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Junge Leute lernen altes Handwerk

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Die Jugendbauhütte Niedersachsen-Ostfalen in Helmstedt hat unter dem Dach der Deutschen Stiftung Denkmalschutz einen starken Start hingelegt.

Das war ein schwerer Schlag für den Denkmalschutz in Helmstedt: Die historische Mauer um das Kloster St. Ludgeri stürzte auf einer Länge von 30 Meter völlig unerwartet ein. Die Not war groß in jenen Märztagen des Jahres 2021, doch die Rettung nahte in Form von sechs jungen Leuten in ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr und ihrem kompetenten Ausbilder. Der erste Jahrgang der Jugendbauhütte Niedersachsen-Ostfalen, in Helmstedt beheimatet, war zur Stelle und packte unterstützend mit an. Mittlerweile haben die Arbeiten am Fundament sowie erste Maurer- und Steinmetzarbeiten begonnen. „Es wird noch zwei weitere Jahre dauern, bis die Klostermauer wieder steht“, sagt Karl-Heinz Broska, Initiator und Leiter der Jugendbauhütte Niedersachsen-Ostfalen. Im nächsten Frühjahr wird sich also auch der mittlerweile zweite, im Einsatz befindliche Jahrgang unter Anleitung von Hanno Ahlsen, Pädagoge und Restaurator aus Hildesheim, weiter mit dem Wiederaufbau beschäftigen.

Ausbildungsleiter Hanno Ahlsen und Karl-Heinz Broska vom Ortskuratorium Helmstedt begrüßen den zweiten Jahrgang. Foto: Ortskuratorium Helmstedt

Alle Hände voll zu tun

Eine grundsätzlich positive Bilanz zieht Karl-Heinz Broska über den Start der nunmehr 17. Jugendbauhütte in Deutschland unter dem Dach der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Das neue Projekt, das zweite in Niedersachsen neben Stade, hat sich im Braunschweiger Land schnell einen guten Namen gemacht, wenn es um Denkmalschutz geht. Die sechs jungen Leute hatten alle Hände voll zu tun. Wesentliche Aufgaben waren neben dem Wiederaufbau der Klostermauer die Restaurierung des Haus Scheepers in Königslutter, der Bau eines Tretkranes für das Landesmuseum in Braunschweig, die Reparatur der Turmuhr des Rittergutes in Luklum und die Lehmarbeiten im Kronprinzenpalais in Wolfenbüttel.

Fokus auf das Haus Scheepers

Ihre Nachfolger, ebenfalls drei junge Frauen und drei junge Männer, werden sich schwerpunktmäßig um das Haus Scheepers kümmern, das Eigentum der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) ist. Im Januar soll das Nutzungskonzept für das restaurierte Gebäude in trockene Tücher gewickelt werden, mit am Tisch auch die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz als Eigentümerin des Kaiserdoms. Denn im Kern soll es um eine Touristen-Information mit Schwerpunkt Kaiserdom gehen. Denkbar ist für die obere Etage, die Einrichtung von Unterkunftsmöglichkeiten für junge Leute, die im AWO-Psychatriezentrum arbeiten.

Die Freiwilligen können der Tradition der mittelalterlichen Bauhütten folgend gemeinsam arbeiten, lernen und leben. „Es ist gelungen, unsere Jugendbauhütte rasch bekannt und beliebt zu machen. Wichtig war uns dabei, nicht nur an einem Ort tätig zu sein, sondern sichtbar zu werden in unserer ganzen Region Ostfalen“, freut sich Initiator und Leiter Karl-Heinz Broska über den gelungenen Start. Es gibt bereits eine Reihe von neuen Anfragen für das kommende Jahr. Durch die Initiative des Ortskuratoriums Helmstedt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, in dem sich Broska gleichfalls engagiert, konnte in Niedersachsen neben Stade eine zweite Jugendbauhütte installiert werden. Gewöhnlich ist pro Bundesland lediglich eine Jugendbauhütte vorgesehen.

Kulturhistorisch reiches Erbe

Gute Laune garantiert: der 2. Jahrgang der Jugendbauhütte Niedersachsen-Ostfalen. Foto: Ortskuratorium Helmstedt

„Ostfalen ist eine geschichtsträchtige Region mit einem reichen kulturhistorischen Erbe. Die Bandbreite reicht von mittelalterlichen Fachwerkbauten bis hin zu wegweisender Architektur des Wirtschaftswunders. Im Mittelalter war die Region am Harz Stammland deutscher Kaiser und Könige. Pfalzen, Burgen Schlösser und eine Vielzahl von Klöstern und Kirchen sind erhalten“, erläutert Karl-Heinz Broska, warum es nicht so schwer war, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zu überzeugen, dass eine zweite Jugendbauhütte in Niedersachsen sinnvoll ist. Der frühere Unternehmer Broska hatte zuvor bereits einige Privatinitiativen für den Denkmalschutz unternommen und freut sich, jetzt auch institutionell seine Heimatregion unterstützen zu können.

Die jungen Leute der Jugendbauhütte Niedersachsen-Ostfalen sind in Helmstedt in einer Wohngemeinschaft in einem renovierten Trakt des leerstehenden früheren Hotels Petzold untergebracht und erhalten Verpflegung sowie Taschengeld. Sie alle kamen nach ihrem Schulabschluss und suchen nach Orientierung, welchen beruflichen Weg sie einschlagen wollen. Tendenz: Handwerk, Architektur, Restaurierung. Unter ihnen sind Absolventen aller Schularten. Unter der Obhut der Jugendbauhütte Niedersachsen-Ostfalen lernen sie altes Handwerk kennen und setzen diese überlieferten Techniken praktisch ein. Neben der täglichen Arbeit in den unterschiedlichen Tätigkeiten, die in der Denkmalpflege relevant sind, runden Seminare das Jahr ab. Für Organisation und finanzielle Regelungen inklusive der Sozialversicherung sind die Internationalen Jugend-Gemeinschaftsdienste mit Sitz in Hildesheim zuständig.

Die bisherigen Projekte der Jugendbauhütte Niedersachsen-Ostfalen:

Scheepers‘ Haus in Königslutter: Bei dem Anwesen handelt es sich um eine Hofanlage mit einer wechselvollen Geschichte, die bereits 1549 als Hofstelle im Erbregister Erwähnung fand. Bis Mitte des letzten Jahrhunderts wurde die Hofanlage als Schlachterei genutzt. Aus dieser Zeit ist die originale Ausstattung aus gestalteten Kacheln, Aufhängevorrichtungen und einer Holkassettendecke unverändert erhalten. Die erste Bauphase mit der Sanierung der Dächer und Nebengebäude ist erledigt.

Pop-up-Cafè, Aalto Week Wolfsburg: Für die Alvar Aalto Week 2022 wurde im Alvar-Aalto-Kulturhaus ein Pop-up-Café errichtet. Die Entwürfe stammen von Innenarchitektur-Studierenden der Hochschule Hannover, die Anfertigung des Mobiliars übernahmen die Freiwilligen der Jugendbauhütte.

Kronprinzenpalais in Wolfenbüttel: Das Kronprinzenpalais in Wolfenbüttel ist ein barocker Bau mit einer wechselvollen Baugeschichte. Die Jugendbauhütte beteiligt sich an der Restaurierung und hilft bei der Fertigstellung von zwei Räumen durch Lehmputzarbeiten und der Restaurierung von Türen und Stuck.

Kirchturmuhr in Lucklum: Im Kirchturm der Gutskirche befindet sich eine etwa 1911 gefertigte Turmuhr. Ein Uhrmacher zerlegte die Uhr mit den Freiwilligen der Jugendbauhütte in ihre Einzelteile. Gemeinsam wurden sie mit Bürstchen, Lappen und fettlösenden Mitteln sorgfältig gereinigt. Glücklicherweise war der Zustand der einzelnen Bestandteile so gut, dass alle im Original erhalten bleiben konnten und keine Teile ersetzt werden mussten.

Klostermauer St. Ludgeri in Helmstedt: Aktuelle Untersuchungen haben ergeben, dass Einwirkungen von Feuchtigkeit im Sockelbereich über einen sehr langen Zeitraum und die seit einigen Jahren vorhanden Unterschiede der Geländehöhen beiderseits der Mauer zum Umsturz geführt haben. Nach Ermittlung des erforderlichen Sanierungsaufwandes und der daraus resultierenden Kosten, fiel dann die Entscheidung, die historische Klostermauer wieder aufzubauen. Mit Unterstützung der Freiwilligen der Jugendbauhütte wurde das eingestürzte Steinmaterial für die spätere Wiederverwendung sortiert und auf Paletten zwischengelagert. Die originalgetreue Rekonstruktion dauert an.

Mittelalter-Kran in Braunschweig: Die vom Braunschweigischen Landesmuseum konzipierte Dauerausstellung „Bruneswic anno 1221“, beinhaltet einen Tretkran nach mittelalterlichem Vorbild. Eine Zimmerei errichtete diesen in Kooperation mit den Freiwilligen und ihrem Fachanleiter. Sie hobelten, sägten, und verzapften mit traditionellen Holzverbindungen.

Kontakt:

DSD Ortskuratorium Helmstedt
Alter Schwanefelder Weg 21
38350 Helmstedt

E-Mail: info@jugendbauhuette-ostfalen.de

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