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Der strenge „Onkel Friedrich“ kommt zu unverhofften Ehren

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Outsider Art-Ausstellung im Atelier Geyso20: Der frühere HBK-Professor Herbert Nauderer arbeitete mit sieben Künstlerinnen und Künstlern am Dialog mit Max Beckmann.

Max Beckmann, Porträt Friedrich Beckmann, 1903, Kreide in Schwarz, Weiß gehöht, 38 x 33 cm. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum/Kathrin Ulrich

Onkel Friedrich, das war der gestrenge Onkel von Max Beckmann, der nicht daran glauben mochte, dass sein Mündel zum Künstler taugte. Jetzt bekommt ausgerechnet dieser fast boshafte Zweifler besondere Aufmerksamkeit aus ungewöhnlicher Richtung. Denn ihn hat sich das Atelier Geyso20 als Hauptthema für ein ganz besonders Experiment der Outsider Art auserkoren. Unter der Projektleitung des Münchner Künstlers Herbert Nauderer, von 2016 bis 2018 Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig, wagten sich sieben Mitglieder des Ateliers an eine herausfordernde Aufgabenstellung: Erstmals waren für sie das Thema (Onkel Friedrich, Max Beckmann), das Bildformat (70×100 cm) und das Zeichenmaterial (Kohle) vorgegeben.

Die Ausstellung „Onkel Friedrich“ wird bis zum 23. Dezember zu sehen sein. Hauptwerk ist eine rund drei Meter hohe und rund sechs Meter breite Wand mit 27 Zeichnungen. Herbert Nauderer arbeitete in dem Projekt mit Karsten Hallmann, Dirk Geffers, Susanne Lauer, Thekla-Maria Schmidtmeier, Volker Darnedde, Thorsten Ruperti und Reinhard Dittrich. In der Ausstellung werden 55 der 134 an elf Tagen entstandenen Arbeiten gezeigt. Dazu gibt es „Briefe an Onkel Friedrich“, die Thorsten Ruperti auf einer aus dem Jahr 1928 stammenden Schreibmaschine namens Continental verfasste, und vier Skizzenbücher von Karsten Hallmann, Susanne Lauer, Volker Darnedde und Thekla-Maria Schmidtmeier. Dokumentarische Fotos über den Schaffensprozess von Stephanie Harke runden die Ausstellung ab. Die Ausstellung ist spannend und sehenswert. Kooperationspartner des Projekts sind das Herzog Anton Ulrich-Museum und der Kunstverein Braunschweig. Gefördert wird es unter anderem von der der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und der Braunschweigischen Stiftung.

Offen für alternative und abwegige Botschaften

Geplant war ein gemeinsames Projekt von Herbert Nauderer und Geyso20 schon lange bevor die Ausstellung „Max wird Beckmann. Es begann in Braunschweig“ im Herzog Anton Ulrich-Museum (HAUM) ruchbar war. Nauderers Offenheit für alternative und abwegige Botschaften und Darstellungen, wie sie Werken der Outsider Art häufig zu eigen sind, war Anlass für die künstlerische Kooperation. „Wir kennen uns aus der Zeit, als Herbert Nauderer in Braunschweig war. Schon damals dachten wir an eine Zusammenarbeit, mit der Geyso20 seinem Selbstverständnis als Experimentierfeld für Outsider Art gerecht werden kann“, berichtet Nina Roskamp, Leiterin von Geyso 20, während eines Rundgangs durch die Ausstellung.

Sie bekam ein postwendendes Ja aus München, als sie das Projekt vorschlug. Aus der Anfrage Herbert Nauderers beim Herzog Anton Ulrich-Museum, ob Arbeiten aus dem damals noch namenlosen Projekt dort eventuell ausgestellt werden könnten, entstand schließlich die Idee, eine Verbindung zur Beckmann-Ausstellung zu schaffen. Wie gerufen kam die Schenkung eines Frühwerks des damals 19-jährigen Max Beckmann aus dem Jahr 1903 an das Herzog Anton Ulrich-Museum, das eben Onkel Friedrich zeigte. Eine Ausstellung im HAUM war zwar nicht möglich, aber immerhin stand das Thema.

Impulse für vielfältige Variationen

Am Anfang des Projekts besuchte die Gruppe die Beckmann-Ausstellung. Das Gesehene gab die Impulse für vielfältige Variationen der Arbeiten im Projekt. „Ich war skeptisch, ob das Projekt mit dem Dialog zu Max Beckmann funktionieren würde. Nach dem ersten Tag wusste ich, es wird super, es wird ein sehr schönes Ergebnis geben. Von dem Projekt haben alle profitiert, ich auch. Es hat sehr viel Freude bereitet, zu sehen, mit welchem Engagement die Künstlerinnen und Künstler gearbeitet haben“, resümiert Herbert Nauderer, der erstmals ein Projekt der Outsider Art begleitete. Dabei legte er großen Wert darauf, so wenig wie möglich einzugreifen und sich auf Tipps zu beschränken.
Das Atelier Geyso20 der Lebenshilfe Braunschweig versteht sich als Ort künstlerischer Produktion. Menschen mit Beeinträchtigungen haben hier den Freiraum, ihre eigene Bild- und Formensprache weiterzuentwickeln und ihren künstlerischen Themen nachzugehen. Geyso20 hat seinen Ursprung im 1992 gegründeten „Offenen Atelier“. Nach einigen Ortswechseln befindet sich das Atelier seit 2011 in der Geysostraße 20.

Fakten:

Onkel Friedrich – im Dialog mit Max Beckmann
Herbert Nauderer & Geyso20
11. Nov. – 23. Dez. 2022
In den Räumen wird gebeten, eine FFP2-Maske zu tragen.

Öffnungszeiten:

Montag bis Freitag 13 – 17 Uhr (und nach Vereinbarung)

Eröffnung:

Freitag, (11. Nov.) 19 Uhr mit Prof. Dr. Andreas Bee, Berlin

Führungen:

  • 13. November (16 Uhr): mit Nina Roskamp, Johanna Kranz und Kevin Biskup zum Wochenende der Graphik und Donnerstag
  • 24. November (16 Uhr) mit Nina Roskamp und Lisa Neumann.
  • 8. Dezember (17 Uhr): mit Nina Roskamp
  • 13. Dezember (16 Uhr) mit Nina Roskamp, Johanna Kranz und Kevin Biskup

Diskussion:

6. Dezember (16 – 18 Uhr): Wer sieht was? Über Kunst ins Gespräch kommen. Mit Prof. Dr. Rahel Puffert (HBK Braunschweig), Johanna Kranz, Kevin Biskup und Nina Roskamp (Geyso20), Carlotta Drinkewitz und Elisabeth Lieder, freie Künstlerinnen.
Anmeldung unter: kunst@geyso2O.de

Kontakt:

Geyso 20
Atelier – Galerie – Sammlung
Geysostraße 19/20
38106’Braunschweig
Telefon: 0531-4719196
E-Mail: kunst@geyso2O.de
Internet: https://www.geyso20.de

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