Ein starkes Netzwerk gegen Gewalt an Frauen
Der „Arbeitskreis gegen Gewalt an Frauen“ ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Frauenprojekten und kommunalen Institutionen in Braunschweig. Sein Ziel ist es, betroffenen Frauen ein Netzwerk an Hilfsmöglichkeiten zu bieten, aber auch die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. In einem neuen Flyer stellen sich seine Mitglieder vor.
„Gewalt an Frauen ist leider immer ein aktuelles Thema, das alle gesellschaftlichen Schichten betrifft“, erläutert Gudrun Meurer-Hageroth, die das Frauenhaus Braunschweig im Arbeitskreis vertritt. Seit 2000 treffen sich Vertreter verschiedener Projekte und Institutionen regelmäßig, um sich zu vernetzen, Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu planen und gemeinsame Projekte zu organisieren. Dazu gehört z.B. jedes Jahr am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, eine Aktion zu einem bestimmten Thema.
Dieses Jahr hat sich der Arbeitskreis an der Aktion „Orange your city“ beteiligt, zu der UN-Women weltweit aufgerufen hat. Dabei werden Gebäude und Wahrzeichen orange beleuchtet – in Braunschweig das Staatstheater. Gudrun Meurer-Hageroth verdeutlicht die Situation: „Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist eine der am weitesten verbreitete Menschenrechtsverletzung der Welt. Sie betrifft fast jede dritte Frau.“ Und sie hat viele Gesichter, ist nicht begrenzt auf bestimmte soziale Schichten und wirkt sich auf alle Lebensbereiche der betroffenen Frauen und Mädchen aus.
„Wichtig ist, Frauen über unsere Angebote zu informieren und zu zeigen, wo sie in ihrem besonderen Fall die richtige Hilfe bekommen können“, beschreibt Gudrun Meurer-Hageroth das Ziel des Arbeitskreises. So hat die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz die Erstellung eines Flyers gefördert, in dem sich die beteiligten Projekte und Institutionen vorstellen. Mitglieder sind die Frauenberatungsstelle e.V., die Frauen- und Mädchenberatung bei sexueller Gewalt e.V., das Frauenhaus Braunschweig, SOLWODI Niedersachen e.V. (Solidarity with women in distress), das Mütterzentrum Braunschweig e.V., die Braunschweiger AIDS-Hilfe e.V., das Netzwerk ProBeweis des Instituts für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover und der Stadtteilladen Mitte. Der Fachbereich Soziales und Gesundheit der Stadt Braunschweig ist mit dem Büro für Migrationsfragen, der Abteilung Wohnen und Senioren und der Beratungsstelle für sexuelle Gewalt am Gesundheitsamt beteiligt.
Der Hashtag #metoo hat im vergangenen Jahr eine große Debatte ausgelöst, unzählige Frauen haben von ihren Erfahrungen und Erlebnissen mit sexuellen Belästigungen und Übergriffen geäußert. Aber Gewalt gegen Frauen hat viele Formen: häusliche Gewalt, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, Zwangsheirat und Kinderehe, Stalking, Zwangsprostitution. „Wir wollen darauf aufmerksam machen und wachrütteln. Und wir wollen Frauen ermutigen, ihre Rechte einzufordern und sich zur Wehr zu setzen, Hilfe anzunehmen und die Vorfälle auch anzuzeigen.“ Bagatellfälle gäbe es nicht. Die Polizei registriert eine steigende Zahl von Taten, die sie vor allem darauf zurückführt, dass mehr Frauen Anzeige erstatten und nicht mehr aus Scham oder Angst vor weiterer Gewalt schweigen. Besonders schwierig ist oft, dass viele Täter aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis der Frauen kommen.
Im Februar 2018 hat Deutschland zudem die Istanbul Convention ratifiziert, die Frauen ein Recht auf ein Leben ohne Gewalt garantiert. Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich zu umfangreichen Maßnahmen zur Prävention, zum Opferschutz und zur Täterarbeit. Eine erste Auswirkung könnte – sofern der Rat der Stadt zustimmt – eine Erhöhung der Kapazitäten des Frauenhauses um eine Wohnung und die Umsetzung eines Projektes zur Prävention von häuslicher Gewalt sein. Zudem soll eine Täter-Fachberatungsstelle eingerichtet werden. In Kursen können Täter lernen, ihre Aggressionen anders zu kanalisieren und gewohnte Gewaltmuster zu durchbrechen. Denn schließlich würden viele Frauen in ihre Familien zurückkehren wollen, Voraussetzung dafür aber ist eine langfristige Veränderung des Verhaltens der Beteiligten.
„Wir haben einiges erreicht in den vergangenen Jahren, aber es gibt auch noch viel zu tun“, beschreibt Gudrun Meurer-Hageroth. Das Verhalten in Konfliktsituationen wird oft im familiären Umfeld tradiert, wer zuhause Gewalt erlebt, wird später auch eher aggressiv reagieren. Zudem werden in der Werbung und in vielen Medien überholte Rollenbilder verwendet und der Gebraucht von Gewalt verharmlost. So wünscht Gudrun Meurer-Hageroth sich, dass Jungen und Mädchen bereits im Kindergarten und in der Schule in ihrem Rollenverhalten zu stärken und den gewaltfreien Umgang mit Konflikten lernen.