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Erfahrungsgemäß gewinnen die Lebenden!

Slammer Bleu Brode. Foto: Andreas Reiffer
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Poetry Slam Dead or Alive: Club der toten Dichter contra Szenegrößen der Slammergemeinde.

Beim Poetry Slam Dead or Alive kommt es am Freitag, 26. Juni, zum Schlagabtausch zwischen zeitgenössischen, echten Giganten der Slampoetenszene und – toten Dichtern! Wie das geht? Magie, Mummenschanz, Mysterien-Hokuspokus? Nö. Den längst verblichenen Dichtern hauchen ebenfalls Poetry Slammer neues Leben ein, indem sie in die Rollen der toten Literaten schlüpfen.

Subkultur versus Hochkultur – das Format Dead or Alive ist bundesweit seit einigen Jahren etabliert, sagt einer der Organisatoren der Veranstaltung, Patrick Schmitz (43) von Poetry Slam Braunschweig. Ob Nietzsche, Goethe, Schiller, Shakespeare oder auch kleinere Lichter aus der Hitliste der Weltliteraturklassiker, egal, sie müssen sich jedenfalls in der Wortschlacht gegen leibhaftige Slammer, die noch über keine veritable Grabstelle verfügen, behaupten. Das Reglement ist dasselbe wie beim klassischen Poetry Slam: Jeder hat sieben Minuten Zeit für seine Performance. Das Publikum entscheidet. Am Ende wird per Applausometer einer zum Sieger gekürt.

„Erfahrungsgemäß gewinnen die Lebenden“, weiß Patrick Schmitz. Was ja irgendwie auch wieder sehr beruhigend und ziemlich tröstlich ist. Im LOT-Theater werden die Kontrahenten um die Wortgefecht-Siegerkrone in zwei Gruppen zu je vier Leuten gegeneinander antreten. Vier Lebende gegen vier „Tote“. Vor Ort sind Maskenbildner, die es schaffen werden, dass die Toten so aussehen, als seien sie direkt unterm Leichentuch hervor geschlüpft. Grrrhhhh!

Wie muss man sich das vorstellen, wenn ein Poetry Slammer in die Rolle eines toten Dichters schlüpft und dessen Text auf der Bühne performt? Totale Zertrümmerung? Haudrauf bis vom Klassiker nichts mehr bleibt außer ein Skelett, um thematisch im Bilde zu bleiben? „Die Texte müssen natürlich zum Teil stark gekürzt werden, aber die Performance bleibt schon recht dicht dran am Originaltext.“ Der „Spontananteil“ bei den lebenden Slammern, die mögliche Interaktion mit dem Publikum sei zwangsläufig größer. Und dementsprechend ein kleiner Vorteil in dem Vergleich. Ironische Brechungen sind allerdings jederzeit möglich. So sei bei einem Slam mal ein Schiller-Darsteller mit New-York-Coffee-T-Shirt aufgetreten. Was das Publikum natürlich zu Reaktionen und Provokationen angestachelt hat.

Oder ist es vielleicht sogar so, dass die Performer der toten Dichter in Ehrfurcht vor den Werken der ganz Großen erstarrt sind? „Das glaube ich eigentlich nicht. Klar haben alle irgendwie ein Faible für Literatur, sind belesen, haben ihre Vorbilder, bewundern vielleicht auch den ein oder anderen“, so Schmitz. Aber das ende nicht in der Sackgasse Schockstarre oder Demutshaltung.

Muss man als Slammer eigentlich eine Rampensau sein? „Ich würde sagen: Ja!“, lacht Schmitz. Auch im normalen Leben gilt das dann manchmal, aber alle seien urst-sympathisch, selbst Erfahrene vorm Auftritt noch nervös, hochnäsig sei niemand.

In Braunschweig werden lebend antreten: Patrick Salmen, Deutscher Poetry-Slam-Meister von 2012, für den die Leute in Berlin schon mal drei Stunden anstehen. Er hat zudem, so Schmitz, den Bart bei Männern als wieder tragbar etabliert. Bleu Broode, in Braunschweig bekannt aus dem Roten Saal, Ex-U20-Meister. Jaromir Konecny war schon ewig nicht mehr bei einem Slam dabei. Vielleicht, weil er ein relativ bekannter Kinderbuchautor ist. Sarah Bosetti hat einen Namen in der Szene und ist, so Schmitz, der kommende shooting star.

Und die Toten? Jana Heinecke, die derzeit in der Schweiz kreatives Schreiben studiert, wird Mascha Kaléko neues Leben einhauchen. Hinnerk Köhn wiederbelebt Klavki, einen verstorbenen Slammer aus Kiel. Rolf Dieter Brinkmann wird gemimt von Jason Bartsch, möge ihn das Brinkmannsche Werk nicht allzu sehr in deprimierte Turbulenzen stürzen. Marie Theres Schwinn übernimmt die Rolle der Anais Nin, die nicht zuletzt wegen ihrer erotischen, ausschweifenden Erzählungen in Erinnerung geblieben ist . . . . .

Dead or Alive beginnt am Freitag, 26. Juni, um 20 Uhr im LOT-Theater, Kaffeetwete 4a, in Braunschweig. Organisiert von Patrick Schmitz, Stefan Zeuke und Dominik Bartels. Gefördert von Die Braunschweigische Stiftung als Veranstalterin und der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.

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