„German Angst“ zum Jubiläum
Die 25. Helmstedter Universitätstage beschäftigen sich mit dem Thema „Auf dem Weg nach Weimar? Demokratie und Krise“.
Es gibt etwas zu feiern bei den diesjährigen Helmstedter Universitätstagen: Die Veranstaltung, die an einerseits die Helmstedter Tradition als Universitätsstadt von 1576 bis 1810 und andererseits an die deutsche Teilung von 1945 bis 1990 erinnern soll, findet vom 26. bis 29. September zum 25. Mal statt. Das Jubiläum wird zusätzlich aufgewertet durch den 30. Jahrestag des Mauerfalls und der innerdeutschen Grenzöffnung. Im Mittelpunkt stehen Vorträge renommierter Wissenschaftler zum Oberthema „Auf dem Weg nach Weimar? Demokratie und Krise“. Die Einführung gibt der wissenschaftliche Leiter der Universitätstage, Prof. Martin Sabrow (Potsdam/Berlin). Er hat seinen Vortag „Warum Weimar? Zur Renaissance einer vergessenen Republik“ genannt.
Zum Rahmenprogramm gehören unter anderem die Kinosondervorstellung mit dem Film „Gundermann“, einem politischen Kabarett mit Sebastian Schnoy, einer musikalischen Revue des Casanova Society Orchestras Berlin, eine Führung durch die Helmstedter Universitätsgeschichte mit Museumsleiterin Marita Sterly sowie einer musikalischen Reise durch (das geteilte) Deutschland und die Welt. Beendet werden die Universitätstage mit einem Festgottesdienst in der St. Stephani Kirche und einer dortigen Festpredigt von Prof. Mathias Wirth vom Institut für Systematische Theologie der Universität Bern.
Für den Beiratsvorsitzenden der Helmstedter Universitätstage und Direktor der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, Tobias Henkel, ist die Reihe eine Erfolgsgeschichte. „Die Helmstedter Universitätstage haben sich überregional zu einem Aushängeschild Helmstedts entwickelt und sind mittlerweile nicht mehr aus der Wissenslandschaft wegzudenken“, sagt er vor der Jubiläumsveranstaltung.
Wie viele andere zeitgeschichtliche Veranstaltungen des Jahres befassen sich auch die Helmstedter Universitätstage mit dem Jubiläum der Weimarer Republik, die vor 100 Jahren ihren Ursprung hatte und bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten hielt. Die Universitätstage betrachten die erste deutsche Demokratie aus einem besonderen Blickwinkel. Wie stark knüpfte die politische Kultur in Deutschland nach 1945 an die Zeit vor 1933 an? Wie weit trägt der Vergleich zwischen Weimarer und Bonner Republik?
Ergründet werden soll auch, was der Blick auf Weimar über unsere Gegenwart aussagt. „Hält er uns den Spiegel einer akuten Demokratiekrise vor, die unser Gemeinwesens in eine düstere Zukunft begleitet – oder deutet die Attraktivität des Weimar-Vergleichs eher auf eine Spielart der oft beschworenen `German Angst` hin, die eher Hysterie offenbart als Orientierung bietet?“, fragt sich Prof. Sabrow.im Vorfeld der wissenschaftlichen Aufarbeitung während der 25. Helmstedter Universitätstage.
Erste Antworten werden Jugendliche des Gymnasiums Julianum Helmstedt und des Gymnasiums am Bötschenberg Helmstedt geben. Sie präsentieren ihre Ergebnisse im Rahmen der 13. Helmstedter Schüler-Universitätstagen am 19. September um 9 Uhr im Juleum, Collegienstraße 1 in Helmstedt. Ihre Facharbeiten beschäftigen sich ebenfalls mit dem Thema „Auf dem Weg nach Weimar? Demokratie und Krise“. Die Schülerinnen und Schüler tragen ihre Ausarbeitungen öffentlich vor.
Das Programm:
26. September, 19.30 Uhr: Kino-Sondervorstellung „Gundermann“. Kino Roxy Lichtspiele, Nordertor 2, Helmstedt.
27. September, 16.30 Uhr: Begrüßung u.a. mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil.
17.15 Uhr: Einführung durch Martin Sabrow (Potsdam/Berlin) „Warum Weimar? Zur Renaissance einer vergessenen Republik“.
20 Uhr: Musikalische Revue „Die goldenen 20er“ im Brunnentheater Helmstedt. Kartenvorverkauf: Hotline: 0180- 60 50 400 / Internet: www.reservix.de
28. September, 11 Uhr: Vortrag Rüdiger Graf (Potsdam) „Die Republik der Verständnislosen. Das Bild des politischen Gegners in Weimar und heute
12 Uhr: Vortrag Detlef Lehnert (Berlin) „Die Rolle der Sozialdemokratie in der ersten und zweiten deutschen Republik“
13.30 Uhr: Führung zur Helmstedter Universitätsgeschichte mit Marita Sterly .
14.30 Uhr: Vortrag Elke Seefried (München) „Die Erosion der Mitte. Polarisierung und Partizipation im Demokratievergleich“
15.30 Uhr: Vortrag Michael Dreyer (Jena) „ Das Phänomen `Trumpismus` – Ausdruck einer globalen Demokratiekrise?“
17 Uhr: Vortrag Wolfgang Merkel (Berlin) „Ist die `Krise der Demokratie` eine Erfindung?“
18.30 Uhr: Kabarett Sebastian Schnoy „Und plötzlich Demokratie – 70 Jahre Bundesrepublik Deutschland“
29. September, 10 Uhr: Festgottesdienst, St. Stephani-Kirche Helmstedt, Großer Kirchhof. Festpredigt von Prof. Dr. Mathias Wirth (Bern)
3. Oktober, 14 Uhr: Rundfahrt Grenzenlos, ab Zonengrenz-Museum Helmstedt, Südertor 6. Die gesamte Rundfahrt dauert 3½ Std. und kostet pro Teilnehmer 17,50 Euro.
Die bisherigen Themen:
1995: Teilung und Wiedervereinigung
1996: Grenzfall – Auswirkungen und Entwicklungen
1997: Theologie – Grenzenlos?
1998: Grenzen der Vereinigung: Die geteilte Vergangenheit im vereinigten Deutschland
1999: Grenz-Fälle
2000: 10 Jahre Deutsche Einheit – Eine Zwischenbilanz
2001: Heilung durch Wahrheit? Zum Umgang mit der Last der Vergangenheit
2002: Abschied von der Nation?
2003: Der geteilte Himmel – Literatur und ihre Grenzen in der DDR
2004: Kulturen im Konflikt. Die Wiederkehr der Ost-West-Konfrontation
2005: 1990 – eine Epochenzäsur?
2006: Die Krise des Sozialstaats
2007: Umstrittene Erinnerung
2008: Mythos 1968?
2009: Bewältigte Diktaturvergangenheit? 20 Jahre DDR-Aufarbeitung
2010: Leitbilder der Zeitgeschichte – Wie Nationen Ihre Vergangenheit denken
2011: Autobiographische Aufarbeitung – Diktatur und Lebensgeschichte im 20. Jahrhundert
2012: Die Macht der Bilder
2013: Das Jahrhundert der Gewalt
2014: Historische Jubiläen
2015: Die schwierige Einheit
2016: Das Jahrhundert der Parallelbiographien
2017: Glaube und Gewalt
2018: Revolution! Verehrt-verhasst-vergessen
Mehr unter: http://www.universitaetstage.de