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Die (fast) vergessene Herzogin

Die Ausstellung zeichnet auf übersichtlichen Schautafeln ein spannendes Leben nach. Foto: Peter Sierigk
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Ausstellung „Marie! Die Frau des Schwarzen Herzogs“ im Schlossmuseum eröffnet.

Aus Anlass des 200. Todestages des Braunschweiger Herzogs Friedrich Wilhelm zeigt das Schlossmuseum eine Ausstellung, die sich erstmals mit seiner Frau, Marie von Baden, beschäftigt. Der Rundgang bietet spannende Einblicke in das Leben einer jungen Frau und Fürstin um 1800, ihr persönliches Schicksal wird dabei ebenso beleuchtet wie ihre Rolle als Herzogin.

„Durch meine selige Frau änderte ich manches in meinem Handeln und wurde, wenn ich aufrichtig sagen soll, mehr Herr von mir selbst“, so schreibt Herzog Friedrich Wilhelm 1808 nach dem Tod seiner Frau. Hat die Forschung der Herzogin bisher wenig Beachtung geschenkt, im Leben ihres Mannes nahm sie einen wichtigen Platz ein. Und auch für das Herzogtum Braunschweig, wie die Ausstellung im Schlossmuseum zeigt. „Maries Biographie bietet spannende Einblicke in die Welt einer jungen Fürstin und Frau um 1800“, erläutert Anne-Kristin Rullmann, die Leiterin des Schlossmuseums. Eine Reihe von Porträts, darunter ein Kinderporträt aus dem Haus Baden, lassen die vergessene Herzogin lebendig werden.

Marie wurde als fünfte Tochter des Hauses Baden geboren. Mit der Hochzeit nahm sie die ihr zugedachte Rolle als Ehefrau ein, für die sie erzogen worden war. Dass sie mit Friedrich Wilhelm einen Mann ehelichte, der sie liebte und respektierte, war keinesfalls selbstverständlich. Besonders Herzog Carl Wilhelm Ferdinand setzte große Hoffnungen in die Vermählung mit seinem jüngsten Sohn – auch, weil dadurch dessen zügelloses Junggesellenleben ein Ende haben würde. Maries Interesse für Kleidung und Mode veranschaulicht unter anderem ein Empire-Kleid und verschiedene Rechnungen, in denen Ausgaben für ihre Garderobe verzeichnet sind.

Als Marie schließlich Herzogin von Braunschweig wurde, war sie bereits auf der Flucht vor den Franzosen, die das Herzogtum Braunschweig besetzt hielten. Nach der Verhaftung Friedrich Wilhelms musste sie alleine wichtige Entscheidungen treffen. Marie handelte klug und floh zu ihrer Schwester nach Schweden, brachte sich und ihre Kinder in Sicherheit. Aus dem Exil korrespondierte sie mit ihrem Mann, gab ihm Ratschläge und versuchte, politisch Einfluss auf die schwierige Situation zu nehmen. „Wir können eine Veränderung in der Persönlichkeit Maries beobachten, und auch das Verhältnis zu ihrem Mann wandelte sich“, erklärt Ulrike Sbresny, die Kuratorin der Ausstellung. „Durch sie wurde mir das Herbe weniger empfindlich, sie gab mir Freude und war in allen Lagen meine Zuflucht“, drückt Friedrich Wilhelm seine Wertschätzung für seine Frau aus. Welche psychische und körperliche Belastung die Flucht und die lange Trennung von ihrem Mann ein halbes Jahr nach der Geburt ihres zweiten Kindes für die oft kränkliche Herzogin waren, kann man nur erahnen.

Für die Ausstellung forschte Dr. Bernd Wedemeyer, Co-Kurator der Ausstellung, mehrere Monate in verschiedenen Archiven. Briefe, Verträge, Rechnungen entdeckte er, die einen detaillierten Einblick geben in das Leben Maries. Ein kleines Archiv mit ausgewählten reproduzierten Dokumenten und Briefen aus dem Niedersächsischen Landesarchiv in Wolfenbüttel lädt die Besucher selbst zum Recherchieren ein.

Doch Marie geht natürlich nicht ohne Friedrich Wilhelm und so spielt er natürlich auch eine Rolle in der Ausstellung. „Es ist gut möglich, dass der Verlust Maries Friedrich Wilhelm den letzten Anstoß gab, sich sozusagen zu radikalisieren und zum Schwarzen Herzog, zum Freiheitskämpfer zu werden“, mutmaßt Dr. Wedemeyer. So sind nicht seine militärischen Taten Thema der Ausstellung, sondern seine Volkstümlichkeit und die Verehrung, die ihm die Braunschweiger Bevölkerung entgegen brachte. Ein Grund dafür war seine persönliche Aufopferung, mit der er um die Rückgewinnung seines Herzogtums für sich und seine Erben kämpfte. Seine Rückkehr auf den Braunschweiger Herzogsthron erlebte Marie nicht mehr, sie starb 1808 bei der Geburt ihres dritten Kindes.

Auch wenn Marie nur ein kurzes Leben beschieden war und sie keine Gelegenheit hatte, als Herzogin und Landesmutter in Braunschweig zu wirken, so hinterließ sie doch Spuren in der Braunschweigischen Geschichte, nicht zuletzt als Mutter zweier Herzöge, Karl und Wilhelm. Dass ihr Schwiegervater, Herzog Carl Wilhelm Ferdinand, ihrer Mutter zur Geburt Karls ein Porzellanservice der Manufaktur Fürstenberg schenkte, unterstreicht die Bedeutung dieses Ereignisses und die Stellung Maries. Neben vielen Dokumenten und Porträts ist diese Leihgabe der Richard-Borek-Stiftung ein Glanzstück der Ausstellung.

„Maries Schicksal ist sowohl beispielhaft für ihre Zeit als auch außergewöhnlich durch unvorhergesehene Ereignisse, auf die Marie ihrer eigenen Persönlichkeit gemäß reagierte und einwirkte“, fasst Sbresny zusammen. Die von der Richard-Borek-Stiftung geförderte Ausstellung beleuchtet diese historische Frauenbiographie aus unterschiedlichen Blickwinkeln und lässt die (fast) vergessene Herzogin wieder lebendig werden.

Daten zur Ausstellung
„Marie! Die Frau des Schwarzen Herzogs“

Schlossmuseum Braunschweig
Schlossplatz 1
38100 Braunschweig

Sonderausstellung: 26. Juni 2015 bis 25. Juni 2016
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10:00 bis 17:00

Eintritt: Erwachsene 3 € inkl. Audioguide-Führung, Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre Eintritt frei

Öffentliche Führungen mit Gästeführerin Elke Frobese in der Rolle der Herzogin: Sonntag, 26. Juli / 23. August / 27. September / 25. Oktober / 22. November / 20. Dezember 2015 jeweils um 11 Uhr, Anmeldung erbeten.
Führungsbeitrag 5 € pro Person zzgl. Eintritt.

Begleitband zur Ausstellung: 6,50 €

Fotos

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