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Braunschweig ist und bleibt ein bewährter Name

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Auf dem traditionsreichen Namen aufbauend sollte die Organisation des Zusammenhalts der Region verbessert werden.

 Ein exklusiv für den „Löwen“ verfasster Beitrag von Dr. Gert Hoffmann, Vorstandsmitglied der Richard Borek Stiftung, ehemaliger Oberbürgermeister Braunschweigs und früherer Präsident der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, zur Namensdiskussion im Braunschweiger Land:

Die jüngste Berichterstattung in der Braunschweiger Zeitung und das darin wiedergegebene Zitat des VW-Managers Wendelin Göbel in seiner Funktion als Vorsitzender der Geschäftsführung der Allianz für die Region haben bei vielen Menschen in unserer Region den Eindruck entstehen lassen, nunmehr hieße die Region tatsächlich und endgültig „Braunschweig-Wolfsburg“. Aber dieser Eindruck entspricht nicht den Tatsachen.

Herr Göbel strebt lediglich an – und mehr kann er auch nicht anstreben –, die von ihm geführte Gesellschaft künftig so zu benennen. Auch dafür benötigt er allerdings Beschlüsse seiner Gremien, die noch nicht gefasst sind und die keineswegs schon sicher sein dürften. Bisherige Äußerungen der politischen Vertreter der Gebietskörperschaften lassen die Zustimmung bezweifeln.

Aber selbst wenn sich die Allianz für die Region tatsächlich „Braunschweig-Wolfsburg“ nennen würde, so hieße die politisch repräsentierte Region – also das Gebiet zwischen Harz und Heide – weiter „Braunschweig“. Dies ist nämlich der vom niedersächsischen Landtag festgelegte Name des entsprechenden Regionalverbandes, des einzigen größeren kommunalen Zusammenschlusses der Region zur Erledigung gemeinsamer Aufgaben.

Zwar könnte das Parlament der Region, die Regionalversammlung, auch das ändern. Aber nur mit einer Zweidrittelmehrheit – und das ist ganz unwahrscheinlich.

An dem Namen der Region würde sich also durch die Initiative der Braunschweiger Zeitung, einiger Werbeagenturen und möglicherweise der Allianz für die Region nichts ändern. Verwirrung und Durcheinander in der Region würden allerdings dadurch entstehen, beziehungsweise gesteigert, da namhafte und traditionsreiche große Institutionen weiterhin den Namen „Braunschweig“ tragen (Oberlandesgericht, Kammern, Arbeitgeberverband, die SPD als die traditionsreichste politische Organisation der gesamten Region und so weiter und so weiter). Allein das würde schon mehr Schaden als Nutzen dieser angestrebten Veränderung herbeiführen.

Was wären ansonsten die Folgen? Die Allianz könnte dann international (in aller Welt – das hört man immer wieder) mit diesen Namen um Mitarbeiter und Firmen werben. Abgesehen davon, dass wohl eher fraglich ist, ob dieser neue Name den erwünschten Schub geben würde, müsste schon ein erheblicher finanzieller, Millionen Euro schwerer Aufwand betrieben werden, um diesen Namen wie gewünscht „in aller Welt zu pushen“. Das hatte man sich schon einmal vor 20 Jahren vorgenommen, aber damals war niemand – auch Volkswagen nicht – bereit, die dafür erforderlichen, gewaltigen Mittel aufzubringen. Es ist ganz unwahrscheinlich, dass zum Beispiel Volkswagen jetzt, angesichts ganz anderer Herausforderungen, das notwendige Geld zur Verfügung stellt. Die Kommunen und die Wirtschaftsverbände können das ohnehin nicht.

Wirkung könnte eine solche Kampagne allenfalls in Deutschland selbst haben. Aber wäre das eine positive Wirkung? Würde die positive Wahrnehmung der Region gesteigert, wenn dem Namen Braunschweig nun der Name Wolfsburg hinzugefügt werden würde? Braunschweig ist ein traditionsreicher, gut besetzter Name seit Jahrhunderten. Wolfsburg, die junge und sich in den vergangenen Jahren stark entwickelnde Stadt, hat trotz aller beachtlicher Anstrengungen bundesweit noch immer das Image eines tristen Anhängsels von Volkswagen. Selbst der scheidende VW-Chef Diess machte zuletzt in dieser Richtung kritische Anmerkungen. Das ist zwar unfair und nicht gerecht gegenüber den erwähnten Bemühungen der Wolfsburger Kommunalpolitik, aber eben ein großer Ballast für die angestrebten Marketingaktivitäten unter diesem neuen Namen. Dazu kommt, dass der Name Wolfsburg immer identifiziert wird mit dem Unternehmen, das selbst durch den Dieselskandal einen erheblichen Imageschaden genommen hat. Niemand kann vorhersagen, wie sich das in den nächsten schwierigen Jahren entwickeln wird.

Braunschweig ist dagegen durch das Auf und Ab einer 1000-jährigen Geschichte stets ein bekannter, positiv besetzter Name geblieben und wird dies gewiss auch in der Zukunft, selbst bei Rückschlägen in der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region, bleiben. Selbst die Eintracht hat trotz der jüngsten sportlichen Rückschläge wohl immer noch in Deutschland einen höheren Marketing-Wert und ein höheres Ansehen bei den Fußball-Fans als der ungleich sportlich erfolgreichere VfL. Auch hier ist zu befürchten, dass die erwähnte mediale Initiative (in der Bevölkerung hat sie keinen nennenswerten Rückhalt) eher Schaden als Nutzen bringt.

Sehr viel wichtiger als dieses zum wiederholten Male aufgeführte Sommer-Theaterstück in Sachen Namen wäre die Herbeiführung einer verbesserten Struktur der Gemeinsamkeit unserer komplizierten Region. Weder die in den vergangenen Jahren finanziell deutlich schwächer als zu Beginn aufgestellte Allianz, noch der mit so wenigen Aufgaben versehene Regionalverband sind die erforderliche Klammer und Institution der Region für eine starke Interessensvertretung nach außen und eine Interessensbündelung nach innen. Nach der für die Region sehr nachteiligen Abschaffung der Bezirksregierung Braunschweig durch das Kabinett Wulff fehlt es daran an allen Ecken und Enden – das Regionalbüro der Landesregierung am alten Sitz der Bezirksregierung ist dazu viel zu schwach aufgestellt und soll wohl auch nicht stärker sein.

Eine Antwort auf diese landespolitische Fehlentscheidung war die Initiative für eine Gebietskörperschaft Region Braunschweig nach dem Vorbild der Region Hannover. Sie war bekanntlich aus mehreren Gründen nicht erfolgreich. Es ist nicht abzusehen, dass aus der Politik noch einmal ein solcher Vorstoß kraftvoll erfolgt. Dann sollten sich auch im Vorfeld der Landtagswahl alle an der Region interessierten nicht auf zweit- oder drittrangige Namensfragen stürzen, sondern auf Ideen, wie man diesen Regionalverband Braunschweig weiter stärken kann. Das wäre zwar gegenüber einer echten Region nach dem Beispiel der Konkurrenz aus Hannover nur die zweitbeste Lösung aber immer noch besser als der jetzige Zustand.

Ein Beitrag der Richard Borek Stiftung

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