Hans Dorn druckte Buch für Martin Luther
Braunschweigs skurrile Ecken und andere Merkwürdigkeiten, Folge 25: Spuren der Reformation.
In diesem Jahr ist die Erinnerung an Martin Luther 500 Jahre nach der Reformation überall in Deutschland und darüber hinaus präsent. Braunschweig hat dabei sogar einen unmittelbaren Bezug zu Luther. Die älteste Verbindung geht zu einem Drucker, der bereits im Jahre 1518 Luthers Schrift „Sermon von Ablass und Gnade“ druckte. Eines der vom seinerzeit in Braunschweig ansässigen Hans Dorn gedruckten Exemplare ist noch in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel erhalten und kann sogar über das Internet abgerufen werden.
Dorn war nicht nur Formschneider und Buchdrucker, sondern auch Buchhändler. Das älteste gedruckte und noch erhaltene Braunschweiger Buch aus dem Jahre 1506 trägt den Titel: „Dath boke der hilgen Ewangelien. Lectien. Profecien unde Epistelen …“ und befindet sich ebenfalls in Wolfenbüttel. Der Betrieb des Druckers soll sich in der Nähe der Martinikirche am Hohen Tor befunden haben, eine zuverlässige Quelle dafür gibt es jedoch nicht. 1493 wird er namentlich erstmals in der Altstadt erwähnt.
Neben theologischen und medizinischen Abhandlungen druckte Dorn auch sogenannte „Erbauungsliteratur“ und fertigte für die Illustrationen Holzschnitte an.
Bereits in der frühen Schrift Martin Luthers ging es um den Ablasshandel, gegen den er eifrig wetterte. Im 18. Punkt seiner Schrift heißt es dazu: „Zum Achtzehenten: Ab sie Seelen aus dem Fegfeur gezogen werden durch den Ablass, weiss ich nit, und gläub das auch noch nit; wiewohl das etlich neu Doctores sagen, aber ist ihn unmuglich zu bewähren, auch hat es der Kirche noch nit beschlossen. Darumb zu mehrer Sicherheit viel besser ist es, dass du vor sie selbst bittest und wirkest; dann diess ist bewährter und ist gewiss.“ Nehmen wir die Nähe der Druckerei zur Martini-Kirche an, so ist es nur verständlich, dass wir an dieser Kirche auf der Seite zum Altstadtmarkt eine Luther-Figur entdecken.
Der große Reformator in Braunschweig war jedoch Johannes Bugenhagen (1485-1558), der an der „Brüdernkirche“ St. Ulrici seine Antrittspredigt gehalten hat. 1902 enthüllte man zu seinem Gedenken auf dem Platz an der Westseite der Kirche ein Denkmal, geschaffen von Karl Echtermeier und gegossen bei Georg Howaldt in der Hochstraße 21. Der Reformator wurde mit einem weiten Mantel dargestellt, eine Schriftrolle in den Händen. Im 2. Weltkrieg wurde die Statue demontiert und 1970 vor der Ostseite der Brüdernkirche ein neues Denkmal von der Hamburger Bildhauerin Ursula Querner-Wallner aufgestellt. Jetzt hält der Reformator in der rechten Hand eine Bibel. Auch ein Straßenname erinnert an ihn, die Verbindungsstraße zwischen Broitzemer Straße und Kalandstraße.
Doch noch ein weiterer Reformator wirkte für kurze Zeit in Braunschweig: Thomas Müntzer (1489/90 – 1525). Er erhielt 1514 vom Rat der Altstadt die Messpriesterpfründe am Marienaltar von St. Michaelis. Allerdings ließ er sich häufig vertreten und hielt sich 1517/18 bei Luther in Wittenberg auf. Er hielt aber die Kontakte zu seinen Braunschweiger Freunden. Bis 1518 sind mehrfache Aufenthalte von Müntzer in Braunschweig belegt. Obwohl er bereits 1520 Pfarrer in Zwickau wird, behält er bis 1552 die Stelle an St. Michaelis. Als einer der Führer im Bauernaufstand wird er 1525 gefangen genommen und später enthauptet.
Die Reformation in Braunschweig lässt sich aber nicht mehr aufhalten. Bugenhagen führt am 5. September 1528 die Kirchenordnung mit Hilfe des Rates ein, der Fernhändler H. Pelt unterstützt ihn dabei ebenso wie die Mönche von St. Aegidien unter dem Einfluss von G. Kruse und Praedikanten wie H. Lampe sowie Humanisten wie dem Stadtarzt und Dichter Euricius Cordus und B.V. Damm.
Es gab aber auch Ausweisungen von Anhängern Luthers. Predigten in seinem Sinn sind bereits ab 1524 in Braunschweig nachzuweisen. Ab 1526 wurde seine Anhängerschar in Braunschweig ständig größer. In der Adventszeit von 1527 fand eine erste Taufe in deutscher Sprache statt. Alle Teilstädte oder Weichbilde unserer Stadt hielten seit Anfang 1528 Bügerversammlungen ab, die schließlich die Einführung der lutherischen Predigt und die evangeliumsgemäße Abendmahlfeier verlangten. Dem Artikelbrief vom 13. März 1528 der Gemeinden des Hagens und des Altewiek folgte die Neuordnung des Braunschweiger Kirchenwesens.
Ostern 1528 wurde Bugenhagen berufen, seine Kirchenordnung bildete die Grundlage für ein dauerhaftes Kirchenwesen in Braunschweig. Im Juli 1531 trat die Stadt dem Schmalkaldischen Bund bei und war damit auch politisch abgesichert.
Erst Herzog Anton Ulrich erließ 1704 das Recht auf freie Religionsausübung zu. Das hatte zur Folge, dass auch vertriebene Hugenotten nach Braunschweig kamen. Er überließ ihnen die Räume der Herzoglichen Bibliothek im Garten des Grauen Hofes am Ritterbrunnen zu Gottesdiensten.
Die Bartholomäuskapelle – heutiger Eingang in der Schützenstraße – wurde für die Deutsch-Reformierten als Kirche zugelassen, später wurden dort auch die Französisch-Reformierten aufgenommen. Seit 1783 verwendete man ebenfalls das lutherische Gesangbuch, der Landesherr ließ sie gewähren.
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