Nichts verstaubt nach 600 Jahren
Das Martino-Katharineum feiert als Braunschweigs ältestes Gymnasium ein bemerkenswertes Jubiläum und erntet Lob für seine Modernität.
Das Martino-Katharineum ist Braunschweigs ältestes Gymnasium und feiert in diesem Jahr mit Stolz, Engagement und Einfallsreichtum sein 600-jähriges Bestehen. Am 24. Februar 1415 unterzeichnete Papst Johannes XXIII. im Rahmen des Konzils von Konstanz die Gründungsurkunde für zwei städtische Lateinschulen, das Martineum und das Katharineum. Seit 1828 sind beide aber nun schon vereint. Der Bindestrich im Namen Martino-Katharineum (MK) macht`s deutlich. Das MK zählt mit dieser weit zurückreichenden Geschichte zu den traditionsreichsten Schulen Deutschlands.
Das heutige MK mit rund 900 Schülerinnen und Schülern lebt aber keineswegs nur von seiner Historie, sondern überzeugt mit ausgeprägter Modernität. Aktuelle Stichworte dazu lauten: Umweltschule in Europa, Partnerschule des Leistungssports für Volleyball und Hockey, Partnerschaften zu Schulen in den USA, Mexiko, Japan und Frankreich, Partnerschaften zu Wissenschaftseinrichtungen, zu Unternehmen und zur Allianz für die Region. Das MK ist weltoffen und trotzdem fest verankert in Braunschweig. Ein Ausflug auf die aktuellen und gut gepflegten Internetseiten des MK ist zur Bestätigung dieser These empfohlen.
Dort findet sich auch das komplette Jubiläumsprogramm mit zentralem Festakt, Musik-Revue, Theaterstück, einem Hörstück durch die MK-Geschichte, einer besonderen Sportschau, Sommerfest, Weihnachtsgottesdienst und vielem mehr. Bei allem spielen übrigens Schülerinnen und Schüler die Hauptrollen. Bei so viel Engagement müssen sie ihre Schule wohl sehr mögen. Bei der Finanzierung der langanhaltenden Festlichkeiten haben eine ganze Reihe von Freunden, Förderern und Sponsoren geholfen, darunter auch die Richard Borek Stiftung.
Historiker Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel, Leiter des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte an der TU Braunschweig (IBR), wertet die Schulgründung vor 600 Jahren als ein herausragendes Ereignis bürgerschaftlicher Initiative zur städtischen Bildungspolitik. „Am Ende des 14. Jahrhunderts gab es in Braunschweig drei kirchliche Lateinschulen. Diese Schulen waren zur Ausbildung späterer Priester bestimmt. Wie in anderen Städten auch, sollten aber noch zusätzlich stadteigene Lateinschulen entstehen. Deshalb bat man den Papst, deren Einrichtung zu genehmigen“, erklärt Biegel den geschichtlichen Hintergrund (Vortrag 18. Februar, 19 Uhr, Aula des MK).
Auch Braunschweigs Stadtpatriziat habe seinerzeit die Notwendigkeit erkannt gehabt, seiner Jugend eine an den Aufgaben von Wirtschaft und Handel orientierten Ausbildung zu ermöglichen. Das habe mit der expandierenden städtischen Wirtschaft und der wachsenden politischen Macht des städtischen Bürgertums zusammengehangen. Die Pläne des Rates, bürgerliche Lateinschulen zu gründen, stießen auf erbitterten Widerstand der Geistlichkeit, die eine ernsthafte Gefährdung ihres Bildungsmonopols ebenso wie nicht unerhebliche wirtschaftliche Vorteile gefährdet sah, so Biegel.
Vergeblich, wie wir heute wissen. Mit dem Jubiläum 2015 bietet sich, so sagt Schulleiter Manfred Wildhage, die Möglichkeit einer reflektierten Standortbestimmung in der Gegenwart. Dabei soll deutlich werden, dass sich Tradition und Innovation nicht wiedersprechen, sondern sich im Sinne eines zukunftsfähigen gymnasialen Profils ergänzten. Er sagt: „In einer schnelllebigen Bildungsgesellschaft sind wir auch in Zukunft gut beraten, den Kern von Schule nicht aus den Augen zu verlieren.“
Wildhage meint damit guten Unterricht, Förderung von Talenten, vertrauensvollen Umgang zwischen Lehrern und Schülern, Eltern, die die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer unterstützen. Daran ist nichts verstaubt, das alles sind für ihn Faktoren für Stabilität und Kontinuität in Zeiten der schulischen Veränderung. Für das MK stellt der Schulleiter fest: „Bei uns steht immer der Mensch im Mittelpunkt. Ganz so, wie es im Leitbild unserer Schule steht: virtuti-humanitati-pietati.“
Lob und Anerkennung gibt es zum Jubiläum von vielen Seiten. So meint Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth, einst selbst MK-Schüler, dass es dem MK in der jüngeren Vergangenheit gelungen sei, seinen exzellenten Ruf als Gymnasium nicht nur zu festigen, sondern sich zu einer noch leistungsstärkeren, moderneren Schule zu entwickeln. Und für den Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil ist das MK ein Gymnasium, das in der Schullandschaft von Stadt und Umland hohes Ansehen genießt und eine besondere Stellung innehat – nicht zuletzt auch oder gerade wegen seines ausgezeichnet guten Schulklimas. So etwas hört ein Schulleiter natürlich gern.
Zurück zur Geschichte: Das MK war nicht von Anfang an der Breiten Straße beheimatet. Dorthin zog es erst 1869, als ein Neubau fertiggestellt worden war. Zunächst lagen die noch getrennten Schulen in der Nähe von St.-Martini-Kirche und St.-Katharinen-Kirche – daher auch die Namensgebung. In der Bombennacht vom 15. Oktober 1944 wurde das Schulgebäude schwer getroffen und beschädigt. Der Wiederaufbau dauerte bis in die Mitte der 1950er Jahre. Für den Aula-Neubau wurde das noch heute prägende, historische Martins-Portal aus den Trümmern des ebenfalls zerstörten alten „Martineums“ wieder errichtet. Es steht gleichsam die lange Geschichte der Schule.
Das Stadtmarketing Braunschweig würdigt das fraglos herausragende Jubiläum mit einer bemerkenswerten Plakatserie. Darin werden bedeutende Persönlichkeiten, die einst das MK besuchten, aktuellen Schülern gegenübergestellt. Unter dem Titel „Einer von uns“ symbolisieren Komponist Louis Spohr (1784-1859), Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) der Mathematiker Carl Friedrich Gauß (1777-1855) und Lehrer Konrad Koch (1846-1911), der das Fußballspiel in Deutschland einführte, die immense Tradition und auch Bedeutung. Die Schülerinnen und Schüler von heute verdeutlichen Lebhaftigkeit und Modernität, die Braunschweigs älteste Schule heute auszeichnen.
Informationen:
http://mk-braunschweig.de/mk600/start/
http://www.braunschweig.de/kultur/veranstaltungen/blickpunkte/bsm_artikel/2015-02-24_mk600-Startseite.html
Ausstellung:
Stadt – Schule – Kirche: Martino-Katharineum 1415-2015
Ausstellung in der Martini-Kirche und im Altstadtrathaus
Dienstag, 24.Februar bis Mittwoch, 22.April 2015