die Fichtenwälder, wie es sie bislang noch nicht gab. Die Förster des SBK-Stiftungswalds haben sich dennoch gegen den Einsatz von Insektiziden oder von mit Lockstoffen getränkten Fangnetzen entschieden.
„Wir wollen ohne Chemie auskommen. Wir setzen auf saubere Fichtenwirtschaft. Das bedeutet, dass wir in den vergangenen Monaten alles Schadholz aus dem Stiftungswald entfernt haben, um dem Borkenkäfer möglichst wenig bruttaugliches Material im Wald zu belassen. Außerdem kontrollieren wir den Baumbestand, reagieren schnell und verarbeiten befallene Fichten sofort“, sagt Röker.
Der Dürresommer 2018 hat gemeinsam mit den Stürmen Xavier und Fredericke die Probleme der Fichte überdeutlich zutage treten lassen. Aufhalten ließe sich die negative Entwicklung für die Fichten wegen der Klimaveränderung nicht, ist er überzeugt. Die Förster des Stiftungswalds wollen daher die Struktur ihres Waldes verändern. Mittelfristig setzen sie auf einen standortangepassten Baumartenwechsel. Vorhandene Naturverjüngung der Fichte wird auf geeigneten Standorten zwar noch übernommen, allerdings pflanzen sie bereits jetzt verstärkt die im Vergleich zur Fichte trockenresistentere Douglasie, jedoch immer in Mischung mit Buche. Der nordamerikanische Nadelbaum soll auf passenden Standorten perspektivisch die Fichte als so genannten „Brotbaum“ ersetzen.
„Ich sehe die biologische Vielfalt in den Wäldern durch den standortangepassten Waldumbau in Mischwälder aus Buche mit Douglasie nicht gefährdet. Unsere Wälder sind durch die Bewirtschaftung nach den Grundsätzen der langfristigen ökologischen Waldbewirtschaftung in den vergangenen 25 Jahren eh schon bunter geworden. Nebenbaumarten wie Birke, Weide oder Eberesche, die wir vor 30 Jahren noch erbarmungslos zurückgedrängt haben, sind heute selbstverständlicher Bestandteil unserer Wälder. Ein Habitatbaumkonzept mit einem dadurch zunehmenden Anteil höhlenreicher Altbäume, auch über das wirtschaftliche Alter hinaus, bietet vielen Arten neue Lebensräume“, meint Burkhard Röker.
Aktuell werden in den Wäldern der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz an vielen Stellen die ersten Schadflächen rekultiviert. Knapp 100.000 Pflanzen, überwiegend Buchen und Eichen, sind im Stiftungswald bereits neu gepflanzt. „Es lässt sich mit Sicherheit sagen, dass wir durch die europaweite Borkenkäferkatastrophe und den damit verbundenen Preisverfall für Nadelholz in Verbindung mit den Kosten für den Waldumbau auf eine Delle in der Ertragskraft des Stiftungswaldes zusteuern“, prognostiziert Röker bereits jetzt vorausschauend. „Ich bin aber optimistisch, dass wir durch unsere gute Baumarten- und Altersverteilung im gesamten Stiftungswald wirtschaftlich mit einem blauen Auge davonkommen werden“.