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Lokale Hilfe in Braunschweig für Menschen in Not

Ein Plastikschwein als Symbol für ein Vorzeigeprojekt: Bernd Husung (rechts) als Vorsitzender, Christa Dobberphul (Schatzmeisterin) und ihr Mann Manfred gehören dem Vorstand der Schweinekasse an. Foto: Karsten Mentasti
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Mit der Schweinekasse wird in Timmerlah ein alte Institution ganz neu interpretiert.

Keine Frage, der Begriff „Schweinekasse“ schreit natürlich geradezu nach Erläuterung. Tatsache ist aber, dass in Timmerlah durch den Sozialverein mit diesem Namen seit Beginn der Coronakrise schon fast 11.700 Euro für in Not geratene Bürger aus dem Stadtteil, lokale Naturschutzzwecke und zur Finanzierung örtlicher Einrichtungen ausbezahlt wurden. Und das ist ein höchst anerkennenswerter Zweck des Vereins mit der sonderbaren, aber immerhin sehr auffälligen Bezeichnung.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 28.03.2021 (Bezahl-Artikel)

In der Innenstadt würde wohl niemand einen Sozial- oder überhaupt einen Verein so nennen. Im eher dörflichen Timmerlah aber ist dieser Begriff wohlbekannt, er stammt von einer früheren solidarischen Versicherungsgemeinschaft, durch die einst Privatleute – nicht Bauern! – ihre einzelnen oder wenigen Schweine versicherten.

Wer also sein rosa Borstentier durch Krankheit oder Feuer oder ähnliches verlor, musste nicht Not leiden, obwohl er später keine Wurst, kein Fleisch und keinen Schmalz von dem Tier essen und vermarkten konnte – so berichtet es Bernd Husung, Vorsitzender des Vereins Schweinekasse seit dessen Neugründung vor 14 Jahren. Die Schweinekasse Nummer eins war in den 1930er-Jahren gegründet und in Timmerlah 1972 aufgelöst worden. „Solche Versicherungen gab es überall auf den Dörfern im damaligen Landkreis“, sagte Husung. 50 Pfennig hätten die Tierbesitzer pro Monat bezahlt, ergänzt er.

Natürlich gibt es auch heute den Bezug zum Schwein – der Name ist also mehr als nur lokale Tradition. Aktuell rund 400 Mitglieder, die Mehrzahl über 50 Jahre alt, zahlen 24 Euro Beitrag im Jahr, die Hälfte wird auf ein Konto für Veranstaltungen gebucht, die andere aber geht an die Sozialkasse des Vereins. Von dem einen Konto wird unter anderem immer im November ein zünftiges Schlachtefest in einer Scheune gefeiert – „urig und cool“, sagt Husung. Außerdem gibt es Radtouren und eine Mehrtagesfahrt. Jedenfalls dann, wenn kein Corona herrscht.

Über die Verteilung des Geldes im Sozialtopf entscheidet der Sozialausschuss des Vereins, dessen Vorsitzender Manfred Dobberphul ist. Der frühere Bezirksbürgermeister erklärt: „Laut Satzung ist grundsätzlich jeder Timmerlaher unterstützungswürdig“, ein formloser Antrag mit Begründung genügt, den Antrag kann, aber muss nicht der Nutznießer selber stellen. Empfangsberechtigt sind Personen genauso wie Einrichtungen, oder es werden Vorhaben unterstützt, von denen die Bewohner des Stadtteils profitieren. Dennoch sind rund ein Drittel der Mitglieder der Schweinekasse nicht in Timmerlah ansässig und unterstützen dennoch gern das Konzept.

„2020 haben wir eine Rekordsumme von mehr als 10.000 Euro ausgezahlt. In den gesamten ersten zwölf Pandemie-Monaten haben wir bis zum 15. März allein drei Personen mit insgesamt 5000 Euro geholfen, die wegen Corona finanziell stark in Bedrängnis geraten waren“, verdeutlicht Dobberphul.

Dazu gab es auch Zuschüsse beim Tod eines Ehepartners, für die Operation einer Katze, für die Anschaffung eines Bauwagens im Kindergarten und den Bücherschrank im Ortskern sowie zur Beschaffung von Nistkästen für eine ins Leben gerufene Umwelt-AG.

„Die Schweinekasse ist ein gutes Beispiel dafür, dass jeder einzelne mit wenig Geldeinsatz viel bewirken kann“, sagt Dobberpful. Er wünscht sich Nachahmer von Timmerlahs sozialem Vorzeigeprojekt.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 28.03.2021 und erreichbar unter: https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article231907397/Lokale-Hilfe-in-Braunschweig-fuer-Menschen-in-Not.html (Bezahl-Artikel)

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