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Immer wieder Streit um die Residenz am Bohlweg

Das wiederaufgebaute Schloss. Foto: Braunschweig Stadtmarketing GmbH
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Elf Fachvorträge zu „Stadt und Schloss – eine (Braunschweiger) Beziehungsgeschichte“ am 7. und 8. November im Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte.

Unter dem Titel „Stadt und Schloss – eine (Braunschweiger) Beziehungsgeschichte“ richtet das Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte (IBR) in seinen Räumen am Fallersleber-Tor-Wall 23 in Braunschweig ein umfassendes Symposium zur herzoglichen Residenz in Braunschweig aus, wie es das in dieser Form bislang noch nicht gab. Während der zweitägigen Veranstaltung werden elf Fachvorträge mit einer Dauer von jeweils rund 30 Minuten gehalten, die das breite Spektrum der ehemaligen Residenz abbilden, beginnend mit dem „Grauen Hof“ am Bohlweg bis zum Entstehen des Erinnerungsorts „Schlossmuseum“. Der Eintritt ist frei und eine Anmeldung nicht erforderlich.

Die Fachvorträge (siehe unten) beschäftigen sich mit allen Epochen Braunschweigs als Residenzstandort sowie mit Themen aus den Bereichen der Politikgeschichte, der Kunstgeschichte, der Bau- und Architekturgeschichte sowie zur Geschichte höfischer und materieller Kultur. Eine Publikation der Ergebnisse im Rahmen eines wissenschaftlichen Sammelbandes wird angestrebt. Das Symposium wird von der Richard Borek Stiftung gefördert. Zu Beginn wird es ein Grußwort von Oberbürgermeister Thorsten Kornblum geben.

„Das Anliegen der Tagung ist es, die ambivalente Beziehungsgeschichte Braunschweigs als Residenzstandort zwischen Stadt und Landesherren auf dem Stand der aktuellen Forschung zu beleuchten“, erläutert Prof. Dr. Thomas Scharff, geschäftsführender Leiter des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte an der Technischen Universität Braunschweig. Dies schließe regional- und landeshistorische Forschungsperspektiven mit explizitem Bezug zu Braunschweig ebenso ein wie eine Einordnung in die Ergebnisse und aktuellen Debatten einer weiter gefassten vergleichenden Residenz- und Hofforschung.

Politisch und kulturell prägend

Die Herausbildung fester Residenzstädte sei eine der wesentlichen politischen und kulturellen Signaturen der Übergangszeit zwischen europäischem Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Für die sich verfestigenden Territorien und den ambivalenten Prozess der vormodernen Staatsbildung sei die kontinuierliche Präsenz des Fürsten vor Ort sowohl politisch als auch kulturell prägend gewesen, so Thomas Scharff.

Im Falle Braunschweigs sei die Geschichte der Residenzbildung und des Braunschweiger Residenzschlosses bis zur Gegenwart besonders wechselhaft und geprägt von Konflikten mit der traditionell starken Stadtgesellschaft. Aufgrund der gewonnenen Unabhängigkeit Braunschweigs regierten die welfischen Herzöge das Fürstentum seit 1432 von ihrer neuen Residenz in Wolfenbüttel aus. 1671 unterwarf Herzog Rudolf August die Stadt, doch trotz der 1717 begonnenen Baumaßnahmen für eine neue herzogliche Residenz am Bohlweg verlegten die Herzöge ihre Residenz erst 1754 offiziell zurück nach Braunschweig. 1830 brannte der Bau während der Erhebung der Bürgerschaft gegen Herzog Karl II. bis auf seine Grundmauern nieder. Der klassizistische Neubau des Schlosses wurde 1841 fertiggestellt.

Auch in der Neuzeit und bis in das 21. Jahrhundert bewegte die ehemalige Residenz die Gemüter. Die politischen Kontroversen um den Schlossabriss 1960 und den Wiederaufbau 2007 wurden so heftig geführt wie zu keinem anderen Thema nach dem Zweiten Weltkrieg. Zeugnis darüber wird nicht zuletzt im, das Symposium abschließende, Referat über die Berichterstattung in den lokalen Medien abgelegt.

Fachvorträge

7. November

10.30 Uhr: Prof. Dr. Thomas Scharff (Braunschweig). Wie alles begann. Die Zisterzienser in Riddagshausen und der Graue Hof im Mittelalter.
11.15 Uhr: Dr. Carmen Reimann (Wolfenbüttel). Wissen und Raum. Die Rekonstruktion der Bibliothek Elisabeth Sophie Maries von Braunschweig-Wolfenbüttel.
12.15 Uhr: Prof. Dr. Hiram Kümper (Mannheim). Abgesunken „ins Nichts“? Die Folgen der Residenzverlegung 1754 für Wolfenbüttel
14 Uhr: Dr. des. Sebastian Mönnich (Braunschweig). „Das Palais bedeut nicht viel.“ Der Graue Hof in der Residenzlandschaft von Braunschweig-Wolfenbüttel 1671–1753
14.45 Uhr: Dr. Heidi Mehrkens (Aberdeen). Von Helden, Schurken und Mythen: Die Braunschweiger Revolution und der Schlossbrand 1830.
15.45 Uhr: Dr. Bernd Wedemeyer (Braunschweig). Vom Herzogsschloss zum Kulturschloss – Geschichte der braunschweigischen Residenz.
16.30 Uhr: Dr. Henning Steinführer (Braunschweig). Das Braunschweiger Schloss. Eine Landesgeschichte in Stein und Erz.

8. November

10.15 Uhr: Prof. Dr. Klaus Meyer (London, Ontario). Das Residenzschloss als Bühne: der 18. Oktober 1931 in Braunschweig und seine Folgen.
11 Uhr: Dr. Thomas Kubetzky (Braunschweig). Das Schloss in der NS-Zeit.
12 Uhr: Helga Berendsen, M.A. (Braunschweig) Erinnerungsort Residenzschloss – ein Partizipationsprojekt im Schlossmuseum Braunschweig
13.30 Uhr: Prof. Dr. Michael Grisko (Braunschweig). Von Eisenbahnverkehr zum „Rotary-Action-Day“. Das Residenzschloss im Spiegel der lokalen Berichterstattung.

Fakten zum Schloss

1717: Herzog August Wilhelm erbaut ein Schloss („Grauer Hof“) als Nebenresidenz.
1830: Wütende Volksmenge brennt das Schloss wegen „sozialer Spannungen“ ab.
1831: Hofbaumeister Carl Theodor Ottmer baut für Herzog Wilhelm das neue Residenzschloss.
1918: Novemberrevolution – Herzog Ernst August dankt ab.
1920 – 1934: Kultur im Schloss: Museum für fürstliche Kultur, Museum für Volksbildung, Kammerspielbühne des Landestheaters.
1935 – 1944: Schloss als SS-Junkerschule.
1944: Teilweise Zerstörung durch Bomben.
1945 – 1960: Wiederaufbaupläne scheitern an Zuständigkeiten zwischen Land und Stadt.
1959: Rat der Stadt beschließt den Abriss mit zwei Stimmen Mehrheit.
1960: Proteste gegen den Abriss. Einige Teile wurden nicht endgültig zerstört, sondern in einer Tongrube vergraben.
1963 – 2005: Schlossareal wird als Park genutzt.
2004: Mit einer Stimme Mehrheit wird der Wiederaufbau des Schlosses in Zusammenhang mit dem Einkaufszentrum Schloss-Arkaden beschlossen.
2007: Schloss wird eingeweiht. 75 Prozent der Fläche werden für Kultur genutzt. Etwa 650 Originalteile wurden verwendet. Portikus und Freisäulen bestehen zu 90 Prozent aus Altsteinen.
2008: Die Quadriga kehrt zurück.

Mehr Informationen:

www.der-loewe.info/wie-das-residenzschloss-zurueck-in-die-mitte-der-stadt-kam
www.der-loewe.info/despotische-willkuerherrschaft-endete-in-schlossbrand
www.der-loewe.info/neues-standardwerk-ueber-das-residenzschloss-erschienen
www.der-loewe.info/auf-einen-klick-alles-uebers-schloss

Videos:
www.der-loewe.info/braunschweigische-spaziergaenge
www.der-loewe.info/als-waere-es-nie-weg-gewesen

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