Das Leben eines Künstlers als Brettspiel
Die Braunschweigische Landschaft nimmt in Zusammenarbeit mit Ingo Lehnhof und Julia Taut die abenteuerlichen und beschwerlichen Seiten des Künstlerlebens spielerisch und kindgerecht unter die Lupe.
Im weltbekannten „Spiel des Lebens“ geht es um jede Menge Geld, um Statussymbole, um die Millionärsvilla, die Hochseeyacht oder eigene Rennpferde. Die Anwältin verdient 90.000 Euro, die Tierärztin 80.000 Euro, der Steuerberater 70.000 Euro und der Software-Designer immerhin noch 50.000 Euro bei jedem Drehen des Glücksrads. Beim ähnlich aufgebauten und kostenlos erhältlichen „Künstlerspiel“, das die AG Kunst der Braunschweigischen Landschaft mit Förderung der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz herausgibt, geht es deutlich realistischer zu: Es macht die abenteuerlichen und zum Teil beschwerlichen Seiten des Künstler-Berufs auch für uns Normalos erlebbar.
„Was haben Picasso, Van Gogh und Niki de Saint Phalle gemeinsam? Sie alle waren bekannte Künstler und haben alle große Hochs und Tiefs in ihrer Karriere erlebt, die nichts mit ihrem Talent zu tun hatten“, steht so treffend auf der Anleitung des neuen Brettspiels. Denn natürlich hängt der Werdegang eines Künstlers auch immer von Glück, von Zufällen und nicht nur allein vom Können ab. So ist es natürlich auch beim „Künstlerspiel“. Ausstellungen, Stipendien und Fördermittel gibt es eben nur mit der richtigen Augenzahl auf dem Würfel.
Die Idee und Konzeption entwickelten der Braunschweiger Künstler Ingo Lehnhof gemeinsam mit Julia Taut, Geschäftsführerin des Vereins Bund Bildender Künstler in Braunschweig (BBK). Beide stecken mittendrin in der regionalen Künstlerszene und werfen einen schnörkellosen, uneitlen Blick auf die Kunstwelt. Und so heißt es statt „Aktiengewinne – Du erhältst 100.000 Euro“ auf den Aktionsfeldern nun „Dir ist ein Meisterwerk gelungen. Rücke vier Felder vor“ oder statt „Du kaufst ein Ferienhaus – Zahle 120.000 Euro“ steht beim „Künstlerspiel“: Du hast eine Schaffenskrise – Setze zwei Runden aus“.
Was beeinflusst das Entstehen von Kunstwerken? Welche Faktoren verhindern künstlerisches Schaffen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich am Ausgangspunkt die Arbeitsgemeinschaft Kunst, die sich aus ehren- und hauptamtlichen Akteuren der regionalen Kunstszene zusammensetzt. Dabei wurde deutlich, dass die Öffentlichkeit viel zu wenig weiß vom Künstlerleben. So entwickelte sich die wundervolle Idee, mit Hilfe eines Spiels nachhaltig, kindgerecht und spielerisch zu vermitteln, was den Beruf tatsächlich ausmacht.
Das Brettspiel, zu dem es neben dem kostenlos erhältlichen Spielplan mit Anleitung nur noch Würfel und Mensch-ärgere-dich-nicht-Figuren braucht, zeichnet den turbulenten Weg des Künstlers zum Erfolg nach. Nach den Vorstellungen der Braunschweigischen Landschaft soll das „Künstlerspiel“ bei diversen kulturellen Institutionen in der Region ausliegen und zum Beispiel zur museumspädagogischen Arbeit genutzt werden.
Auf der Rückseite des Spielplans zeigt Maler Ingo Lehnhof in bester Wimmelbild-Manier die verschiedenen Kunstgattungen und verdeutlicht den Alltag und die Vielseitigkeit von Künstlerleben. Er fasziniert mit seinen Gestalten und vermittelt auf witzige Art die wesentlichen Aspekte des Lebens als Künstler: Eine Biberhorde bedient die Druckpressen und hängt die Werke zum Trocknen auf, in der Bildhauerklasse bearbeiten Mäuse mit Beitel und Hammer einen Steinblock, formt ein Frosch eine Lehmfigur und die großformatige Metallskulptur wird von einer Kuh mit Schweißerbrille vollendet. Bilder werden von einem tierischen Galerieteam mit Wandschienensystem an der Wand arrangiert, während interessierte Kunstfreunde den Erläuterungen einer Führung lauschen. Im Dachgeschoss lagern fleißige Mäuse die gut verpackten Werke ein, unter Mühe wird ein Sockel mit Objekt noch die Stiege hinaufgeschleppt.
Das Künstlerspiel ist von sofort an in der Geschäftsstelle der Braunschweigischen Landschaft (Haus der Braunschweigischen Stiftungen am Löwenwall 16) nach telefonischer Anmeldung unter 0531-28019750 auch in größerer Stückzahl kostenlos erhältlich. Die Verteilung an die regionalen Kunst- und Kulturinstitutionen hat begonnen. Das Spiel wird bei den teilnehmenden Institutionen in Kürze erhältlich sein.