„Einfache Sprache ist schwer“
Das Schlossmuseum hat seine schriftliche Führung durch die Dauerausstellung rechtzeitig zu den Special Olympics Landesspielen barrierefrei umformuliert.
Was ist ein Thron? Was ist ein Wappen? Und wie beschreibt man das so, dass es jeder verstehen kann? Rechtzeitig zu den Landesspielen Special Olympics Niedersachsen (9.-11. Mai) hat das Schlossmuseum Braunschweig die schriftliche Beschreibung zum Rundgang durch die Dauerausstellung in „einfacher Sprache“ formuliert. Es liegen entsprechende Versionen neben deutschen und englischen Ausführungen für Besucher bereit. Eine Beurteilung durch die Lebenshilfe Braunschweig steht noch aus.
Das Festival-Dorf der Landesspiele ist auf dem Schlossplatz aufgebaut. Dort werden Mitmachangebote und eine Showbühne, auf der inklusiven Bands auftreten, geboten. Robin Amaize, Kapitän der Basketball-Löwen Braunschweig, ist einer der Botschafter für die Landesspiele. An den Landesspielen Niedersachsen der Special Olympics nehmen Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung teil. Erwartet werden in Braunschweig rund 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Wettbewerbe wird es in Braunschweig in den Sportarten Leichtathletik, Schwimmen, Fußball, Boccia, Handball, Badminton, Tennis, Tischtennis, Judo, Segeln und Golf geben.
Barrierefreiheit auch inhaltlich
„Wir freuen uns, wenn Athletinnen und Athleten den Weg zu uns ins Museum finden und unsere Dauerausstellung besuchen. Die Special Olympics waren für uns der Anlass, unsere Informationen auch in einfacher Sprache bereitzustellen. Barrierefreiheit ist grundsätzlich unser Ziel. Das betrifft eben nicht nur die räumlichen, sondern auch die inhaltlichen Voraussetzungen“, erläutert Helga Berendsen, die Leiterin des Schlossmuseums. Die schriftliche Beschreibung zum Rundgang durch die Dauerausstellung in „einfacher Sprache“ könnte auch Kooperationen mit regionalen Einrichtungen für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung ermöglichen.
Die Kunsthistorikerin Maria Heise und Stefania Ratsch, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr im Schlossmuseum absolviert, setzten sich daran, das Handout sprachlich zu entschlacken. Bei der einfachen Sprache geht es vor allem darum, komplizierte Satzstrukturen und schwierige Worte oder Fremdwörter zu vermeiden. „Einfache Sprache ist ganz schön schwer. Beim Formulieren wird einem erst bewusst, was es beispielsweise bedeutet, auf Nebensätze oder Worte, die wir wie selbstverständlich im Wortschatz haben, verzichten zu müssen“, sagt Museumsleiterin Helga Berendsen.
Der Text zum regulären Daueraustellungs-Rundgang umfasst 1718 Wörter, der in leichter Sprache dagegen lediglich 610. „Wir haben uns entschieden, die ausführlichen Gemäldeerklärungen in den einzelnen Räumen wegzulassen und haben stattdessen auf einzelne Möbel oder Teppiche hingewiesen“, erklärt Helga Berendsen die Vorgehensweise.
Der Text zur Galerie lautet in einfacher Sprache so:
„Der Besuch im Museum beginnt im Galerie·Flur. Eine Galerie ist ein Raum in dem Bilder hängen. Diese Bilder sind etwas Besonderes. Sie können geöffnet werden. Hier sind Informationen über die Herzöge aus Braunschweig zu sehen.
Tafel 1 zeigt den großen Stamm·Baum der Herzöge aus Braunschweig. In einem Stamm·Baum sind alle Namen einer Familie aufgeschrieben. Der Stamm·Baum zeigt die Eltern und Kinder der Herzöge und zu welcher Zeit sie gelebt haben.
Tafel 2 zeigt eine Karte von dem großen Herzogtum Braunschweig. Ein Herzogtum ist ein Gebiet, das den Herzögen vor langer Zeit gehört hat.
Tafel 3 zeigt wichtige Gebäude im Herzogtum Braunschweig.“
Zum Vergleich hier der Originaltext:
Zum Einstieg erhalten Sie hier auf vier großformatigen Tafeln einige Informationen über die Welfen und das Herzogtum Braunschweig. Auf der Stammtafel finden Sie den bekanntesten Vertreter der Welfen Heinrich den Löwen – in der dritten Spalte links. Der berühmte Welfenherzog, der Braunschweig zu seiner Residenz machte und damit die Entwicklung der Stadt vorantrieb, ließ den Braunschweiger Löwen errichten, der heute das Wahrzeichen der Stadt ist. Herzöge und Herzoginnen, deren Porträts Sie in unserer Ausstellung noch sehen werden, sind auf der Stammtafel durch Bilder hervorgehoben.
Die zweite große Tafel zeigt die Ausdehnung des Herzogtums Braunschweig um 1850. Sie können hier feststellen, dass es sich beim Gebiet des Herzogtums nicht um eine geschlossene Fläche handelte, sondern um mehrere – teils sogar im Harz gelegene – Gebiete. Abgebildet sind hier außerdem Gebäude, von denen einige noch erhalten sind. Gebäude der herzoglichen Verwaltung im Stadtbereich Braunschweigs finden Sie auf der dritten Tafel.
Auf der gegenüberliegenden Wand informiert die vierte Tafel über die Familie der Welfen nach dem Ende der Monarchie. Hier können Sie zum Beispiel erfahren, wie das letzte Braunschweigische Herzogspaar, Ernst August und Victoria Luise, mit dem heutigen spanischen Königshaus verwandt ist.
Die Wettbewerbe der Landesspiele finden auf der Bezirkssportanlage Rüningen (Fußball, Leichtathletik, Boccia), in der Wasserwelt (Schwimmen), in der Grund- und Hauptschule Rüningen (Tischtennis), beim BTHC (Tennis), beim BJC (Judo), in der Sporthalle Güldenstraße (Badminton), beim Segler-Verein (Segeln) und beim Golf Club Braunschweig (Golf) statt. Die Abschlussfeier auf dem Schlossplatz ist für den 11. Mai um 14 Uhr terminiert.
Fakten
Special Olympics ist die weltweit größte Sportbewegung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Special Olympics wurde 1968 in den USA durch Eunice Kennedy-Shriver gegründet. Das Ziel von Special Olympics ist es, Menschen mit geistiger Behinderung durch den Sport zu mehr Anerkennung, Selbstbewusstsein und letztlich zu mehr Teilhabe an der Gesellschaft zu verhelfen. Special Olympics versteht sich als Inklusionsbewegung. Heute ist Special Olympics mit mehr als fünf Millionen Athletinnen und Athleten in 174 Ländern vertreten. Special Olympics Deutschland (SOD) ist die deutsche Organisation. In Deutschland gibt es derzeit mehr als 40.000 Athletinnen und Athleten. Im Juni 2023 finden in Berlin die
Special Olympics World Games statt. Die Special Olympics World Games werden das größte Multi-Sport-Event in Deutschland seit den Olympischen Spielen 1972 in München.