Startseite Highlight Die Mehrheit entschied sich 20...

Die Mehrheit entschied sich 2011 für Spitzensport

Blick in das modernisierte Stadion. Foto: Stadthallen GmbH / Kai Peters
von

Der Ausbau des Eintracht-Stadions zur multifunktionalen Arena wurde in der ersten Bürgerbefragung der Stadt besiegelt.

Heute auf den Tag genau vor zehn Jahren, am 6. Februar 2011, fand die erste Bürgerbefragung in der Geschichte der Stadt Braunschweig statt. Auf dem Wahlzettel ging es um Ja oder Nein zur Frage, ob das Eintracht-Stadion mit weiteren 14,5 Millionen Euro aus dem Stadtsäckel modernisiert werden soll oder nicht. Tatsächlich ging es aber um mehr, nämlich um die Frage, ob Braunschweig im Sport- und Fußball-Geschehen weiterhin bundesweit eine ernstzunehmende Rolle spielen will/soll/kann oder eben in der Versenkung verschwindet. 60,3 Prozent, 39.247 Wählerinnen und Wähler stimmten der Initiative des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Gert Hoffmann zu. Die Wahlbeteiligung lag bei 32,9 Prozent. Das war relativ hoch, wenn man bedenkt, dass die Wahlbeteiligung bei der Oberbürgermeister-Stichwahl 2014 (Ulrich Markurth gegen Hennig Brandes) auch nur 36,1 Prozent erreichte.

Politisches Manöver mit Risiko

Die rechtlich nicht bindende Bürgerbefragung hatten Hoffmanns Gegner als blanken Populismus gegeißelt, weil im Herbst des Jahres Kommunalwahlen stattfinden sollten und sich ihrer Meinung nach die CDU aus einem Ja zum Stadion unlauteren Rückenwind verschaffen wollte. Aber Hoffmann hatte damals immer betont, sich an das Votum der Befragung letztlich halten zu wollen. So oder So. Angesichts der damaligen Debatte um „Stuttgart 21“ und der Skepsis der Bürgerinnen und Bürger gegenüber Großprojekten wollte er sich den Stadion-Ausbau legitimieren lassen oder ihn eben zu den Akten zu legen. Der Wahlausgang, das Votum er Braunschweigerinnen und Braunschweiger machte die Entscheidung im Rat der Stadt am 22. Februar 2011 schließlich zu einer reinen Formsache.

Außenansicht mit den blau-gelben Lamellen als Blickfang. Foto: Stadthallen GmbH

Außenansicht mit den blau-gelben Lamellen als Blickfang. Foto: Stadthallen GmbH

In seinem Buch „Von Irrwegen in die Verantwortung“ beschreibt Hoffmann das politische Risiko, das er mit der Bürgerbefragung einging: „Die Grünen und die noch links von ihnen stehenden Fraktionen forderten alternativ erst einmal die komplette Schulsanierung, die FDP schwankte und selbst in den großen Fraktionen hatten starke Minderheiten Bedenken.“ Selbst die Eintracht-Verantwortlichen und die leidenschaftlichen Fans befürchteten ein Scheitern. Kritisch wurde vor allem die Modernisierung der Haupttribüne mit Business- und Logenbereich gesehen. Deren Vermarktung allerdings bis heute für erfolgreichen Profifußball dringend erforderliche Mehreinnahmen generiert.

OB jubelt: Frankfurt statt Ahlen

Das Stadion bietet eine großartige Kulisse für Spiele der Eintracht. Foto: Stadthallen GmbH /Polytan

Das Stadion bietet eine großartige Kulisse für Spiele der Eintracht. Foto: Stadthallen GmbH /Polytan

Während der Feier zum Aufstieg in die zweite Liga vor dem Schloss sagte Hoffmann, selbst Fußball-Fan, nicht ohne Genugtuung: „Jetzt messen wir uns wieder mit Eintracht Frankfurt und St. Pauli und nicht mehr mit Burghausen und Ahlen.“ Natürlich konnte er nicht wissen, dass Eintracht 2013 in die erste Bundesliga aufsteigen sollte und die Stadt sich mit einem tollen Stadion mal wieder der deutschen Fußball-Elite präsentieren konnte. Ohne die unsägliche Corona-Pandemie hätte es heute im Spiel gegen Hannover 96 einen weiteren Fußball-Festtag bei vollem Haus gegeben. Schade drum.

Abi-Ball im Stadion. Foto: Stadthallen GmbH

Abi-Ball im Stadion. Foto: Stadthallen GmbH

Die Haupttribüne wurde modernisiert, Business-Sitze und Logen eingebaut. Ein multifunktionaler Business-Bereich angebaut und neue Gebäude für Verwaltung sowie Gastronomie errichtet. Bereits zwischen 2009 und 2010 war die Nordkurve für 7,6 Millionen Euro ausgebaut und überdacht worden. Der gesamte Modernisierung hat das altehrwürdige Eintracht-Stadion in eine multifunktionale Arena internationalen Zuschnitts für Profifußball, die Ausrichtung hochkarätiger Leichtathletik-Wettbewerbe und Konzerte verwandelt.

Grönemeyer und EM

Mit der Team-Europameisterschaft der Leichtathletik 2014, für die die Tartanbahn im Eintracht-Stadion nochmals erneuert und leuchtend blau eingefärbt wurde, erlebten die Braunschweiger ein erstes internationales Highlight nach Beendigung der Modernisierungsarbeiten: Insgesamt 26.000 Zuschauer feierten an dem Wettkampf-Wochenende die europäische Leichtathletik und das deutsche Gewinner-Team. Ein Jahr später gastierte Herbert Grönemeyer und lieferte an einem wunderbaren Sommerabend ein umjubeltes Open-Air-Konzert vor 23.000 Fans. Gerne mehr davon wünschen sich die Braunschweigerinnen und Braunschweiger.

Hinter dem Eintracht-Stadion liegt eine bewegte Geschichte aus fast einem Jahrhundert. Hier die wichtigsten Stationen:

Fußball statt Spargel

Nach Ende des Ersten Weltkriegs beschloss Eintracht, ein vereinseigenes Stadion an der Hamburger Straße, jenseits der letzten Wohnhäuser, zu bauen. Auf dem Gelände hatten bisher Bauern Spargel gestochen. Am 17. Juni 1923 wurde das neue Stadion mit einem Spiel gegen den damaligen deutschen Abonnementsmeister 1.FC Nürnberg eröffnet. Eintracht unterlag vor 15.000 Zuschauern 1:10.
1957 wurde das Stadion erweitert. Es fanden nun 30.000 Zuschauer Platz. Ein Meilenstein war der Bau der Flutlichtanlage, der ersten in Norddeutschland. Die Flutlichtanlage wurde schließlich ein Kriterium, warum Eintracht 1963 in die neu gegründete Bundesliga einziehen konnte. Dazu zählte freilich auch eine Erweiterung des Stadions um weitere 8.000 Plätze. Die Gegengerade wurde ausgebaut und eine Vortribüne errichtet.

Eintracht macht fast Konkurs

Nach der Deutschen Meisterschaft bekam die alte Holztribüne einen Betonanbau Richtung Norden. Das Stadion hatte damit ein Fassungsvermögen von fast 40.000. 1976 begann mit dem Neubau der überdachten Gegengerade, der untere Teil wies bereits Sitzplätze auf, die erste große Sanierung des Stadions. 1979 folgte der Neubau der Haupttribüne. Eintracht hatte sich mit dem Projekt hoffnungslos übernommen. Die kalkulierten Kosten in Höhe von 6,5 Millionen Mark waren auf 14,5 Millionen Mark gestiegen.

1981 stand Eintracht nicht zuletzt deswegen vor der Insolvenz. Die Stadt Braunschweig übernahm die Schulden von knapp zwölf Millionen Mark und wurde Besitzer des Stadiongeländes. Plötzlich hieß das Eintracht-Stadion nur noch Städtisches Stadion an der Hamburger Straße. Das sollte sich erst wieder 2008 ändern als die Stadt die Namensrechte abgab und Sponsoren die Rückkehr zum Traditionsnamen Eintracht-Stadion ermöglichten.

Südkurve und Gegengerade gesperrt

Die Fans lieben ihren „Tempel“ und die Eintracht. Foto: Stadthallen GmbH / Florian Kleinschmidt

Die Fans lieben ihren „Tempel“ und die Eintracht. Foto: Stadthallen GmbH / Florian Kleinschmidt

Von 1993 bis 1995 stand eine Grundsanierung an, weil die Südkurve komplett und Teile der Gegengeraden aus Sicherheitsgründen gesperrt werden mussten. Die Kapazität betrug nur noch 20.000 Plätze. Die Investitionssumme in Höhe von 25 Millionen Mark, in die auch Landesmittel geflossen waren, wurde für den Bau der neuen, überdachten Südkurve, dem Umbau der Gegengeraden zur Sitzplatztribüne sowie für eine neue Flutlicht- und Videoanlage verwendet.

Bilboard 2 (994x118 px)