Projekt 1913 als Erfolgsmodell
Gute Kritiken und der Wunsch nach weiteren Themenjahren – Neue Ausstellung zum Einzug des Herzogspaares vor 100 Jahren.
Es gab Skeptiker. Sie fragten: Kann man mit heimatlichen Geschichtsthemen überhaupt noch Menschen begeistern? Ja, eindeutig! Das Themenjahr „1913 – Braunschweig zwischen Monarchie und Moderne“ hat die Antwort gegeben. Für Professor Dr. h.c. Gerd Biegel, Direktor des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte an der Technischen Universität Braunschweig, steht das Projekt „1913“ als gelungenes Beispiel für Geschichtsvermittlung. Er regt sogar an, auch zukünftig Themenjahre als wissenschaftliche und bürgerschaftliche Projekte zu realisieren.
„Das Themenjahr 1913 machte deutlich, dass die Beschäftigung mit braunschweigischer Geschichte lohnend ist und dass emotionale Momente braunschweigischen Selbstverständnisses fassbar wurden. Im Diskurs vielfältiger Perspektiven wurde eine wichtige Phase braunschweigischer und niedersächsischer Geschichte erschlossen und einem breiten Publikum nähergebracht“, lobt Biegel bilanzierend.
Das Themenjahr, unterstützt von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, der STIFTUNG NORD/LB • ÖFFENTLICHE und der Richard Borek Stiftung, neigt sich, allerdings mit einem weiteren Höhepunkt, dem Ende zu. Am 3. November 1913, rund fünf Monate nach der glanzvollen Hochzeit im Berliner Schloss, zogen Ernst August von Braunschweig-Lüneburg und Kaisertochter Victoria Luise als neues Regentenpaar in Braunschweig ein. 100 Jahre später wird dieses Datum mit der Ausstellung „Braunschweig im Jahr 1913“ im Städtischen Museum gewürdigt.
Gezeichnet wird ein Bild der Stadt Braunschweig im Jahr 1913. Im Mittelpunkt steht der Tag, an dem das Herzogspaar von breiten Schichten der Braunschweiger Bevölkerung in seiner Residenzstadt herzlich empfangen wurde. Weitere Ausstellungsbereiche werden sich Industrie und Wirtschaft in Braunschweig zu Anfang des 20. Jahrhunderts sowie Kultur und Wissenschaft widmen. Die Ausstellung dauert bis zum 5. Januar 2014.
Richard Borek, Sponsor des Themenjahres „1913 – Braunschweig zwischen Monarchie und Moderne“, ist schon jetzt mit der regionalen und nationalen Beachtung des Themenjahres 1913 sehr zufrieden. Zunächst sei lediglich an eine große Ausstellung mit Vortragsreihe zum 100. Jahrestag der Hochzeit zwischen Victoria Luise und Ernst August gedacht gewesen. Wegen vielfältiger Widerstände habe sich dann das große Konzept mit dem viel breiteren Spektrum an Ereignissen entwickelt.
„Und zwar noch bevor das Buch von Florian Illies erschien“, bemerkt Borek, der nur bedauert, dass durch den breiten politischen Diskurs die Hochzeit an sich als großes gesellschaftliches und kulturelles Ereignis zu sehr in den Hintergrund geraten sei. Immerhin werden Objekte und Konzeption der Ausstellung des Schlossmuseums auf Reisen gehen – ins niederländische Museum Haus Doorn. Der Herrensitz war seit 1920 das Exil des ehemaligen deutschen Kaisers Wilhelm II.
Für Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann ist der regionale Ansatz des Themenjahres 1913 den Fragen der Skeptiker zum Trotz gar das Erfolgsgeheimnis schlechthin, warum Ausstellungen, Konzerte, Führungen, Lesungen und Podiumsdiskussionen so gut ankamen beim Publikum. Dem Magazin „VIERVIERTELKULT“ der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz sagte Dr. Hoffmann: „Durch manche europäische Entwicklungen gibt es geradezu eine Renaissance der heimatgebundenen Regionen, der Bewahrung ihres historischen und kulturellen Erbes und die entschlossene Vertretung dieser Interessen gegenüber den höheren Einheiten. Und ich denke, diese Entwicklung wird sogar noch stärker.“
Gerhard Glogowski, Ehrenbürger der Stadt und Vorstandsvorsitzender der STIFTUNG NORD/LB • ÖFFENTLICHE, sieht durch das Themenjahr die Erinnerungskultur im Braunschweigischen Land weiter gestärkt. „Das Jahr 1913 in seiner historischen Bedeutung insgesamt und die Hochzeit von Victoria Luise und Herzog Ernst August sind es fraglos Wert, betrachtet zu werden.“ Er merkte allerdings an, dass sich durch die Hochzeit für die Menschen in Braunschweig nichts änderte und auch nicht alle jubelten am 3. November 1913. „Insbesondere die Arbeiter führten ein beschwerliches Leben, es gab starke soziale Verwerfungen in jener Zeit. Insofern ist mir die Ausstellung `Herrlich moderne Zeiten` im Landesmuseum besonders gut in Erinnerung, weil sie diesen Aspekt nicht ausblendete“, sagt Glogowski.