Der Westpark als Jahrhun­dert­pro­jekt

Allee entlang des Madamenwegs. Foto: Braunschweigische Landschaft
Allee entlang des Madamenwegs. Foto: Braunschweigische Landschaft

Die Braun­schwei­gi­sche Landschaft lädt zum inter­dis­zi­pli­nären Spazier­gang im Rahmen der Veran­stal­tungs­reihe „… vom Hohen Tor zum Schloss der Madame“ ein.

Braun­schweig ist eine Stadt der Parks. Museums­park, Theater­park, Stadtpark, Prinzen­park, Inselwall-Park und so weiter. Alle noch von Herzögen beauf­tragt und natürlich histo­risch von großer Bedeutung. Dank ihres gepflegten Zustands sind sie ein echtes Aushän­ge­schild für Braun­schweig. An den Westpark denkt man bei so einer Aufzäh­lung nicht zualler­erst, schließ­lich ist er völlig anders, so modern und vor allem unter­schätzt, was seinen Erholungs­wert angeht. Er ist die jüngste große Parkan­lage der Stadt. Seit 1980 entwi­ckelt sie sich im Gegensatz zu ihren teils jahrhun­der­te­alten Vorgän­gern dynamisch weiter, absolut jugend- und famili­en­taug­lich. Disc-Golfan­lage mit Start auf dem Aussichts­hügel am Madamenweg, dank der Hochschule für Bildende Künste moderne Kunst am Wegesrand wie den berühmten Bilder­rahmen von Jörg Lange oder den überdi­men­sio­nierten Stuhl, den  Martina Benz aus einem Felsbro­cken schuf, Hochseil­garten und Calis­the­nics-Anlage machen ihn inter­es­sant. Von wegen Mauer­blüm­chen­da­sein.

Deswegen ist es längst mal Zeit für einen ausgie­bigen Besuch im Westpark. Die Gelegen­heit dazu bietet jetzt die Braun­schwei­gi­sche Landschaft. Am 26. September findet unter dem Titel „Wie Professor Nagel unseren Westen sah – Ein inter­dis­zi­pli­närer Spazier­gang durch den Westpark“ von 16 bis 17.30 Uhr eine ganz besondere Führung statt. Landschafts­ar­chi­tektin Anja Falken­berg und Kultur­anthro­po­login Katrin Klitzke (beide Städti­scher Fachbe­reich 67 – Stadtgrün und Sport) durch den Westpark berichten von der Entste­hung bis zum heutigen Zustand und sogar darüber hinaus. Treff­punkt ist die Bushal­te­stelle der Linie 418 „An der Horst“ am Madamenweg.

Der Rundgang findet im Rahmen der von der Arbeits­gruppe Natur und Umwelt in Zusam­men­ar­beit mit dem Braun­schwei­gi­schen Landes­verein konzi­pierten Veran­stal­tungs­reihe „… vom Hohen Tor zum Schloss der Madame“ statt. Braun­schweigs Westen hat eine ganz eigene Geschichte und ist eng verbunden mit der ehema­ligen Burg in Vechelde. Sie sicherte den westli­chen Zugang zur Stadt. Später wurde sie zum Schloss umgebaut und höfisches Leben zog ein. Bis an die Braun­schweiger Landwehr am Raffturm führt noch heute der Madamenweg, auf dem einst Herzog Rudolf August nach Vechelde reiste, um seine bürger­liche Frau, Madame Rudolfine, zu besuchen. Im 19. Jahrhun­dert etablierten sich am westli­chen Rand von Braun­schweig Indus­trie­be­triebe und Ziege­leien. Ein Arbei­ter­viertel entstand. Von den 1960er Jahren an entstand die Weststadt. Seit einigen Jahren erfindet sich der Stadtteil neu und wird zum Wohn- und Freizeit­ge­biet. Der Westpark spielt dabei eine wesent­liche Rolle.

Auf dem 2,5 Kilometer langen Spazier­gang vom Madamenweg über den Gander­hals zum Mille­ni­ums­berg wird ein Dialog zwischen Kultur­ge­schichte und Landschafts­ar­chi­tektur geführt. Gedank­lich und räumlich wird sich durch einen Teil des Westparks, vom histo­ri­schen Konzept der engli­schen Garten­stadt, über landwirt­schaft­liche Nutzung bis hin zu aktuellen Umwid­mungen für Sport und Spiel bewegt. An ausge­wählten Halte­punkten sind Perspek­tiv­wechsel möglich, die die Baukultur und Kultur­land­schaft der Anlage sichtbar werden lassen. Die  Wegefüh­rung ist teilweise leider nicht für Menschen mit Einschrän­kungen geeignet.

Seit 1980 wird der Westpark mit einer Größe von 240 Hektar in mehreren Bauab­schnitten für die Braun­schweiger Bevöl­ke­rung als Naherho­lungs­ge­biet erschlossen. Der Ausbau erfolgt auf der Grundlage einer Gesamt­pla­nung von Prof. Nagel (Berlin). Der damalige Stadt­baurat Dr. Konrad Wiese sprach von einem „Jahrhun­dert­pro­jekt“ vor. Es handele sich um eine Flächen­pla­nung, die zu den größten Landschafts­ge­stal­tungen in Deutsch­land überhaupt gehöre.

Das Gebiet des Westparks reicht von Lamme bis zum Timmerlaher Busch und vom Rand der Weststadt bis nach Lehndorf, wobei der Madamenweg als längste Straße in Braun­schweig die Mittel­achse bildet. Es ist eine stadtnahe Landschaft mit abwechs­lungs­rei­chen Erholungs­ein­rich­tungen wie Rad- und Fußweg­ver­bin­dungen, ausge­wie­senen Reitwegen, vielen Klein­gar­ten­an­lagen sowie Sport- und Spiel­flä­chen entstanden. Mit der Anlage von Feucht­bio­topen, Blumen­wiesen, Auffors­tungen und der Schaffung von Lebens­räumen für Fleder­mäuse, verschie­dene Vogel­arten und Nieder­wild besitzt der Westpark darüber hinaus eine hohe ökolo­gi­sche Bedeutung. Auch das wird beim Rundgang deutlich.

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