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„Der Tag zieht sich hin wie Kaugummi“

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Der „Westliche Elterntreff“ hilft Familien mit speziellen Angeboten, der Corona-Krise besser zu begegnen.

Die Corona-Pandemie kennt viele Verlierer, doch die Jüngsten leiden besonders unter den Folgen. Kinderschützer beklagen einen weltweiten Trend zu mehr Gewalt. Opfer sind vor allem Kleinstkinder, die noch nicht selbst laufen können. Die Diplom-Psychologin Andrea Nimmerrichter-Morscheck vom Sozialdienst Katholischer Frauen will mit dem Projekt „Frühe Hilfen im Westlichen Ringgebiet“ Familien so unterstützen, dass sie die Krise besser meistern können. „Ich halte den Kontakt zu den Familien und gebe Tipps, wie sie den Alltag besser strukturieren und gestalten können“, sagt sie. Beispielsweise mit regelmäßiger Infopost per E-Mail aus dem „Westlichen Elterntreff“, über den Nachrichtendienst WhatsApp und mit Telefongesprächen über alles, was Eltern und Kinder belastet.

Tipps mit der Frühlingspost

So hat sie passend zum Frühlingsanfang eine liebevoll gestaltete Frühlingspost verschickt mit vielen Ideen und einer kleinen „To-Do-Liste“ für den Frühling: Lieder singen, Vogelnester suchen, die ersten Frühblüher im Wald entdecken, ein Picknick machen (das geht auch unter dem Esstisch), Kresse aussäen, das Fahrrad putzen, das erste Eis draußen essen und vieles mehr. In anderen Mails geht es um Erziehungsthemen, Ausflüge zu Corona-Zeiten, um Rezepte, Vorlese-Tipps und Bastelideen oder um Vorschläge, wie die Mütter gebrauchte Kleidung oder Bücher tauschen können. Darüber hat sie immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Familien. Und die sind groß: unausgeglichene Kinder, genervte Eltern, die Enge in den Wohnungen, Kurzarbeit, Homeoffice, Sorgen ums Geld. „Der Tag zieht sich hin wie Kaugummi“, hat die Psychologin von gestressten Eltern erfahren. „Wir sind froh, wenn die Kinder endlich im Bett liegen.“ Viele sind einfach erschöpft, vor allem, wenn sie sich um ein chronisch krankes oder behindertes Kind kümmern müssen.

Soziale Kontakte fehlen

Es fehlen soziale Kontakte und gewohnte Abläufe im Alltag und es gibt viele offene Fragen. Beispielsweise über den Zugang zur Notbetreuung in den Kitas, Kinderbonus, die neuen Kinderkrankentage, Rechtsberatung bei Entlassungen und vieles mehr. Um dem gestiegenen Bedarf nach Austausch zu befriedigen, will Andrea Nimmerrichter-Morscheck ein neues Angebot etablieren: „Walk and Talk“, einen coronagerechten Spaziergang mit einzelnen Mütter oder Vätern und ausgiebigen Gesprächen über alles, was diesen am Herzen liegt.

Auch für die Psychologin ist die Corona-Krise eine besondere Herausforderung. Das von ihr geleitete Projekt, das es seit 2013 gibt, zeichnet sich eigentlich durch sogenannte niedrigschwellige Angebote aus, die in den Gemeinderäumen von St. Joseph in der Goslarschen Straße leicht zugänglich, aber derzeit allesamt verboten sind. Dazu zählen Indoorspielplatz und Elterncafé, Schwangeren- und Babytreff, Vorträge und Ausflüge. Hier kann normalerweise schnell eine vertrauensvolle Atmosphäre entstehen, die ganz wichtig ist, damit Mütter und Väter über das sprechen, was sie im Alltag mit ihren Kindern beschäftigt. Und es gibt viele wichtige Informationen, vor allem für angehende Eltern: über gesunde Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit, Auswirkungen von Alkohol- oder Tabakkonsum während der Schwangerschaft, Risikofaktoren des plötzlichen Kindstods, Schütteltrauma, chronische Erkrankungen und Behinderungen und vieles mehr.

Viele Kooperationen

Die Ratsuchenden erfahren darüber hinaus, welche Institutionen ihnen weiterhelfen könnten. Um Hemmschwellen und Ängste abzubauen, hat der „Westliche Elterntreff“ bisher regelmäßig Referenten eingeladen und Ausflüge zu Beratungs-, Hilfs- und Freizeiteinrichtungen organisiert, beispielsweise zum Kinderschutzbund, zur Erziehungsberatungsstelle, zum Haus der Kulturen, in die Stadtbibliothek oder ins Schwimmbad. Auch mit dem städtischen Jugendamt mit sozialpädagogischer Familienhilfe und der Erziehungshilfe besteht eine gute Kooperation.

Durchschnittlich rund 90 bis 100 Familien pro Jahr haben vor der Corona-Krise die Angebote des „Westlichen Elterntreffs“ genutzt, die für die Teilnehmer kostenlos sind und unabhängig von Religion und Nationalität besucht werden konnten. Finanziert wird das Projekt ausschließlich über Spenden, unter anderem von der Kroschke Kinderstiftung und der Richard Borek Stiftung. Wegen der Pandemie sind es derzeit nur noch 60 bis 70 Familien, berichtet Andrea Nimmerrichter-Morscheck. Doch sie hofft, dass es bald wieder mehr werden: „Die Mütter drängeln, sie wollen sich treffen, gemeinsam auf den Spielplatz gehen, sich austauschen.“

Mehr unter: www.skf-braunschweig.de

 

 

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