Der erste Schritt zur Problemlösung
Mondo X ist für junge Menschen ein unkomplizierter Ort der Hilfe.
„Junge Menschen beraten junge Menschen“ – mit diesem Konzept hat die Jugendberatung Mondo X 1977 mit der ehrenamtlichen Arbeit begonnen. Es sollte ein Ort sein, zu dem Jugendliche einfach und unkompliziert gehen können, um sich bei Alltagsproblemen Rat zu holen. Fast 40 Jahre später gilt dieser Leitsatz immer noch. Eine zündende Idee, eine Erfolgsgeschichte.
Kurz nach dem Start von Mondo X hatte sich jedoch herausgestellt, dass die Ratsuchenden in den Gesprächen weniger von Alltagsschwierigkeiten berichteten, sondern eher von gravierenden Problemen. Diese Art von Anliegen machte es erforderlich, die ehrenamtlichen Mitarbeiter auf die Beratungsgespräche vorzubereiten und zu schulen. Mittlerweile engagieren sich bei der Jugendberatung 28 Ehrenamtliche (sechs davon Männer), allesamt Studierende der Erziehungswissenschaften, Psychologie oder anderer pädagogischer Disziplinen. Jahr für Jahr werden potentielle Mitarbeiter im Frühjahr in den Semesterferien auf diese sensible Aufgabe vorbereitet.
„Wer bei uns mitarbeiten möchte, hat natürlich schon aufgrund der Studienwahl einen positiven, engagierten Zugang zu der Aufgabe in der Beratungsstelle“, erzählen die hauptamtlichen Leiterinnen Saskia Deinert und Ellena Henk. Während der zweimonatigen Schulung werden die Mitarbeiter in die klientenzentrierte Gesprächsführung nach Carl Rogers eingeführt, erproben das Gelernte in Rollengesprächen und lernen so praktische Dinge wie das soziale Versorgungsnetzwerk der Stadt Braunschweig mit all seinen Therapie- und Beratungsstellen kennen.
Häufig ist es nämlich so, dass junge Frauen oder Männer nachdem sie den Mut gefasst haben, sich bei Mondo X zu offenbaren, aufgrund der gravierenden Probleme weitervermittelt werden müssen. Mondo X ist quasi eine ganz niedrigschwellige Drehscheibe, die einen Erstkontakt herstellt, sich kümmert, begleitet, auffängt, Wege zu Therapiemöglichkeiten aufzeigt. Bei Mondo X wird die Motivation zur Therapie entwickelt, der so wichtige erste Schritt zu der Erkenntnis, dass man so nicht weitermachen kann. Wartezeiten sind höchst selten, und selbst wenn es mal zeitlich zwackt, wartet ein Klient bei Mondo X maximal eine Woche auf ein Gespräch.
„Viele unserer Mitarbeiter haben schon Vorerfahrung als Gruppenleiter oder bei Konfirmandenfreizeiten“, sagt Saskia Deinert. Das sei natürlich hilfreich. Zudem werden in der Fortbildung auch Selbsterfahrungsthemen besprochen. Was macht man zum Beispiel, wenn ein Klient die ganze Zeit weint? Oder wie reagiere ich, wenn die Eltern mitkommen?
Nach der Ausbildung verpflichten sich die Ehrenamtlichen für mindestens anderthalb Jahre Mitarbeit, die meisten bleiben gern länger! Denn natürlich profitieren die Studenten auch enorm von dieser Arbeit, was ihre eigene berufliche Perspektive angeht. Man liegt nicht ganz falsch, wenn man Mondo X als eine Art „Ausbildungsstätte für die Braunschweiger Erziehungsberatung“ beschreibt, so Deinert und Henk.
Die Beratungsgespräche führen die Ehrenamtlichen zu zweit, Deinert und Henk bereiten jedes Gespräch nach, haben sozusagen im Hintergrund eine Auge darauf, dass nichts schief läuft.
Manchmal kann man den Eindruck haben, dass junge Menschen heute mehr Probleme haben, dass es nie zuvor so viel Therapiebedarf gab. Diesen Eindruck können die beiden Expertinnen nicht ganz unterstreichen. Es sei wohl eher so, dass heute eher über Probleme gesprochen wird als früher, dass die Gesellschaft insgesamt offener und sensibler geworden ist für Auffälligkeiten, eher darauf reagiert und diese nicht als pubertäre Flausen abtut.
Depressionen, Essstörungen, suizidales Verhalten, selbstverletzendes Verhalten, Mobbing, Ängste sind Themen, die jungen Leuten auf der Seele liegen. „Wenn sie kommen, dann ist der Leidensdruck schon recht groß.“ Immer wiederkehrend sind auch Probleme in Patchworkfamilien: Kinder fühlen sich nicht angenommen, haben keinen Ansprechpartner mehr in der neuen Familienkonstellation.
Die Themen, die junge Menschen umtreiben, seien früher wie heute ähnlich, sie würden nur auf anderen Medien ausgetragen, so Ellena Henk. Sie muss es wissen, fing sie doch 2002 selbst als Ehrenamtliche bei Mondo X an. Was hinzugekommen ist: Cybermobbing, der immense Leistungsdruck, der junge Menschen von der Schulbank bis ins straffe Bachelor/Master-Studium oder auf den knallharten Arbeitsmarkt begleitet, der die weniger leistungsstarke Hilfskraft eigentlich gar nicht mehr vorsieht. Und Hilflosigkeit und Ängste, weil sich die Familie als Lebensmittelpunkt nach der Trennung der Eltern aufgelöst hat. In diesen haltlosen Zeiten versucht Mondo X Halt zu geben.
Die Fortbildung der Ehrenamtlichen wird von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (SBK) im Rahmen einer Projektförderung unterstützt.
Vertraulich und kostenlos kann jeder zwischen 14 und 26 Jahren bei der Jugendberatung Mondo X Rat suchen.
Mehr Infos zur Geschichte von Mondo X, Öffnungszeiten und Angeboten unter www.mondo-x.de
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