Eine Sammlung aus Liebe zur Heimatstadt
Braunschweigs Museen, Folge 1: Städtisches Museum – Bürger gingen anlässlich des 1.000-jährigen Bestehens der Stadt 1861 auf die Suche nach Exponaten zur Geschichte und Kultur Braunschweigs.
Das 16 Quadratmeter große Modell des historischen Braunschweigs im Foyer des Städtischen Museums im Altstadtrathaus zählt zu den beliebtesten Zielen von Stadtführungen. Der Eisenbahnexpedient Hermann Meyer baute es zwischen 1878 und 1887. Es zeigt Braunschweig mit seinen fünf Weichbilden im Jahre 1671. Die Ausstellung im Gewölbe des Altstadtrathauses dokumentiert in mehreren Abteilungen die Geschichte der Stadt vom 9. Jahrhundert bis in die Gegenwart. I. Stadtwerdung, II. Bürger- und Hansestadt, III. Residenzstadt, IV. Industriestadt. Jeden Sonnabend (15 Uhr) gibt es eine kostenfreie Führung.
Weltoffenes Haus mit „Weitblick“
Die Teilnahme ist jedem, dem Braunschweig am Herzen liegt, ebenso empfohlen wie der Besuch des imposanten Haupthauses des Städtischen Museums am Löwenwall. „In Sonderausstellungen werden die Linien der Sammlungen kreativ weitergedacht. Die Ausstellungen weisen vielfach internationale Bezüge auf und greifen so die Maxime eines weltoffenen Hauses mit ‚Weitblick‘ auf, die seit der Gründung das Städtische Museum charakterisiert“, lädt Museumsdirektor Peter Joch zum mehrmaligen Besuch ein. Aktuell zu sehen sind beispielsweise die Sonderausstellungen „Schimmernde Schönheiten. Luxusgerät aus Messing – Jugendstil bis Art Déco“ (bis 5. Januar) und „Fortuna und Eintracht – Die Düsseldorfer Malerschule in Braunschweig) (bis 12. Januar).
Carl Schiller war der Gründungsvater
Im Stadtmodell von Hermann Meyer fehlt das Haus am Löwenwall übrigens noch, denn der Bau wurde nach den Plänen von Max Osterloh erst 1906 fertiggestellt. Das Städtische Museum freilich gab es schon. „Es entstand im Jahr 1861 auf einen Aufruf des Kulturhistorikers Carl Schiller hin. Der Bildungsbürger Schiller forderte die Bürger öffentlich auf, Sammlungen zur Geschichte und Kultur Braunschweigs anlässlich des 1000-jährigen Bestehens der Stadt zusammenzutragen“, schildert Joch die Anfänge.
Breite Unterstützung fand Schiller unter anderem seitens der von ihm gegründeten Vereinigung „Die ehrlichen Kleiderseller zu Braunschweig“. Zu den berühmten „Kleidersellern“ gehörten auch der Dichter Wilhelm Raabe und der Industrielle Heinrich Büssing. Noch heute gibt es einen Stammtisch der „Kleiderseller“.
An die Ursprünge des Städtischen Museums erinnert heute auch der Kleiderseller Weg, der vom Kloster Riddagshausen zum Ausflugslokal „Grüner Jäger“ führt. „Bis zur Fertigstellung des Baus wurden die schnell anwachsenden Sammlungen in Übergangsgebäuden wie Rathäusern, Schulgebäuden eingelagert“, berichtet Joch. Neben der Außenstelle Altstadtrathaus gehören mittlerweile auch die ehemaligen Räume von Stadtarchiv und Stadtbibliothek als sogenanntes Galeriegebäude zum Museum.
Eines der größten in Deutschland
Mit 270.000 Objekten gehört das Museum zu den größten kunst- und kulturgeschichtlichen Museen Deutschlands. Das ist natürlich Grund genug für „Der Löwe – das Portal für das Braunschweigische“ das Städtische Museum als Nummer 1 der neuen Serie „Braunschweigs Museen“ vorzustellen. Das Landesmuseum, das Herzog Anton Ulrich-Museum, der Kunstverein, das Museum für Photographie, das Naturhistorische Museum und das Schlossmuseum werden in monatlichem Abstand folgen. Die Serie unterstreicht Braunschweigs kulturellen Reichtum und soll zum Besuch der Häuser motivieren.
Die Schwerpunkte des Städtischen Museums liegen in der Malerei und Graphik des 19. Jahrhunderts, im Braunschweiger Kunsthandwerk und in der Volkskunde des Braunschweiger Landes. Dazu kommen umfangreiche Spezialsammlungen von Musikinstrumenten, Waffen, Münzen und Medaillen sowie der außereuropäischen Völkerkunde. Die Sammlungen des Museums stammen überwiegend aus Schenkungen und Stiftungen Braunschweiger Bürger und Unternehmen.
Von Joseph Beuys bis Pablo Picasso
In der Gemäldesammlung des Städtischen Museums Braunschweig befinden sich rund 2250 Werke von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. „Bestände älterer Kunst nehmen nur einen kleinen Teil der Sammlung ein. Abgesehen von einem kunsthistorischen Fundament, wurde in der Geschichte des Museums nahezu ausschließlich aktuelle Malerei gesammelt“, erklärt Museumsdirektor Joch. Zu den Sammlungsbeständen gehören Gemälde, die für die großen künstlerischen Strömungen des 19. Jahrhunderts stehen. Unter anderem ist in der Galerie der große Satiriker Carl Spitzweg zu entdecken. Vertreten sind aber auch Werke von international renommierten Künstlern der jüngsten Vergangenheit wie Josef Beuys, Carl Buchheister, Rudolf Jahns, Ida Kerkovius, Siegfried Neuenhausen oder Wolf Vostell. „Die Sammlung verdeutlicht zentrale Positionen der künstlerischen Diskurse, die die letzten Jahrzehnte bestimmten“, sagt Peter Joch.
Die Graphische Sammlung umfasst dazu rund 40.000 Druckgraphiken und 10.000 Zeichnungen und Aquarelle. Im Bereich von der Klassischen Moderne bis zur zeitgenössischen Kunst finden sich Arbeiten unter anderem von Horst Antes, Georg Baselitz, Max Beckmann, Marc Chagall, Edgar Degas, Otto Dix, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Fernand Léger, Henri Matisse und Pablo Picasso. Einen Höhepunkt der Sammlung des 20. Jahrhunderts bildet das Gästebuch des Kunstsammlers Otto Ralfs (1892 – 1955), das Zeichnungen und Einträge der „Stars“ der Moderne versammelt. Ein Blatt aus diesem Gästebuch wird gegenwärtig als Leihgabe im Schlossmuseum in der Ausstellung „Gesellschaft der Freunde Junger Kunst“ gezeigt.
Weitere Sammlungsgebiete:
Kunstgewerbe: Als wichtige Handels-, Hanse-, Messe- und Residenzstadt wies Braunschweig seit dem Spätmittelalter eine bedeutende kunsthandwerkliche Tradition auf. Zur Sammlung zählen Möbel, Fayencen und Silberwaren, Fürstenberger Porzellan sowie die Lackarbeiten der Manufaktur Stobwasser und die Perlarbeiten der Korallenfabrik van Selow. Neben bedeutsamen Stücken aus dem Mittelalter, der Renaissance und dem Barock umfasst die kunstgewerbliche Sammlung vor allem Arbeiten aus dem 18. und 19. Jahrhundert.
Formsammlung: Die Formsammlung der Stadt Braunschweig wurde 1942 begründet. Sie umfasst eine in ihrem Charakter einzigartige Formsammlung mit mehr 5.500 Einzelobjekten von der Antike bis zur Gegenwart. Produkte serieller Fertigung stehen gleichberechtigt neben Unikaten bedeutender Kunstgewerbler. Die Formsammlung mit ihren vielseitigen Formreihen stellt ein internationales Alleinstellungsmerkmal des Museums dar.
Ethnologie: Die Ethnologische Sammlung umfasst etwa 8000 Objekte. Die ersten ethnologischen Stücke gelangten bereits 1865 in den Besitz des Museums. Die größten und bedeutendsten Sammlungskonvolute stammen aus Afrika, Regionen der Südsee und Indonesien. Der größte Teil der Ethnologischen Sammlung besteht aus Geschenken von mit der Stadt Braunschweig eng verbundenen Personen, die sich als Touristen, Seeleute, Forscher, Abenteurer, Kaufleute, Soldaten oder Auswanderer in fremden Ländern aufhielten. Das Museum erhielt die Objekte meist unmittelbar von diesen Reisenden oder deren Nachkommen
Musikinstrumente: Nach der Museumsgründung gelangten zunächst Musikinstrumente aus Braunschweiger Kirchen in die Sammlungen. Die Ausrichtung auf die Regionalgeschichte änderte sich mit dem Zugang der herausragenden Sammlung des Pianoforte-Fabrikanten Theodor Steinweg. Mehr als 100 Instrumente überregionaler und internationaler Herkunft aus der Zeit vom 16. bis zum 18. Jahrhundert kamen ins Museum. 1985 erfolgte eine Schenkung der Firma Grotrian-Steinweg. Aus der Sammlung hervorzuheben sind der von Grotrian-Steinweg gefertigte Salonflügel der Pianistin Clara Schumann (1879) und zwei Hammerflügel des Klavierbauers Conrad Graf aus Wien.
Technik: Die Sammlung der optischen Geräte geht vor allem auf die bekannten Braunschweiger Firmen Voigtländer und Rollei zurück. 1982 wurde von der Stadt für das Museum die vollständige Werkssammlung der Firma Rollei übernommen. Ergänzt wurde der Bestand um Voigtländer-Apparate.
Numismatik: Die Sammlung umfasst etwa 70.000 Stücke. Sie reicht von der Antike bis zur Gegenwart und beinhaltet Münzen und Medaillen der ganzen Welt. Schwerpunkte der Münzsammlung liegen bei den Welfen (Braunschweig und Hannover).
Kontakt
Städtisches Museum Braunschweig
Steintorwall 14
38100 Braunschweig
Telefon: 0531 4704505
E-Mail: staedtisches.museum@braunschweig.de
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag: 10 – 17 Uhr.
Eintritt:
Erwachsene: 5 Euro
Ermäßigung (für Schüler, Studierende, Auszubildende, Menschen mit Behinderung, Rentner sowie Inhaber des „Braunschweig Passes“): 2,50 Euro
Kinder (6 – 16 Jahre): 2 Euro
Schulklassen und Kinder bis 6 Jahre: freier Eintritt
Altstadtrathaus
Städtisches Museum Braunschweig
Altstadtmarkt 7
38100 Braunschweig
Telefon: 0531 4704551
E-Mail: museum@braunschweig.de
Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag, 10 – 17 Uhr
Eintritt: frei