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Das Vorhaben zählt – scheitern wäre auch okay!

Künstlerin Judith Dilchert erhielt die Stipendien-Urkunde vom Vorsitzenden der Braunschweigischen Stiftung Gerhard Glogowski. Foto: DBS
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Die Braunschweigische Stiftung hat ihre Stipendien an bildende Künstler vergeben.

Die Braunschweigische Stiftung hat nun zum dritten Mal Stipendien an bildende Künstler aus der Region vergeben. Die beiden mit jeweils 4000 Euro dotierten Vorhabenstipendien gingen an die Künstlerin Judith Dilchert sowie an das Duo Hans Wesker und Clemens von Reusner. Christof Macher erhielt das Werkstipendium Abdruck, das in Kooperation mit der Städtischen Galerie Wolfsburg verliehen wird.

Vorhabenstipendium. Das klingt nicht nur nach Freiheit und wenigen Fesseln, arbeiten ohne Druck, sondern mit ungezügelter Kreativität, die nicht kurz gehalten wird am Gängelband eines unbedingt abzuliefernden Ergebnisses. Vorhabenstipendium – das ist auch wirklich so gemeint! Natürlich müssen die Künstler in ihrer Bewerbung schon genau benennen, was sie vorhaben, welches „relevante Thema oder welche zukunftsweisende Idee“ sie gern einmal künstlerisch beackern, beleuchten, durchdringen würden. Welches Schätzlein an Idee da womöglich schon seit Jahren in der Schublade schlummert, aber bis dato nie gehoben werden konnte, weil es an Zeit, an Material, an existenzangstbefreiter Muße – kurz an Kohle mangelte, um dem zukunftsweisenden Ansatz endlich den entscheidenden Schub nach vorn zu geben. „Aus der Bewerbung sollte für die Jury schon ein detailliertes und aussagekräftiges Vorhaben hervorgehen. Aber ein Ergebnis muss nicht benannt werden. Ausgang offen, das ist okay so“, erläutert Susanne Schuberth, Fachreferentin der Braunschweigischen Stiftung.

In den zurück liegenden Jahren hätten die Stipendiaten allerdings immer eine Ausstellung präsentieren können am Ende ihrer circa sechsmonatigen Arbeitsphase. Aber wenn einmal vermeintlich nichts Greifbares dabei heraus käme – auch in Ordnung! Dann müsste die vom Stipendium getragene Kreativphase mit „einer Dokumentation des Scheiterns“ belegt werden. Ein erbaulicher Ansatz, finden wir, denn gerade im fulminanten Scheitern wohnt ja ein Glutkern des Kreativen, des Neuanfangs, des reinen Tischs inne, der unbedingt nicht zu unterschätzen ist.

Das Werkstipendium Abdruck sei auch dem Engagement der Direktorin der Städtischen Galerie Wolfsburg, Professor Dr. Susanne Pfleger, zu verdanken, so Schuberth, die sich viel Zeit für diese Kooperation genommen habe. Ziel dieser Künstlerförderung sei, so Schuberth, „die Entwicklung neuer, experimenteller Grafikarbeiten und dadurch die Setzung weiterer Akzente in der Kunstlandschaft des Braunschweigischen Landes“. Erfahrene Drucker nehmen hier die Künstler quasi an die Hand. Das eröffnet neue Welten, setzt womöglich ungeahnte Impulse für neue Schaffensprozesse.

50 bis 60 Bewerbungen hat es für die Stipendien gegeben. Unerlässlich für Bewerbungen ist der Region-Braunschweig-Bezug. Bemerkenswert bei den Kriterien der Vergabe ist, dass sogenannte „mid-careers“ im Zweifelsfall den Zuschlag erhalten. Also Künstler, die vielleicht schon jenseits der 30 oder gar 40 und dem Kunsthochschulbetrieb schon längst entwachsen sind. Man könnte fragen, ob das sinnvoll ist. Ob ein Kreativer, der es fünf Jahre nach dem Meisterschülerabgang nicht geschafft hat, eben sehen muss, wie er sich so kreativ durchwurschtelt. Andererseits: Der Kunstmarkt ist ein Haifischbecken. Da als Stiftung eine kleine Nische zu schaffen, ist aller Ehren wert.

Im Frühjahr wird zu sehen sein, was aus den Vorhaben geworden ist. Klangkunst, ausschweifende Objekte, die jeden Innenraum sprengen würden . . . . oder eine Doku des Scheiterns. Wäre auch okay. Man wird sehen!

Die Jury: Lars Eckert, ehemaliger Lehrbeauftragter HBK, Braunschweigs Kulturdezernentin Dr. Anja Hesse, Professor Dr. Susanne Pfleger, Direktorin der Städtischen Galerie Wolfsburg, Fachreferentin Susanne Schubert (Braunschweigische Stiftung) und Professor Gerd Winner, Künstler.

Bewerbungen und Teilnahmebedingungen unter www.die-braunschweigische.de

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