„Im Quartier St. Leonhard wird die Zukunft der sozialen Großstadt gelebt“
Das für Braunschweig städtebauliche und soziale Leuchtturmprojekt von der Richard Borek Stiftung und der Borek Immobilien GmbH & Co. KG wurde mit der offiziellen Einweihung abgeschlossen.
Vierzehn Jahre nach der Unterzeichnung der Absichtserklärung ist das Quartier St. Leonhard Realität geworden. Mit der offiziellen Einweihung im in der nördlichen Stallscheune untergebrachten Theatersaal fand das Bauprojekt mit fünf neuen und zwei denkmalgerecht sanierten Gebäuden seinen feierlichen und würdigen Abschluss. Erste Einrichtungen waren bereits 2019 eröffnet worden. Das für Braunschweig städtebauliche und soziale Leuchtturmprojekt wurde von der Richard Borek Stiftung und der Borek Immobilien GmbH & Co. KG mit Partnern realisiert. Entscheidend für die Nutzungskonzeption des Quartiers St. Leonhard war die Vision von Ursula Hellert, der ehemalige Gesamtleiterin des CJD Braunschweig. Stefan Drees von Feddersen Architekten aus Berlin oblag der bauliche Entwurf.
Zu neuem Leben erweckt
„Was lange währt, wird endlich gut. Es war eine sehr lange Zeit von der ersten Idee bis heute, aber es ist dafür auch sehr gut geworden. Drei gemeinnützige Braunschweiger Träger, die Richard Borek Stiftung, die Evangelische Stiftung Neuerkerode (esn) und das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands (CJD), haben mit ihrem Impuls und ihrer Energie das jahrzehntelang ungenutzte Areal gegenüber der Braunschweiger Stadthalle vor dem weiteren Verfall bewahrt und zu neuem Leben erweckt. Die innovative Idee basiert auf der Verknüpfung von generationsübergreifendem Wohnen, Leben und Arbeiten in Verbindung mit sozialen Angeboten. Im Quartier St. Leonhard wird die Zukunft der sozialen Großstadt gedacht und gelebt. In Anlehnung an die historische Tradition von St. Leonard”, sagte Oberbürgermeister Thorsten Kornblum. Der erste Spatenstich hatte im Juni 2017 stattgefunden.
Braunschweigs erstes integratives Stadtviertel
Im Quartier St. Leonhard finden Menschen generationsübergreifend eine unterstützende Nachbarschaft, auch wenn sie mit Einschränkungen leben. Diese Vernetzung ist in ihrer inklusiven und intergenerativen Vielfalt einmalig. Gemeinsam entwickelten die Partner mit Tagesklinik, Diakoniestation, stationärem und betreutem Wohnen sowie Tagesförderung mit Werkstätten für Menschen mit Einschränkungen sowie Wohnungen neben Internat und internationaler Kita Braunschweigs erstes integratives Stadtviertel.
„Das Projekt St. Leonhard ist nicht nur meine Sache gewesen, sondern auch vieler anderer. St. Leonhardt war vor allem eine Angelegenheit von Frau Hellert, die dieses Leuchtturmprojekt, wie sie es erstmalig nannte, entwickelte, vorantrieb und vor allem mich überzeugte. Es war die Angelegenheit von Pastor Becker, der mit esn als zukünftiger Mieter helfend einsprang, als das Projekt zu scheitern drohte“, erinnerte Richard Borek sen. an bedeutende Weggefährten. Er strich zudem die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Borek Immobilien, insbesondere Projektleiter Christopher Hundertmarck heraus.
Durch den sozialen Schwerpunkt wird zudem an die ursprüngliche, mittelalterliche soziale Nutzung des Areals als Siechenhospital im 16. Jahrhundert angeknüpft. Zum Gesamtquartier gehört auch die namensgebende St. Leonhard-Kapelle aus dem 12. Jahrhundert. Sie ist nach dem Dom Braunschweigs zweitältestes noch erhaltenes Bauwerk in der Stadt. Mit dem ehemaligen Verwalterhaus, das heute Teil der Hans-Georg-Karg-Grundschule ist, gibt es noch ein weiteres denkmalgeschütztes Gebäude im Viertel. Die Schule ergänzt dazu den generationsübergreifenden Anspruch des Projekts.
„Das Zusammenleben im Quartier ist inklusiv, interkulturell und intergenerativ. Es gestaltet die Entwicklung sozialen Kapitals.“ Tobias Henkel, esn-Vorstand
„Sollen diese Beziehungen funktionieren, müssen die Bewohnerinnen und Bewohner, müssen die Akteure sich gegenseitig wertschätzen und gedeihlich für den gemeinsamen Erfolg arbeiten und gemeinsam die Zukunft gestalten wollen. Das Quartier St. Leonard ist dafür ein hervorragendes Beispiel. In Anlehnung an die Tradition von St. Leonard als Lebensort werden Aspekte wie Inklusion, Bildung und Teilhabe unter fachlichen Aspekten neu interpretiert. Das Zusammenleben im Quartier ist inklusiv, interkulturell und intergenerativ. Es gestaltet die Entwicklung sozialen Kapitals“, lobte esn-Vorstand Tobias Henkel.
Unverwechselbare Identität
„Das ist ein ganz toller Moment für mich als Architekt. In einem Theater zu sprechen, das man selbst gebaut hat, das ist tatsächlich ein Höhepunkt in meinem Architekten-Leben. Wir sind auf einen Investor, auf einen Bauherrn gestoßen, der sich hat auch auf Kurs halten lassen. Es gibt auch andere Beispiele. Wir sind glücklich, dass ein Ensemble aus Alt und Neu entstanden ist, das in seiner in seiner besonderen Eigenart unverwechselbar ist”, erläuterte Stefan Drees.
Als letzte Mosaiksteine des Quartiers St. Leonhard fügen sich das LOT-Theater und das Theaterpädagogische Zentrum ein. Das LOT-Theater wurde 1996 als zeitgenössisches freies Theaterhaus für die regionale Kulturszene gegründet. Aus der Zusammenarbeit mit der Evangelischen Stiftung Neuerkerode ist bereits unter anderem das Festival „Wechselblick“ entstanden, das Kunst von Menschen mit Beeinträchtigungen zeigt. Seit mehr als 20 Jahren spielen Menschen mit körperlicher und geistiger Beeinträchtigung Theater im „Theater Endlich“ der esn. Im Quartier St. Leonhard hat es nun eine neue feste Bühne samt Probenräumen.
Mehrwert für die Stadtgesellschaft
„Die kulturelle Landschaft der Stadt erfährt eine massive Aufwertung, nicht zuletzt durch den inklusiven Ansatz, der hier gelebt wird”, sagte Martin von Hoyningen Huene, Leiter des LOT-Theaters und des Theater Endlich. Das Zusammenwirken mit den anderen im Quartier angesiedelten sozialen Einrichtungen habe bereits begonnen. Es entstehe ein Mehrwert nicht nur im Quartier, sondern für die gesamte Braunschweiger Stadtgesellschaft mit Symbol und Signalkraft über Stadt und Region hinaus ins Land.