Das Gebäude als „letzter Zeuge“
Inhaltliche und infrastrukturelle Aufwertung der Gedenk- und Dokumentationsstätte KZ Drütte wird bis 2021 dauern.
Die auf dem Werksgelände der Salzgitter AG gelegene Gedenk- und Dokumentationsstätte KZ Drütte wird in den nächsten drei Jahren erheblich aufgewertet, um den Anforderungen moderner Geschichtsvermittlung auch in Zukunft gerecht werden zu können. In dem Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme bei Hamburg waren tausende Häftlinge von 1942 bis 1945 zur Rüstungsproduktion in den damaligen „Reichswerken für Erzbergbau und Eisenhütten Hermann Göring“ gezwungen worden.
Projekt des Arbeitskreises Stadtgeschichte Salzgitter
Die heutige Gedenkstätte besuchen jährlich mehr als 150 Gruppen. Dazu kommen Gäste regelmäßiger Führungen und Veranstaltungen. Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz fördert die jetzt anstehende Neugestaltung mit einem mittleren sechsstelligen Betrag. Projektträger ist der Arbeitskreises Stadtgeschichte Salzgitter.
Erst in den 1980er Jahren begann die Erinnerung an das KZ-Außenlager Drütte und das traurige Schicksal der Zwangsarbeiter. 1992 wurde ein Teil der historischen Räume mitten auf dem Werksgelände für die Einrichtung der Gedenkstätte zur Verfügung gestellt. Die Dauerausstellung wurde 1994 eröffnet. Seither gab es diverse Sonderausstellungen, wurde ein Archiv aufgebaut und fanden regelmäßig Projekte mit Auszubildenden der Salzgitter AG statt.
Die SS hatte in Drütte eines der ersten und größten KZ-Außenlager eingerichtet. Unter einer betrieblich genutzten Hochstraße auf dem Werksgelände wurden zeitgleich mehr als 3000 Zwangsarbeiter gefangen gehalten. Durch das Zumauern der Seiten der Hochstraße entstanden unter anderem vier Unterkunftsblocks und ein Krankenrevier.
Katastrophale Lebensbedingungen
In dem Lager herrschten katastrophale Lebensbedingungen. 1944 wurden zwei weitere Außenlager auf dem Gebiet der heutigen Stadt Salzgitter eingerichtet. Auch die dort inhaftierten Männer und Frauen wurden zur Arbeit bei den Reichswerken „Hermann Göring“ gezwungen. Am 7. April des letzten Kriegsjahres evakuierte die SS die Lager. Viele Häftlinge kamen auf den Transporten und anschließenden Todesmärschen ums Leben.
„Die räumliche Erweiterung der Gedenkstätte um rund 1000 Quadratmeter ermöglicht uns die technische und inhaltliche Neugestaltung. Es gibt sowohl bauliche wie inhaltliche Defizite. In der derzeitigen Ausstellung fehlen einige wichtige Themenbereiche oder werden nur kurz angeschnitten“, erläutert Maike Weth, die Leiterin der Gedenkstätte. Die bisherige Präsentation spiegele den Wissensstand von 1992 wider. Es fehle beispielsweise die umfangreiche Aufarbeitung des Themas „Verantwortliche“.
Aktueller Forschungsstand
Ziel der Neugestaltung sei es, ein breites Themenspektrum auf aktuellstem Forschungsstand und in einer angemessenen Arbeitsatmosphäre zu vermitteln, so Maike Weth. Unter dem Leitthema „Zwangsarbeit unter KZ-Bedingungen. KZ-Häftlinge in der Rüstungsproduktion“ sollen die Menschen und die Arbeitsbedingungen der KZ-Häftlinge im Fokus stehen. Gleichzeitig wird das Gebäude als „letzter Zeuge“ verstärkt in den Blick gerückt.
Dabei spielt die noch heute gut zu erkennende Wandgestaltung im Krankenrevier und in den Unterkunftsräumen eine wesentliche Rolle. „Entgegen der ursprünglichen Annahme, dass es sich hierbei um eine Art Verschönerung aus der Nachkriegszeit handelt, konnte sie durch Untersuchungen vor Kurzem der KZ-Zeit zugeordnet werden, wobei stellenweise mehrere Gestaltungsphasen zu finden sind. Der Zweck der Wandgestaltung in einem Konzentrationslager ist noch ungeklärt“, berichtet Maike Weth.
„Entdeckendes Lernen“
Durch die räumliche Erweiterung wird es künftig möglich sein, neben lnformationstafeln auch Originale und Audio- oder Videointerviews aus dem Gedenkstättenarchiv in die Ausstellung einzubinden. Besonders Objekte, Faksimiles, markante Fotos und Erinnerungsberichte sollen dann zum „entdeckenden Lernen“ beitragen. Gegenwärtig werden die Informationstafeln in sechs Stahlkuben ausgestellt.
Mehr Informationen:
http://www.gedenkstaette-salzgitter.de/orte/kz-drutte/
Öffnungszeiten: Jeden zweiten Samstag im Monat von 15 Uhr bis 17 Uhr und nach Anmeldung.
Kontakt:
Arbeitskreis Stadtgeschichte e.V.
Wehrstraße 29
38226 Salzgitter
Telefon: 05341 / 44581
E-Mail: info@gedenkstaette-salzgitter.de