Braunschweig bereitet sich auf das 1000-jährige Stadtjubiläum vor
Mediävist Thomas Scharff vom TU-Institut für Geschichtswissenschaft hält am 10. Mai um 19 Uhr in der Dornse des Altstadtrathauses einen Impulsvortrag zu Stadtbüchern des Mittelalters.
Stadtbücher bildeten im Mittelalter das Rückgrat der städtischen Verwaltung. Sie deckten ein breites, den vielfältigen Aufgaben der vormodernen Stadtverwaltung entsprechendes Spektrum ab, das von Rechts- und Statutenbüchern, über den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit bis hin zu Rechnungs- oder Steuerbüchern reicht. Sie gehören damit zu den zentralen Quellen der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadtgeschichte. Sie für Braunschweig besser zu erschließen, ist eine Aufgabe, die sich das Stadtarchiv in Vorbereitung auf das Jubiläum zum 1000-jährigen Bestehen der Stadt gestellt hat.
Forschung soll intensiviert werden
Die Braunschweiger Stadtbücher, besonders jene des 15. bis 17. Jahrhunderts, seien bisher nur wenig erschlossen. Es gelte die Forschung in den Stadtbuchbestand des Stadtarchivs in den nächsten Jahren zu intensivieren, erläutert Henning Steinführer, Leiter des Stadtarchivs Braunschweig, im Vorfeld der Tagung „Stadtbücher – Zugang und Forschung“ vom 10. bis 12. Mai im Haus der Wissenschaft. „In jedem Falle sollte es gelingen, mit den Stadtbüchern einer Quellengattung die ihr zustehende Geltung zu verschaffen und ein verbessertes Angebot für die Forschung bereitzustellen“, meint Henning Steinführer.
Stadtbücher sind seit dem 13. Jahrhundert in vielen deutschen Städten überliefert. „Mit der Tendenz zur Verschriftlichung nimmt auch die Zahl der Stadtbücher seit dem 15. Jahrhundert zu. Sie decken ein breites, den vielfältigen Aufgaben der vormodernen Stadtverwaltung entsprechendes inhaltliches Spektrum ab, das von Rechts- und Statutenbüchern, über zahlreiche Bücher aus dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit bis hin zu Rechnungs- oder Steuerbüchern reicht“, erklärt der Chef des Braunschweiger Stadtarchivs.
Europäische Schriftkultur im Mittelalter
Dem Zusammenhang zwischen Herrschen, Schreiben und Verwalten geht der Braunschweiger Mediävist Thomas Scharff vom Institut für Geschichtswissenschaft der TU Braunschweig in seinem Vortrag am 10. Mai um 19 Uhr in der Dornse des Altstadtrathauses bei freiem Eintritt nach. Er gibt einen Überblick über die Entwicklung der europäischen Schriftkultur im Mittelalter. In diesem Prozess, der von Italien ausgehend seit dem 12. Jahrhundert große Teile des Kontinents erfasste, spielten die Städte eine wesentliche Rolle. Der Vortrag ist Teil einer Tagung zu Stadtbüchern, die das Stadtarchiv vom 10. bis 12. Mai im Haus der Wissenschaft in Vorbereitung auf das 1000-jährige Stadtjubiläum 2031veranstaltet. Sie soll aktuelle auf Stadtbüchern beruhende Forschungen sowie neue Erschließungsmöglichkeiten zu dieser nicht immer leicht zugänglichen Quellengruppe zur Diskussion stellen.
3.000 Stadtbücher sind archiviert
„Der Braunschweiger Stadtbuchbestand, der im Stadtarchiv Braunschweig verwahrt wird, ist mit rund 3.000 Stadtbüchern aus der Zeit zwischen dem 13. und dem 19. Jahrhundert sowie etwas mehr als 10.000 Bände an Rechnungen aller Art sehr umfangreich“, berichtet Henning Steinführer. Sei es anfangs noch üblich gewesen, verschiedene Sachbetreffe in ein Buch einzutragen, sei man noch im Mittelalter dazu übergegangen, spezialisierte Buchserien nach inhaltlichen Kriterien zu schaffen. So beträfen beispielsweise die Kopialbücher Angelegenheiten des Gemeinen Rates und enthalten Abschriften der eingegangenen Urkunden und Briefe. Die ausgehenden Briefe seien in speziellen Briefbüchern verzeichnet worden. Und in den Gedenkbüchern fänden sich neben Dienstverträgen, Ratsherrenverzeichnissen sowie Rechtsgeschäften der einzelnen Weichbilde auch wichtige, so der Chef des Stadtarchivs.
„Einen hohen Quellenwert für die Stadtgeschichte haben die 111 Ratsprotokollbücher. Die mit 71 Bänden sehr umfangreiche Serie der Finanzbücher enthält neben Zinsbüchern für die einzelne Weichbilde und für die Gesamtstadt unter anderem auch Zollbücher sowie einzelne Kämmerei- und Brauregister. Hinzu kommen noch Testamentbücher, Neubürgerbücher, Degedingbücher, Urteilbücher, Prozessbücher sowie Rechts- und Gerichtsbücher“, zählt Henning Steinführer auf.
Die älteste vom Rat (der Altstadt) ausgestellte Urkunde datiert von 1231, die ersten Stadtbücher wurden 1268 in der Altstadt und im Hagen angelegt. Bis zum 15. Jahrhundert hatte sich ein differenziertes und auf professionellen Kräften beruhendes administratives Schriftwesen herausgebildet. Bis heute sind die zahlreichen erhaltenen Urkunden, Briefe, Stadtbücher, Rechnungen und Akten eindrucksvolle Zeugnisse.
Die Anfänge des Stadtarchivs reichen bis ins ausgehende 12. Jahrhundert zurück, als erste schriftgestützte Privilegien aufbewahrt wurden. Systematisch wird in der Stadt seit 1408 archiviert. In den Beständen spiegelt sich die lange und wechselvolle Geschichte der einstigen Hanse- und Residenzstadt wider. In den klimatisierten Magazinen im nördlichen Flügel des rekonstruierten Residenzschlosses nehmen die Ersterwähnungsurkunde Braunschweigs aus dem Jahr 1031 und das Zollprivileg von Kaiser Otto IV. als älteste Urkunde der Stadt aus dem Jahr 1199 Sonderstellungen ein.
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