„Bild der Fragilität des Augenblicks“
Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und die Braunschweigische Stiftung unterstützen zwei Installationen des Lichtparcours.
Ganz Braunschweig wartet gespannt auf die Eröffnung des 4. Braunschweiger Lichtparcours nach den Jahren 2000, 2004 und 2010 an diesem Sonnabend, 11. Juni. Der Aufbau der Kunstwerke ist bereits unter großem Interesse der Braunschweiger weitgehend beendet. Feinschliff steht an. Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und die Braunschweigische Stiftung unterstützen die Realisierung zweier Werke. Es sind die Bastion Beauté von Kai Schiemenz auf der Anhöhe des ehemaligen Ulrich-Bollwerks im Museumspark und Flashback an der Drachenbrücke im Bürgerpark.
Insgesamt werden dank großer Unterstützung von Sponsoren bis zum 22. September zwölf neue sowie die drei bekannten permanenten Kunstwerke an der Jasperalleebrücke (Evokation in Rot), am Alten Bahnhof (Bogen der Erinnerung) präsentiert. Die Macher, Initiatorin und Kulturdezernentin Dr. Anja Hesse, Projektleiter Dr. Ulf Hilger sowie Nele Kaczmarek, hoffen wie bei den vorherigen Veranstaltungen wieder auf einen großen Publikumserfolg, auf starke Identifikation der Braunschweigerinnen und Braunschweiger mit ihrer Stadt und auch touristische Impulse. Vielfältige Angebote für spezielle Führungen von Nachtwanderungen für Kinder bis hin zu Segway-Touren hat das Stadtmarketing ausgearbeitet.
Aber natürlich werden sich viele Interessierte auch individuell auf den Weg machen und durch die künstlerisch illuminierte Stadt schlendern. Die Vorgänger des Lichtparcours lösten jeweils wahre Begeisterung in breiten Bevölkerungsgruppen aus. Wahrlich keine Selbstverständlichkeit für ein Kulturprojekt! Auch diesmal sind nahezu alle Kunstwerke während eines abendlichen Sommerspaziergangs entlang der Okerumflut zu erkunden. Dabei ist die ebenfalls bereits angebrachte und wegweisende Beschilderung sehr hilfreich zur Orientierung. Aus dem Rahmen fallen lediglich „Das Portal“ der Kooperation „Studio Drift“ am Hafen sowie der LED-Schriftzug von Alfredo Jaar am Braunschweiger Residenzschloss.
Die Schrift hatte der Chilene 2008 angesichts der Finanzkrise 2008 in Anlehnung an ein Zitat von Joseph Beuys entworfen. Sie wurde bereits an exponierten Gebäuden in Helsinki, Turin und Miami gezeigt. Braunschweig ist die erste deutsche Stadt, die die Installation zeigt. Im Beschreibungstext zur Entwurfsausstellung in Salve Hospes heißt es zu der Illumination: „Statt unverantwortlich handelnden Banken Geld zur Verfügung zu stellen, sollten Staaten besser Geld für den kulturellen Sektor generieren. Denn es sind die Künstler, die Intellektuellen und die Kulturinstitutionen, die Ländern, Städten und Personen Sichtbarkeit verleihen – und nicht ihre Banken.“ Im Schloss sind mit dem Kulturinstitut, der städtischen Bibliothek, dem Stadtarchiv und dem Schlossmuseum bedeutende kulturelle Einrichtungen Braunschweigs untergebracht.
Kai Schiemenz lässt bei seinem Ensemble Bastion Beauté, das von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz gefördert wird, auf dem Museumswall Balken leuchten und spiegeln. Er erinnert damit an die historischen Wallanlagen, mit denen sich die Stadt einst vor Eindringlingen schützte. So beschreibt der gebürtige Erfurter (Jahrgang 1966) sein Werk: „Auf der kleinen Hügellichtung liegt ein ungeordneter Haufen spiegelglatter, bunter, leuchtender Balken, eine wirre Collage aus Reflektionen und Farbverläufen, die verlassene Baustelle einer unvollendeten Utopie. Etwas deplatziert aber souverän leuchten die Balken in eigenen Takten still auf und ab. Ihr Licht verfängt sich in den Baumkronen und empfängt den Neuankömmling mit einem pulsierenden Lavendel-Pistazie-Cappuccino-Aroma“.
Danica Dakićs greift in ihrer Installation Flashback die Bogenform der 1962 erbauten Drachenbrücke im Bürgerpark auf. Das von der Braunschweigischen Stiftung geförderte Werk der Professorin der Bauhaus-Universität Weimar (geboren 1962 in Sarajevo) erinnert mit seiner Spiegelung im Wasser an die einfache Zeichnung eines Auges. An der Unterseite des Brückenbogens ist eine halbkreisförmige Edelstahlringhalterung angebracht, die sich mit der Reflektion im Fluss zum Kreis schließt. In einem regelmäßigen Rhythmus sprühen kleine Düsen staubfeinen Wassernebel, anschließend werden Lichtblitze ausgesandt. Die nur kurz erstrahlenden und sich im Nebel fangenden Lichtstrahlen lassen momenthaft den Eindruck einer Iris innerhalb des „Brückenauges“ aufscheinen. „Zwischen realem Ort und metaphorischer Bedeutung von Fluss, Brücke und Licht ist Flashback eine Manifestation der vergehenden Zeit – wie ein filmisches Fries, das vor dem inneren Auge vorüberzieht und abhängig von den Umgebungsbedingungen vertraut oder bedrohlich wirkt. Ein poetisches Bild für die Fragilität des Augenblicks“, beschreibt Danica Dakićs ihr Kunstwerk, das in Zusammenarbeit mit Egbert Trogemann entstand.
Alle Informationen zum Lichtparcours unter: www.lichtparcours.de
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