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Ölschiefer birgt Zeugnisse der Urzeit

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Die Dr. Scheller Stiftung ermöglicht paläontologische Grabungen des Naturhistorischen Museums Braunschweig nahe Schandelah und entwickelt einen neuen Geopunkt.

Der übergeordnete Geopark Harz.Braunschweiger Land.Ostfalen hat mit dem neuen Geopunkt Schandelah weiter an Bedeutung gewonnen. Der Fund eines Ichthyosauriers hat das Grabungsgelände im Landkreis Wolfenbüttel in den Fokus der Paläontologen gerückt. Der Ölschiefer von Schandelah gilt unter Paläontologen als besonders bedeutsam, weil er die Lebewelt des Jurameers aus einer Zeit von vor etwa 180 Millionen Jahren hervorragend konserviert hat.

Dr. Ralf Kosma ist der Grabungsleiter des Staatlichen Naturhistorischen Museums Braunschweig. Er erklärt, warum das Gebiet bei Schandelah für die Forschung so wertvoll ist: „Dort treten auf einem ganz schmalen Streifen von nur wenigen 10er Metern die Schichten oberirdisch zu Tage, die wir unter die Lupe nehmen wollen, in denen wir weitere hochkarätige urzeitliche Fossilien erwarten.“ Die Grabungen werden insgesamt mehrere Jahre dauern, unterbrochen nur in den Wintermonaten.

Das für Paläontologen so verheißungsvolle Areal erstreckt sich von Norden einige Kilometer hinter der Autobahn A2 bis nach Süden an den Ortsrand von Schandelah. „Nur dort sind die  Meeresablagerungen aus der Zeit des unteren Jura gut zugänglich. Die Schicht taucht danach nach Westen unter tiefere Sedimentschichten bis hin zu mehreren 100 Metern ab. Nach Osten, so erläutert Dr. Ralf Kosma, stiegen die Schichten einst vor Jahrmillionen an, wurden aber von den Gletschern während der Kaltzeit abgeschliffen, so dass dort heutzutage nichts mehr zu finden ist.

Der Geopark, der sich mit Schandelah nunmehr in acht Geotope gliedert, ist einer von sechs deutschen, die von der UNESCO anerkannt sind. Experten trauen dem Geopark sogar die Qualität eines Weltnaturerbes zu. Von denen existieren in Deutschland lediglich zwei: das Wattenmeer und die Grube Messel. Der hiesige Geopark bietet einen erstklassigen Überblick über die wechselhafte Erdgeschichte der vergangenen 400 Millionen Jahre. Jetzt mit Schandelah liegen gleich acht  „Nationale Geotope“ liegen im Geoparkgebiet.

Prof. Dr. Ulrich Joger, Leiter des Naturhistorischen Museums, hat die Verantwortung für die Grabungen übernommen, nachdem die Dr. Scheller-Stiftung das Grundstück der ehemaligen Gemeindegrube Schandelah gekaufte hatte. Er schätzt die Geologie hier im Braunschweiger Land als sehr vielseitig. „Wir haben hier den größten Geopark Deutschlands und einen der größten Europas. Der Geopark umfasst zu einem Großteil das Braunschweiger Land. Wir sind hier also in der Pflicht, der Welt zu zeigen, wie vielfältig die Geologie ist. Man sagt sogar, auch in internationalen Fachpublikationen, das ist hier die Quadratmeile der Geologie. Also eine Möglichkeit ganze Zeitalter in Windeseile durchlaufen und erfassen zu können.“

Die Grabungen in Schandelah sind ermöglicht worden durch eine breite Allianz von Unterstützern, zu denen auch die Braunschweigische Stiftung zählt, und privaten Spendern. Zurückzuführen sind die aktuellen Arbeiten auf die private Initiative von Dr. Rüdiger Scheller. „Ich bin hier in der Gegend groß geworden und habe schon als Junge hier nach Fossilien gesucht. Ich hatte schon immer ein Faible für Fossilien. Deswegen habe ich einen Teil des Familienvermögens in die Stiftung eingebracht, um meinem Hobby eine Grundlage zu schaffen. Zunächst habe ich Projekte unterstützt, aber dann dachte ich, dass ich etwas selbst machen und realisieren möchte“, meint er. Mit den Ausgrabungen in Schandelah war der Zeitpunkt gekommen. Privatsammler hatten dort bereits im Laufe der vergangenen Jahrzehnte erstaunliche Funde gemacht.

Der jetzt entdeckte Ichthyosaurier hat Dr. Rüdiger Scheller bestärkt. Seine Stiftung will den Geopunkt Schandelah weiter zu einem öffentlichen und in Kooperation mit der Bürgerstiftung Braunschweig schulisch nutzbaren Lern- und Erfahrungsort zu den Themenfeldern Urgeschichte, Natur, Lebenswelt und regionale Heimat ausbauen. „Nach dem Motto `Saurier vor der Haustür` sehen wir den Außerschulischen Lernort Schandelah als eine ungewöhnliche, aber hervorragende Möglichkeit Kenntnisse zur Urgeschichte an Schülerinnen und Schüler zu vermitteln. Sie können so hautnah erleben wie unsere Welt vor rund 180 Millionen Jahren aussah“, begründet Ulrich Deissner als Vorstandsvorsitzender das Engagement der Bürgerstiftung.

Nach den paläontologischen Untersuchungen soll das Gelände in ursprünglicher Form renaturiert und Rückzugsort für bedrohte heimische Tier- und Pflanzenarten werden. Ziel ist es, damit nachhaltigen Tourismus zu fördern und die regionale Identität zu stärken.

Weitere Informationen: http://geopunkt-schandelah.de/

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