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Gründerzeit allein reicht nicht für Denkmalschutz

Moderner Aufbau auf dem Gebäude Jasperalle 59, links und rechts Nachkriegsbauten. Foto: Der Löwe
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Ein moderner Anbau an einem historischen Gebäude der Jasperallee sorgt für Unmut und verlangt nach Aufklärung.

Die Jasperallee hat als gründerzeitliche Hauptachse des Östlichen Ringgebiets eine herausragende Bedeutung in Braunschweig. Viele Gebäude genießen daher Denkmalschutz, aber eben nicht alle. Aktuell erhitzen sich die Gemüter an der Frage, warum an manchen Häusern aus der Gründerzeit, wie dem Jasperallee 59, moderne An- und Aufbauten genehmigt werden. „Das betreffende Haus wird wie alle anderen Wohnhäuser an der Jasperallee zwischen dem Hagenring und der Blücherstraße beziehungsweise An der Paulikirche nicht im Verzeichnis der Kulturdenkmale der Stadt Braunschweig aufgeführt“, lautet die zunächst schlichte Erklärung des Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege.

Aufgabe des Landes

Und die Stadt Braunschweig, die die Baugenehmigung für die aktuellen Bauarbeiten erteilte, teilt auf Anfrage des Löwen mit, dass deswegen das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz keine Anwendung finden konnte. Weil keine bauordnungsrechtlichen Gründe gegen den Bauantrag gesprochen haben, sei die Genehmigung erteilt worden. Die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Braunschweig als ausführende Behörde des Denkmalschutzes sei nicht involviert gewesen, sagt Pressesprecher Rainer Keunecke. Sie erhalte lediglich Bauanträge, die sich auf Denkmale beziehen oder auf Bauwerke, die einem Denkmal unmittelbar benachbart seien. Bauwerke im Blick auf ihren Denkmalcharakter zu untersuchen, zu bewerten und gegebenenfalls unter Schutz zu stellen, sei dagegen Aufgabe des Landes.

Die sogenannten Bremer Häuser sind ein Markenzeichen der Jasperallee. Die Reihe umfasst elf Gebäude. Foto: Der Löwe

Die sogenannten Bremer Häuser sind ein Markenzeichen der Jasperallee. Die Reihe umfasst elf Gebäude. Foto: Der Löwe

Jan Lubitz vom Referat Denkmalinventarisation des Landesamts klärt auf: „Unterschieden wird im Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz zwischen einzelnen Objekten, die entweder aufgrund ihres solitären Charakters oder ihrer individuellen Qualitäten als sogenannte ‚Einzeldenkmale‘ geschützt werden, und ‚Gruppen baulicher Anlagen‘, die als gemeinsames Ensemble unter Denkmalschutz stehen. Im Zuge der Jasperallee befinden sich an mehreren Abschnitten kleinere und größere Gebäudegruppen, die jeweils geschützt sind. Da das Haus Jasperallee 59 für sich genommen kein Einzeldenkmal ist und auch nicht innerhalb einer Gruppe baulicher Anlagen steht, besteht kein spezifischer Schutzanspruch als Kulturdenkmal.“

1.700 Baudenkmäler in Braunschweig

In Braunschweig sind rund 1.700 Baudenkmäler registriert. Ihre privaten oder kirchlichen Eigentümer können, wenn sie sich zu einer Sanierung entschlossen haben, bei der Stadt eine Förderung beantragen. Ein Drittel der Fördersumme steuert bei Zusage jeweils die Richard Borek Stiftung bei. Auf diese Art und Weise wurden bereits Sanierungen an den Häusern Jasperallee 7, 8, 40, 46, 50, 51, 53 und 80 unterstützt.

Diese Gebäude, so erläutert das Landesamt, seien allesamt Mitglieder von Gruppen baulicher Anlagen und somit denkmalgeschützt. Ausschlaggebend für die Aufnahme der Gruppen im Bereich rund um die Paulikirche inklusive der Wohnbebauung um den Olfermannplatz und des östlich davon gelegene Straßenabschnitts bis zum Stadtpark mit einer einheitlichen Straßenrandbebauung waren sowohl die bau- und stadtbaugeschichtlichen als auch die städtebaulichen Qualitäten dieser räumlichen Ensembles.

Der Straßenabschnitt zwischen dem Hagenring und der Paulikirche weise dagegen bauliche und baugeschichtliche Heterogenität auf, was die Aufnahme in den Denkmalatlas Niedersachen verhindert habe, so Jan Lubitz. Einige Gebäude in diesem Abschnitt waren während des Zweiten Weltkriegs durch Bombentreffer zerstört worden, so dass dort heute auch Häuser aus der Nachkriegszeit existieren.

Engagement der Stadt

„Neben den Wallringpromenaden ist die Jasperallee die einzige Straße in Braunschweig, die aufgrund ihrer besonderen Gestaltung unter Schutz steht. Die jüngsten Neupflanzungen der Allee-Bäume zwischen dem Staatstheater und dem Hagenring belegen das Engagement der Stadt, in diese Gestaltqualität auch zu investieren“, unterstreicht Pressesprecher Rainer Keunecke die herausgehobene Stellung der Jasperallee. Ändern werden daran auch vereinzelte, in manchen Augen auch unpassende, moderne Anbauten nichts.

Die Kartierung der Baudenkmale der Stadt Braunschweig sind im Denkmal.Viewer des Denkmalatlas Niedersachsen zu sehen. Er ist unter abrufbar unter:  https://www.geobasisdaten.niedersachsen.de/mapbender_nldviewer/application/denkmalatlas.

Die Jasperallee

Postkarte von der Kaiser-Wilhelm Allee, 1906. Foto: gemeinfrei

Postkarte von der Kaiser-Wilhelm Allee, 1906. Foto: gemeinfrei

Die Jasperallee war unter ihrem ursprünglichen Namen „Kaiser-Wilhelm-Allee“ bereits in dem 1889 von Stadtbaurat L. Winter vorgelegten Plan für das Östliche Ringgebiet vorgesehen. Die Allee führte wie auch heute vom Staatstheater bis zum Prinz-Albrecht-Park. Sie wies eine großzügige städtebauliche Idee auf. Die Vorbilder waren gleichzeitig geplante Berliner Boulevards. Der beidseitig von dreigeschossigen Wohnbauten gesäumte Straßenzug wurde mit zwei Fahrtrassen, Bürgersteigen und einer in der Mitte verlaufenden Baumallee ausgestattet. Bis heute ist die Jasperallee die am großzügigsten angelegte Wohnstraße der Stadt.

Namensgeber Heinrich Jasper (1875-1945). Foto: Wikipedia/gemeinfrei

Namensgeber Heinrich Jasper (1875-1945). Foto: Wikipedia/gemeinfrei

Entsprechend der boulevardmäßigen, großzügigen Gestaltung der Straße selbst sollte auch die sie begleitende anspruchsvolle Wohnarchitektur von hohem Niveau sein. In direkter Anlehnung an den Berliner Kurfürstendamm entstanden mit wilhelminischer Prachtentfaltung Wohnbauten, die, als Etagenwohnungen oder Einfamilien-Reihenhäuser von herrschaftlichem Zuschnitt im Innern und repräsentativem Erscheinungsbild im Äußeren gekennzeichnet sind.

Namensgeber für die 1946 umbenannte Jasperallee ist Heinrich Jasper (1875-1945). Der Sozialdemokrat war Ministerpräsident des Freistaats Braunschweig. Jasper war von den Nationalsozialisten verfolgt und mehrfach in „Schutzhaft“ genommen worden. Er starb als gebrochener Mann im KZ Bergen-Belsen wohl an Flecktyphus.

(Zusammengefasst aus der von der Richard Borek Stiftung geförderten Denkmaltopographie der Stadt Braunschweig.)

Mehr zu dem berühmten Namensgeber Heinrich Jasper erfahren Sie übrigens in Folge 7 unseres Podcasts zu bedeutenden Braunschweiger Persönlichkeiten. Hier gehts zum Podcast.

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