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Hörgeschädigten Kindern neue Hörwelten erschließen

Jil probiert ihre neue Geige aus – die Elfjährige kann nur dank einer speziellen Hörprothese etwas hören. Foto: Aktion Kindertraum
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Studie „Aus der Stille in den Klang“: Neuer Zugang zur Musik dank eines Cochlea-Implantats.

Kann Musikunterricht hörgeschädigte Kinder mit Cochlea-Implantat, einer speziellen Hörprothese, befähigen, besser und klangvoller zu hören? Können Sie so einen Zugang zur Musik bekommen, ein Instrument erlernen und möglicherweise sogar mit gemeinsam anderen musizieren? Und hat das einen positiven Einfluss auf die weitere Entwicklung hörgeschädigter Kinder? Diese und viele weitere Fragen wollen Ricarda Gorny und Mareike Dröge, zwei Stipendiatinnen der Kroschke Kinderstiftung, bei der wissenschaftlichen Begleitung der Studie „Aus der Stille in den Klang“ klären.

Pressekonferenz mit Musikproduzent Mousse T. (Mitte), Botschafter des Projekts „Aus der Stille in den Klang“, den beiden Stipendiatinnen Ricarda Gorny und Mareike Gorny und der elf Jahre alten Jil (ganz links). Foto: Aktion Kindertraum

Pressekonferenz mit Musikproduzent Mousse T. (Mitte), Botschafter des Projekts „Aus der Stille in den Klang“, den beiden Stipendiatinnen Ricarda Gorny und Mareike Gorny und der elf Jahre alten Jil (ganz links). Foto: Aktion Kindertraum

„Es geht darum, dass Kinder, die taub geboren sind und ein Cochela Implantat bekommen haben, über eine ganz neuartige Form des Instrumentalunterrichts Schwingungen und Melodien wahrnehmen, die sie sonst vielleicht niemals wahrnehmen könnten“, sagte Ute Friese von der „Aktion Kindertraum“ bei der Vorstellung des Projekts in Hannover. Sie hat das Projekt initiiert, unter anderem unterstützt von der Kroschke Kinderstiftung.

Klavier und Geige besonders geeignet

Die Idee zu dem ungewöhnlichen Vorhaben hatte die Musikpädagogin und Musikwissenschaftlerin Elena Kondraschowa. Sie hat für hörgeschädigte Schülerinnen und Schüler einen Instrumentalunterricht entwickelt, der diesen einen Zugang zur Musik und der auditiven Wahrnehmung von Tönen und Klängen ermöglichen soll. Rhythmische Elemente, Tonarten oder Charaktereigenschaften von Musikstücken werden mit Hilfe unterschiedlicher methodischer Elemente gemeinsam mit den Kindern erarbeitet und praktisch am Instrument umgesetzt. Besonders eignen sich dafür Klavier und Geige.

Am Klavier lässt sich gut erklären, was ein Klang bedeutet und wo sich Töne finden. An beiden Instrumenten können die Kinder die Schwingungen der Saiten nicht nur hören, sondern auch körperlich fühlen, sie nehmen Musik mit allen Sinnen wahr. „Durch den Einsatz der Geige steigert sich die Effektivität des Cochlea-Implantats um ein Vielfaches“, ist sich Elena Kondraschowa sicher. „Den Kindern werden völlig neue Hörwelten erschlossen.“ Sie geht davon aus, dass die Wahrnehmung von Musik auch die Wahrnehmung von Umweltgeräuschen und der Sprache fördert und unterstützt.“

Zwölf Kinder beteiligt

Prof. Anke Lesinski-Schiedat zeigt das Cochlea-Implantat, eine spezielle Hörprothese mit einem intelligenten Chip. Foto: Aktion Kindertraum

Prof. Anke Lesinski-Schiedat zeigt das Cochlea-Implantat, eine spezielle Hörprothese mit einem intelligenten Chip. Foto: Aktion Kindertraum

Um dies zu belegen, haben die Initiatoren Wissenschaftlerinnen mit ins Boot geholt. Mit dabei ist Prof. Anke Lesinkski-Schiedat, ärztliche Leiterin des Deutschen HörZentrums. Sie kann sich gut vorstellen, dass die Möglichkeit, differenzierter zu hören, durch das Spielen eines Instruments durchaus steigt. „Je mehr das Hörorgan in der Kindheit gefordert ist, desto besser ist das für die Reifung des Gehirns“, betont sie. Auch Dr. Barbara Eßer-Leyding, Leiterin des Cochlear Implant Centrums Hannover, steht den Initiatoren mit ihrem Fachwissen zur Seite. Sie wünscht sich, dass ein derartiges Projekt langfristig von den Krankenkassen unterstützt wird.

Die beiden Stipendiatinnen, die an der Leibniz Universität in Hannover Sonderpädagogik studieren, wollen überprüfen, welche Auswirkungen der Musikunterricht auf die Entwicklung hörgeschädigter Kinder hat. Sie haben dafür Fragebögen und Testmaterialien entwickelt. Im Fokus stehen dabei zwölf Kinder im Alter von neun bis elf Jahren, die die Hartwig-Claußen-Schule in Hannover besuchen, eine Förderschule Schwerpunkt Hören. Alle tragen ein Cochlea-Implantat, vier Kinder nehmen am Geigenunterricht teil, vier am Klavierunterricht und vier bilden die Kontrollgruppe. Die Studie läuft im Schuljahr 2021/22. Ricarda Gorny und Mareike Dröge wollen in ihren Bachelorarbeiten auch zeigen, welche neuen Perspektiven sich durch den Musikunterricht für das Leben der Kinder eröffnen.

Mit dabei ist die elfjährige Jil, die im Alter von zehn Jahren ein Cochlear Implantat bekam – und dadurch jetzt wieder hören kann. Sie kann es kaum abwarten, Geigenunterricht zu bekommen und bei dem Projekt „Aus der Stille in den Klang“ mitzumachen. Manchmal probiert sie schon jetzt das Instrument hinter verschlossener Tür aus und vielleicht kann sie tatsächlich einmal gemeinsam mit anderen musizieren. Denn schließlich geht es nicht nur um besseres Hören, sondern auch um die Integration dieser Kinder in die Welt der Hörenden.

Fakten

Die Kroschke Kinderstiftung vergibt Stipendien an Studierende von Fachhochschulen und Universitäten. Im Fokus steht dabei die künstlerisch-therapeutische Förderung. Ziel ist es unter anderem, dass die Studierenden wissenschaftlich überprüfen, wie nachhaltig ausgewählte Projekte sind, die von der Kroschke Kinderstiftung gefördert werden.

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