Das Dresdener Türkenzelt als Meisterstück
Paramentenwerkstatt der von Veltheim-Stiftung im Kloster St. Marienberg ist deutschlandweit gefragt, wenn es um die Restauration historischer Textilien geht.
Neues schaffen, Altes bewahren – so lautet das Leitmotiv der Paramentenwerkstatt der von Veltheim-Stiftung. Mit ihrem Sitz im Kloster St. Marienberg in Helmstedt hat sie sich einen ausgezeichneten Ruf erworben. Sie ist deutschlandweit führend und hat so imposante Aufträge erledigt wie die Restaurierung des großen Türkenzeltes, das 1683 vor Wien erbeutet worden war, und jetzt in der Türckischen Cammer des Dresdner Residenzschlosses zu sehen ist.
„Ich kenne in ganz Deutschland keinen anderen Ort, an dem das Türkenzelt hätte restauriert werden können“, wird Holger Schuckelt von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zitiert. Eine Werkstatt mit ausreichend Platz und den Kenntnissen für so ein großes Projekt sei eine Besonderheit. Jetzt ist das Zelt dank der Paramentenwerkstatt in Helmstedt wieder eine vorzeigbare Attraktion, auch wenn darin keine rauschenden Feste mehr gefeiert werden wie bei August dem Starken. Zu DDR-Zeiten war das Zelt im Depot Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gelagert.
Stich für Stich setzten die Frauen in den schweren Stoff. In mühevoller Handarbeit haben bis zu 30 Frauen mehr als sechs Jahre lang an den orientalischen Ornamenten die ehemalige Unterkunft des Großwesirs restauriert. Das Zelt ist stolze 16 Meter lang, acht Meter breit und fünf Meter hoch.
Der Erhalt kostbarer, historischer Textilien ist jedoch nur ein Teil der Paramentenwerkstatt. Ursprung ist vielmehr die Herstellung von kirchlichen Textilien. Das textile Kunsthandwerk hat an diesem Ort eine jahrhundertelange Tradition, wie Mechthild von Veltheim, Domina des Klosters St. Marienberg, berichtet.
„Charlotte von Veltheim und ihre Freundin Gräfin Anna von der Schulenburg haben 1862 den Paramentensaal im Kloster hergerichtet und den Niedersächsischen Paramentenverein gegründet. Seitdem wird in St. Marienberg Paramentik gearbeitet“, erläutert Mechthild von Veltheim.
Der Paramentenwerkstatt ist seit 1983 der Bereich Textilrestaurierung angegliedert. Die Textilien werden fachkundig nach musealen und denkmalpflegerischen Ansprüchen aufgearbeitet. Beherrscht werden müssen dafür die unterschiedlichen Techniken der Handarbeit.
„Früher war das unter einer Berufsbezeichnung Paramentikerin zusammengefasst. Heute arbeiten hier hochqualifizierte Spezialistinnen für Nähen, Sticken und Weben“, sagt die Werkstattleiterin Ute Sauerbrey. Die Paramentenwerkstatt bildet übrigens auch selbst aus, um das traditionelle Handwerk an die nächste Generation weiterzugeben.
Die eigene kostbare mittelalterliche Textilsammlung ist in der Schatzkammer des Klosters zu bewundern. Der prachtvolle Elisabeth-Teppich aus dem 15. Jahrhundert, der Margareten-Behang aus dem 13. Jahrhundert, das Hungertuch aus dem Jahr 1260 und all die anderen ausgestellten Paramente zeugen von der tiefen Frömmigkeit und der großen Kunstfertigkeit der einstiegen Klosterfrauen.
Als Gegenstück ist in der Ausstellung ein Wandbehang aus dem Jahr 2000 zu sehen. Und in der Kirche des Klosters hängt als Altarschmuck ein weiteres modernes Parament. Die Werkstatt wendet sich in ihrer Arbeit ganz bewusst dem sich seit jeher verändernden Zeitgeist zu. Besonders deutlich wird dies beim modischen Schneidern von Talaren für Pastorinnen.
Eine junge Designerin kam mit der Idee, den jungen Pastorinnen mehr anbieten zu wollen als nur die althergebrachten preußischen Amtstalare. Sie stieß auf bei Mechthild von Veltheim auf offene Ohren. Auch die Nachfrage ist mehr und mehr da. Und ein bisschen modischer Schick darf schon sein – schließlich bleibt ja alles im Rahmen der liturgischen Farben Weiß, Rot, Grün und Violett. Die Genehmigung der Landeskirche war Voraussetzung, um die modischen Talare auch anbieten zu können. Sie dürfen als Festtagstalare genutzt werden, sofern die Gemeinde nicht dagegen interveniert. Aber das ist mittlerweile ohnehin die Ausnahme.