Ein Ort, um gesellschaftlichen Wandel zu gestalten
Im DenkRaum Braunschweig können Menschen kreativ werden – der Gemeinwohl- und Nachhaltigkeitsgedanke steht dabei stets im Vordergrund.
Im Herzen der Stadt, halb versteckt in einem unscheinbaren Innenhof nahe des Hagenmarkts, liegt der Braunschweiger DenkRaum. Die Räumlichkeiten, die als Workshop- und Veranstaltungsort dienen, verströmen einen urbanen Loft-Charakter. Retro-Samtsofas, Grünpflanzen und selbstgebaute Palettenmöbel bilden einen spannenden Kontrast zum industriellen Betonboden. Als wir an diesem Morgen zu einem Gespräch mit Geschäftsführer Pascal Abel und Kommunikationsmanagerin Ina van Beesel verabredet sind, ist durch das gläserne Dach der blaue Himmel zu sehen.
Die unterschiedlichen Raumelemente sind Teil einer Infrastruktur, die kreatives Arbeiten fördert, erklärt Abel. „Wir nutzen sie gezielt als kreative Trigger. Denn wenn eine Firma zu uns kommt, muss sie erstmal aus ihrer gewohnten Perspektive herausgeholt werden.“ Es sei wichtig, die vielbefahrenen Autobahnen im Kopf zu verlassen und stattdessen die Landstraßen zu nutzen, beschreibt es der Gründer. „Das schafft man, indem man Dinge in ihrem ursprünglichen gedanklichen Kontext bricht“, ergänzt van Beesel. Ein Basketballkorb und eine Sofaecke, in der Mario Kart auf dem Nintendo gespielt werden kann, sollen dabei unterstützen.
„Mein Herz schlägt höher, wenn Menschen hier kreativ werden“
Der DenkRaum ist wandelbar: Auf einer Fläche von gut 500 Quadratmetern können sowohl Yoga- und Meditationskurse als auch Business-Meetings stattfinden – der Platz reicht für bis zu 100 Personen aus. Ein reiner Co-Working-Space sei es jedoch nicht, betont Abel. Vielmehr verstehe sich der DenkRaum als gemeinwohlorientierter Workshop- und Veranstaltungsort, in dem sich jeder eingeladen fühlen soll, aktiv mitzuarbeiten. „Mein Herz schlägt höher, wenn Menschen hier kreativ werden und den Mut finden, ihre Ideen umzusetzen.“
Dabei seien klassische frontale Formate wie Vorträge oder Projektvorstellungen auf einer Bühne ebenso möglich wie Workshop-Formate mit Gruppenarbeitsplätzen, portablen Stehtischen und Whiteboards. Ina van Beesel bevorzugt das Arbeiten in Kleingruppen: „Dabei hat jeder gleichermaßen die Möglichkeit sich einzubringen und seine Meinung zu äußern.“
Vom Uni-Projekt zum eigenen Unternehmen
Die Idee zu einem solchen Ort kam dem 36-Jährigen während seines Masterstudiums an der Technischen Universität Braunschweig. Dort gab es eine Partizipationsplattform, über die Studierende den Campus und die Uni mitgestalten konnten, erzählt Pascal Abel. Gemeinsam mit dem Gründungsteam legte er Ende 2017 das Konzept zum Kreativraum vor. Kurz darauf entdeckten sie die leerstehenden Räumlichkeiten des Studentenwohnheims im Wilhelmsgarten – und schnell kam das Projekt ins Rollen.
„Es war sofort klar, dass wir den Raum in einer Kooperation betreiben, dabei aber selbstständig bleiben wollen“, erklärt der Wahlbraunschweiger. „Deshalb haben wir den DenkRaum ausgegründet.“ Ohne die Unterstützung von Frauke Oerding-Blumenberg, der geschäftsführenden Gesellschafterin der Oeding Unternehmensgruppe, zu der auch die nachhaltige Oeding Print-Druckerei aus Braunschweig gehört, wäre all das jedoch nicht möglich gewesen, räumt er ein. „Sie und das Studentenwerk stellen uns den Raum kostenlos zur Verfügung.“
Wie sieht das Braunschweig der Zukunft aus?
Zunächst als Lernort für Studierende gedacht, haben Abel und sein Team das Konzept mittlerweile überarbeitet. Mit dem Programm „Raum geben“ wird der DenkRaum gemeinwohlorientierten Organisationen in Zusammenarbeit mit der Braunschweigischen Stiftung seit 2021 kostenfrei zur Verfügung gestellt. Insbesondere Projekte mit Bezug zu Diversität, Nachhaltigkeit und Gemeinwohl werden auf diese Weise unterstützt. Das ist für Abel ein wichtiger Gedanke, denn Nachhaltigkeit spielt auch bei dem Start-up eine entscheidende Rolle: „Wir achten auf ein regionales Catering und bauen alte Möbel um, anstatt neue zu kaufen.“
Abel selbst treibt der Wunsch um, Braunschweig nachhaltig zu verändern und aktiv zu gestalten. Seine Vorstellung einer Zukunftsstadt beinhaltet vor allem ein Ziel: die sogenannten Partnerschaften auf dem Weg. „Meine Vision für Braunschweig ist eine sehr partizipative – was schaffen wir, wenn wir den 250.000 Menschen die Möglichkeit geben, sich am Wandel zu beteiligen?“ Die Technik und das Werkzeug seien bereits vorhanden, doch für einen Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft müsse eine Atmosphäre des Miteinanders herrschen. „Wir müssen uns auf das besinnen, was wir im Kollektiv erreichen können.“
Vereine, Gruppen und Organisationen, die sich mit ihren Ideen an den DenkRaum wenden, erhalten nicht nur einen Ort zum Arbeiten, sondern auch wertvolle Impulse. Denn damit ein Projekt nach der Ideenfindung und Konzipierung realisiert werden kann, muss es gefördert werden. Welche Möglichkeiten der Förderung gibt es? Wie stellt man die notwendigen Anträge? Und wie funktioniert effektive Vernetzung? Bei all diesen Fragen hilft das DenkRaum-Programm „Projektstart“. „Wir fragen, wie wir unterstützen können und ob sich Partner finden lassen, die das Programm mitfinanzieren“, erläutert van Beesel.
Gesellschaftlicher Wandel gelingt nur gemeinsam
Der gemeinsame Ansatz ist Abel wichtig: „Ich wünsche mir einen Wandel, aber gestalten kann ich ihn nicht allein.“ Sein Konzept geht auf. Unter den Ideen, die mit „Raum geben“ bereits verwirklicht wurden, findet sich etwa die Braunschweiger Initiative „Hey, Alter“, die Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien mit der Bereitstellung von gespendeten Laptops zu mehr Chancengleichheit beim Homeschooling verhilft.
Der DenkRaum begreift sich als gemeinwohlorientiert. Um Modernisierungen und die Ausstattung finanzieren zu können, werden die Räumlichkeiten regelmäßig an Unternehmen vermietet – ähnlich einem Tagungsraum. In der Tagesmiete sind außerdem Getränke und Snacks sowie ein Mittagscatering im Bistro „Erna & Käthe“ inbegriffen. Rund 150.000 Euro hat das DenkRaum-Team so bereits in den Raum investieren können. „Wenn wir Wandel gestalten wollen, sind wir alle Handwerker“, ist Pascal Abel überzeugt. Den Ausbau leisten die Geschäftsführer, vier Angestellten und die Ehrenamtlichen in Eigenregie – auch Familie und Freunde helfen stets dabei mit. Am nächsten Wochenende beispielsweise soll die gesamte Beleuchtung erneuert und der Aufbau einer Photovoltaikanlage vorbereitet werden, erzählt er. Das ist ein weiterer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit – für den DenkRaum und schlussendlich auch für die Stadt Braunschweig.
Kontakt
DenkRaum Braunschweig
Wilhelmsgarten 1
38100 Braunschweig
Ansprechpartnerin: Ina van Beesel
Mail: Ina.vanbeesel@denkraum-braunschweig.de
Telefon: 0531 18059705
Internetseite: https://denkraum-braunschweig.de/