Ein irritierender Schelm
Unter dem Motto „Überraschen! Irritieren! Widersprechen!“ hat das Till Eulenspiegel-Museum in Schöppenstedt seine neue Dauerausstellung eröffnet. Sie zeigt den Narren von seiner bunten, vielfältigen und unbekannten Seite.
„Eulenspiegel lässt sich nicht zwischen Wände sperren, nicht festlegen und in Schubladen packen“, sagt Axel Richter, Geschäftsführer der Braunschweigischen Stiftung. Und trotzdem versucht es das kleine Museum in Schöppenstedt. Wie beim Narren aus Kneitlingen blitzt in der neuen Ausstellung an verschiedenen Stellen der Schalk durch. Seit der ersten Stunde hat die Stiftung die Umgestaltung gefördert. „Es ist ein Heimspiel für uns“, sagt Richter. „Ein Thema, das nie enden wird und das auch mal ungewöhnliche Wege erfordert.“ Wie die Sammelaktion der Kornkorken, die die Stiftung zur Finanzierung des Museums 2013 gestartet hatte.
Von der ersten Idee der Umgestaltung bis zur Eröffnung sind fünf Jahre vergangen – und auch dabei hatte wohl Eulenspiegel mehr als einmal seine Hand im Spiel. Ein historisches Gebäude auf technisch aktuellen Stand zu bringen, war eine Herausforderung. Zwei Mal musste die Eröffnung verschoben werden und nicht nur die Förderer und Unterstützer brauchten viel Durchhaltevermögen. Neben der Braunschweigischen Stiftung unterstützten die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, die Stiftung Zukunftsfonds Asse, die Curt Mast Jägermeister Stiftung, die Niedersächsische Sparkassenstiftung und die Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten finanziell und ideell.
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen – natürlich – Till Eulenspiegel und seine 96 Historien. Doch sie zeigt dem Besucher auch unbekannte Seiten des Narren, getreu dem Motto „Überraschen! Irritieren! Widersprechen!“. Die Geschichten wurden bereits im 16. Jahrhundert unter dem Titel „Ein kurtzweilig lesen von Dil Ulenspiegel, geboren vß dem land zu Brunßwick, wie er sein leben volbracht hat“ aufgeschrieben, vermutlich von dem Braunschweiger Zollschreiber Hermann Bote. Nach der Überlieferung wurde Eulenspiegel im Jahre 1300 in Kneitlingen am Elm geboren. Durch die Länder ziehend spielte er Bauern und Bürgern, Armen und Mächtigen Streiche. Heute ist es eines der bedeutendsten literarischen Werke des niedersächsischen Raumes und wurde in mehr als 280 Sprachen übersetzt.
Maler, Zeichner, Bildhauer, Schriftsteller, Musiker und Filmemacher waren fasziniert von den Narrengeschichten. Sogar die Porzellanmanufaktur Fürstenberg verkaufte Eulenspiegel-Figuren. Doch die Gestalt war auch Projektionsfläche für verschiedene politische Ideen. So wurde der Kneitlinger Narr zur Symbolfigur der Flamen im Freiheitskampf gegen die spanische Besatzung. Und als nach dem Bombenangriff auf Braunschweig im Zweiten Weltkrieg der Eulenspiegel-Brunnen auf dem Bäckerklint unversehrt blieb, nahmen die nationalsozialistischen Machthaber es als Zeichen. Im Namen Eulenspiegels riefen sie die Bevölkerung zum Durchhalten gegen die Alliierten auf.
Der Anspruch von Charlotte Papendorf, der Leiterin des Museums, und ihrem Team ist, alle Inhalte der Ausstellung für alle Menschen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen zugänglich zu machen. Der inklusive Gedanke zieht sich als roter Faden durch die Ausstellung. Die Texte sind in Englisch, in leichte Sprache und in Brailleschrift übersetzt. Viele Hörstationen laden ein, sich die Geschichten des Schelms erzählen zu lassen. Wer mehr wissen will, kann sich einen „digital guide“, eine Art Tablet, ausleihen. Dort stehen verschiedene Führungen zur Auswahl, u.a. eine für Kinder, und viele Hintergrundinformationen, Fotos und Audiodateien.
Die neue Ausstellung ist bunt, so bunt wie die Figur Eulenspiegel. Die architektonische Gestaltung eröffnet immer wieder neue, unerwartete Blickwinkel, Ausblicke und Einblicke.
Informationen
Till Eulenspiegel-Museum
Nordstraße 4a
38170 Schöppenstedt
www.eulenspiegel-museum.de
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag, 14 bis 17 Uhr
Samstag und Sonntag, 11 bis 17 Uhr
Fotos