Die älteste Schule der Stadt
Braunschweigs Schulen, Teil 1: Das Martino-Katharineum hat in 600 Jahren mehrfach deutsche Geschichte geschrieben.
Was haben der geniale Mathematiker Carl Friedrich Gauß, der Dichter der deutschen Nationalhymne Hoffmann von Fallersleben, Komponist Louis Spohr und Schriftsteller Friedrich Gerstäcker gemeinsam? Richtig, sie alle gingen auf das Martino-Katharineum. Und dann ist da ja auch noch Konrad Koch, der als Lehrer des MKs die ersten Fußballregeln in Deutsch veröffentlichte. Mit Fug und Recht kann Braunschweigs ältestes Gymnasium also für sich in Anspruch nehmen, deutsche Geschichte geschrieben zu haben.
Spätestens mit dem Kino-Hit „Der ganz große Traum“ über Fußball-Pionier Koch mit Schauspieler Daniel Brühl in der Hauptrolle ist das MK bundesweit ein geachteter Begriff geworden.
Kooperation mit „Braunschweig im Wandel der Zeit“
Deswegen bildet das Gymnasium auch Teil 1 unserer neuen Reihe, in der wir Braunschweiger Schulen im monatlichen Turnus vorstellen. Die Serie ist als Kooperation mit der Facebook-Gruppe „Braunschweig im Wandel der Zeit“ gedacht, die unsere Beiträge teilt und ihre Mitglieder aufruft, Erinnerungen, Erlebnisse und Fotos darunter zu posten. Diese Artikel über Braunschweigs Schulen sollen allen Ehemaligen als Anregung dienen, sich mit „ihrer“ Schule mal wieder etwas näher zu befassen. Die Braunschweigische Landschaft, Dritter im Bunde dieser Reihe, plant zum Thema „Schulen“ ein geselliges Treffen im Garten des Hauses der Braunschweigischen Stiftungen.
Bereits im Jahr 2015 feierte das MK sein 600jähriges Bestehen, zu dem die umfassende Chronik „600 Jahre Martino-Katharineum 1415 – 2015“ erschien, die unter anderem auch von der Richard Borek Stiftung gefördert wurde. Sie dient als wichtigste Quelle für dieses kurze Porträt.
Heute gehen rund 900 Schülerinnen und Schüler zum MK und werden von rund 80 Lehrerinnen und Lehrer unterrichtet. Das Gymnasium bietet neben dem Unterricht einiges. Sie ist „Umweltschule in Europa“, Partnerschule des Leistungssports und offene Ganztagsschule. Sie bildet Profilklassen, unterhält eine Bigband und Schulchöre. Außerdem pflegt sie den Kontakt mit Partnerschulen in den USA, China, Japan, Mexiko, Frankreich und im vergangenen Jahr erstmals auch in Australien. Die Reihe der Aktivitäten ließe sich fortsetzen.
Die Widmung „virtuti – humanitati – pietati“ (Tüchtigkeit, Menschlichkeit, Frömmigkeit“, die in großen Lettern am Schulgebäude prangt, ist dabei für die humanistische Bildung am MK unverändert der pädagogische Leitspruch. „Neben einer fundierten Allgemeinbildung und der Freude am Lernen steht für uns die Entfaltung der Persönlichkeit im Mittelpunkt. Dabei sind für uns Übernahme von Verantwortung für sich selbst, für andere und für die Umwelt, Leistungsbereitschaft, Menschlichkeit und Respekt im Umgang miteinander zentrale Werte. Wir wollen junge Menschen zu einem konstruktiv-kritischen Denken befähigen“, heißt es im Leitbild der Schule.
Gründungsprivileg von Papst Johannes XXIII.
Ausgangspunkt dafür war die Gründung von zunächst zwei weltlichen Schulen 1415. Belegt ist das durch das Gründungsprivileg von Papst Johannes XXIII. Es gestattete im Rahmen des Konzils von Konstanz die Gründung der Schulen Martineum in der Altstadt und Katharineum im Hagen. Erstmals waren damit für Braunschweig zwei städtische Schulen zugelassen worden. Bis dahin hatte die Bildung ausschließlich in der Hand der Kirche gelegen. In Braunschweig unterhielten seinerzeit die Stifte St. Blasius, St. Cyriakus und das Ägidienkloster Schulen. Für die Kirche bedeuteten die beiden weltlichen Schulgründungen eine Provokation. Der Rat der Stadt, der sich seit 1407 mit der Gründung städtischer Lehranstalten beschäftigt hatte, hatte schließlich obsiegt. Für ihn war es ein großer Erfolg, nicht nur gegenüber der mächtigen Kirche, sondern auch gegenüber der Braunschweigischen Herzöge. Die Urkunde wird im Stadtarchiv aufbewahrt und war im Rahmen der Ausstellung zum Jubiläum im Altstadtrathaus als herausragendes Exponat präsentiert worden.
Schulgebäude im Oktober 1944 zerstört
Beide Schulen hatten jeweils eine bewegte eigene Geschichte, bevor es 1828 zur Vereinigung kam. Das gemeinsame Schulgebäude an der Breiten Straße, bis heute der Standort des MK, wurde 1869 bezogen. In der Bombennacht des 15. Oktobers 1944 wurde das Gebäude zerstört. Nachdem Ende März 1945 der Schulbetrieb wegen den näher rückenden Front eingestellt worden war, wurde er im Oktober wieder aufgenommen, zunächst in Räumen der Schule Kleine Burg, später in der Schule Bürgerstraße und von 1947 an in der Schule Leonhardstraße. Weil sich die Schüler des MK die Räume mit der Neuen Oberschule teilen mussten, fand der Unterricht nachmittags statt. Der NO war der Vormittag vorbehalten.
Neun Jahre nach der Zerstörung der MK, am 17. Oktober 1953, wurde die wieder errichtete Schule eingeweiht. Die Widmung „virtuti – humanitati – pietati“ übrigens fehlte beim Wiederaufbau zunächst. Sie wurde erst 1957 auf Wunsch des Kollegiums neu gestaltet und wieder angebracht. Neben den Gebäuden an der Breiten Straße gibt es heute noch das sogenannte „kleine MK“ in der Echternstraße für die Jahrgänge 5 bis 6.
Am Anfang waren es zwei Schulen
Das Katharineum hatte sein erstes Schulgebäude An der Katharinenkirche 6, zog 1537 zum Bohlweg und 1700 zum Hagenmarkt. Das Martineum startete an der Jacobstraße und wechselte 1595 an den Ziegenmarkt. Von diesem Bau, der ebenfalls im Oktober 1944 in Schutt und Asche versank, blieb nur das sogenannte Martinsportal übrig. Es wurde aus den Trümmern geborgen und restauriert. Seit 1953 dient es nun schon als Eingang zur Aula des MK und erinnert an die große Vergangenheit. Die Figuren des Renaissanceportals stellen die „Sieben Freien Künste“ Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Musik, Arithmetik, Geometrie und Astronomie dar. Oben in der Mitte befindet sich die Abbildung des heiligen Martin, immerhin Mitnamensgeber einer bemerkenswerten Schule.
Große Persönlichkeiten am MK:
Carl Friedrich Gauß (1777-1855):
Der Mathematiker besuchte von 1788 bis 1792 das Katharineum. Wegen seiner überragenden wissenschaftlichen Leistungen genießt er bis heute international höchste Anerkennung. Gauß wurde 1849 zum Ehrenbürger der Stadt Braunschweig ernannt. Am Inselwall steht ein Denkmal für ihn.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 – 1874):
Der Dichter war von 1814 bis 1816 Schüler am Katharineum. Sein nicht unumstrittenes „Lied der Deutschen“ (1841) wurde 1952 zur Nationalhymne der Bundesrepublik erklärt.
Louis Spohr (1784 – 1859):
Louis Spohr ging von 1797 bis 1799 zum Katharineum. Er galt als einer der bedeutendsten Violinvirtuosen und Komponisten seiner Zeit und wurde u. a. von Paganini, Beethoven, Schumann und Chopin geschätzt. Zum Dirigieren benutzte er als einer der ersten einen Taktstock. Ihm zu Ehren vergibt die Stadt Braunschweig den Louis Spohr Musikpreis.
Friedrich Gerstäcker (1816 – 1872):
Der Schriftsteller besuchte das Katharineum von 1826-1830. Gerstäcker verarbeitete seine Reiseerfahrungen schriftstellerisch in Abenteuerromanen. Der Friedrich-Gerstäcker-Preis für Jugendliteratur der Stadt Braunschweig (1947) ist der älteste Jugendbuchpreis in Deutschland.
Konrad Koch (1846 – 1911):
Der Lehrer veröffentlichte 1875 das erste deutschsprachige Fußball-Regelwerk und gründete am MK den ersten Schüler-Fußballverein-Deutschlands. Ein Jahr zuvor hatten Turnlehrer August Hermann, der einen „echten Fußball“ aus England beschafft hatte, und Koch gemeinsam das erste Fußballspiel auf deutschem Boden mit MK-Schhülern initiiert.
Kontakt:
Gymnasium Martino-Katharineum
Breite Straße 3
38100 Braunschweig
E-Mail: mk-info@braunschweig.de
Telefon: 0531 4708320