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Braunschweigs Geschichte in Karten und Bildern

Neustadtrathaus, vor 1773 (Stadtarchiv Braunschweig)
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Der „Deutsche historische Städteatlas“ zeigt die Entwicklung der Stadt.

Eingebettet in ein gesamteuropäisches Projekt historischer Städteatlanten ist die Atlasmappe Braunschweig des „Deutschen Historischen Städteatlas“ erschienen. Die Veröffentlichungen dieser Reihe dokumentieren Geschichte sowie Topographie bedeutender Städte durch thematische Karten, Bildmaterialsammlungen und wissenschaftlichen Texten. Braunschweig ist nun eine von rund 500 Städten in 17 europäischen Staaten, für die solch ein Atlas nach gemeinsamen Richtlinien fertig gestellt wurde.

Entstanden ist das Werk in einer interdisziplinären Kooperation zwischen dem Braunschweiger Stadtarchiv, dem Institut für vergleichende Städtegeschichte in Münster, das als Herausgeber fungiert, sowie der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz. Diese ermöglichte durch ihre Förderung die Verwirklichung dieses Projektes. In vierjähriger Arbeit schufen mehr als 15 Kartographen, Historiker, Geographen und Archäologen eine Stadtgeschichte, die auf einem Kartenwerk basiert, das nicht nur die unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Stadt dokumentiert, sondern auch geschichtliche Entwicklungen in 21 zum Teil großformatigen Kartenblättern mit Zeichnungen und Fotos veranschaulicht.

„Karten sind translingual“, sagte der Wiener Prof. Dr. Ferdinand Opll in seinem Festvortrag zur Vorstellung des Projekts europäischer Städteatlanten während der Präsentation des Werkes im Haus der Wissenschaft der Technischen Universität. Die „Sprache der Karten“ ist von jedem zu verstehen, man kann in ihnen lesen wie in einem Buch, ohne die Sprache des jeweiligen Landes zu sprechen.

Das ermöglicht nicht nur Wissenschaftlern, sondern auch Laien das Studium der Stadtentwicklung historisch bedeutender Städte. „Darauf, dass der historische Städteatlas Braunschweigs nicht nur ein Werk für Wissenschaftler ist, sondern eben auch für eine breitere Öffentlichkeit interessant ist, haben wir besonderen Wert gelegt“, sagt Dr. Henning Steinführer. Der Direktor des Braunschweiger Stadtarchivs koordinierte die Arbeiten in Braunschweig. Für ihn ist der Städteatlas das schönste Projekt, das er bislang in Braunschweig verwirklichen durfte, sagt er.

Und Tobias Henkel, Direktor der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, meinte bei der Präsentation: „Die höhere Auflage von 1000 Exemplaren zeigt, dass wir davon ausgehen, dass dieses Projekt zukunftsträchtig ist.“ Diese Zukunft sollte nur gut zwei Wochen dauern, danach war die erste Auflage ausverkauft. Die zweite Auflage ist inzwischen ausgeliefert und im Handel.

Der nun in zweiter Auflage vorliegende Städteatlas bietet eine umfangreiche Materialsammlung zur historisch-topographischen Entwicklung der Stadt. Ergänzt werden Karten und Tafeln durch ein Textheft mit zahlreichen Illustrationen, das von Prof. em. Dr. Wolfgang Meybeyer, Dr. Henning Steinführer und Dr. Daniel Stracke verfasst wurde. Die Karten beleuchten das Wachsen der Stadt in den unterschiedlichen Entwicklungsschritten und beleuchten dabei die gesellschaftlichen Umstände für Wachstum und Wandlung der Stadttopographie, die plastisch und nachvollziehbar dargestellt werden.

Für die parzellengenauen Grundrisspläne von 1750/1766 und 1873/1881 wurden etliche Detailpläne aus dem Niedersächsischen Landesarchiv Wolfenbüttel digitalisiert und neu gezeichnet. So entstanden großformatige Stadtpläne, auf denen jede Parzelle der Innenstadt sichtbar wird. Ein zeitgenössisches Verzeichnis mit der Abschätzung des Mietwerts der Wohnhäuser auf den Parzellen aus der Zeit nach 1875 ist auf einer CD zu finden, die der Mappe beiliegt. Weitere Materialtafeln mit historischen Karten, Stadtplänen und Stadtansichten, die in Braunschweig mit einer Ansicht von Peter Spitzer aus dem Jahr 1547 beginnen, runden das frühe Kartenwerk ab.

Die Entwicklung der Stadt nach der Zeit der industriellen Revolution und damit der Gründerzeit mit ihren großflächigen Stadterweiterungen wird detailliert dargestellt. Es war die Zeit, in der die Bevölkerungszahl Braunschweigs zwischen 1812 von rund 30 000 Einwohner bis 1890 auf 101 000 Einwohner anwuchs und sich damit mehr als verdreifachte.

Eine gesonderte Karte geht auf Braunschweig in der Zeit des Nationalsozialismus ein. Sie zeigt die Bauten dieser Zeit und die Orte, an denen die NS-Zeit ihre Spuren hinterlassen hat. Das Ende des Krieges, der eine zu fast 90 Prozent zerstörte Innenstadt hinterließ (ebenfalls auf einer Karte dargestellt), bedeutete in den 1950er Jahren einen Neuanfang. Braunschweig sollte als dynamische, autogerechte Großstadt wieder aufgebaut werden, mit modernen Gebäuden. Die Traditionsinseln mit ihren mittelalterlichen Fachwerkbauten, sollten für kommende Generationen das „Bild des alten Braunschweigs“ bewahren.

Karten der rasanten Entwicklung der Stadt mit den Eingemeindungen in den 1970er Jahren, den schnell wachsenden Neubaugebieten vor allem im Westen und Süden, den archäologischen Ausgrabungen, der historische Städteatlas Braunschweigs vermittelt ein eindrucksvolles Bild der Stadt vom Mittelalter bis in die Neuzeit.

Die Atlaspublikation für Braunschweig ist auch die erste dieser Reihe, für die parallel eine interaktive Web-Anwendung realisiert wurde. Darin lassen sich, so die Beteiligten am Projekt, die historischen Grundrisskarten betrachten und zoomen, sowie durch Überblendung untereinander bzw. mit einem modernen Stadtplan vergleichen. Eine interaktive Entwicklungsphasenkarte zeigt die Wachstumsbereiche zu unterschiedlichen Zeiten und liefert die historischen Daten dazu. Ein drittes Modul veranschaulicht das Flächenwachstum Braunschweigs außerhalb der Umflut nach seinen historischen Perioden bis 2006. Auf diese Weise lässt sich zum Beispiel das Ausmaß der nationalsozialistischen Siedlungspolitik in Relation zur vorher bebauten Fläche anzeigen.

Fakten:
Deutscher Historischer Städteatlas Braunschweig
Institut für vergleichende Städtegeschichte Münster (Hg.)
Autoren: Prof. em. Dr. Wolfgang Meibeyer, Dr. Henning Steinführer, Dr. Daniel Stracke
Kartographie: Benjamin Hamann, Dieter Oberhageböck
Preis: €37.95
Erscheinungsjahr: 2013/ 2. Auflage 2014
Einband: Atlasmappe mit Heft und 21 Karten
Format: 28,6 cm x 40,6 cm
ISBN 978-3-87023-276-4

Fotos

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