Raus aus dem Mittelmaß deutscher Städte
Braunschweigs früherer Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann feiert heute in Gifhorn seinen 75. Geburtstag.
Knappe dreizehn Jahre lang, von November 2001 bis Juli 2014, war Dr. Gert Hoffmann Oberbürgermeister Braunschweigs. Er prägte die Stadt in seiner Amtszeit nachhaltig. Er veränderte das Image Braunschweigs von dem einer „grauen Maus“ hin zu einem prosperierenden und weit über die Landesgrenzen hinaus respektierten Standort, insbesondere für Wissenschaft und Forschung. Am heutigen 1. März wird der in Berlin geborene Hoffmann, dessen Durchsetzungskraft und Visionen Braunschweig über das Mittelmaß der deutschen Städte hinaus hob, 75 Jahre alt. Eine große Feier wird, der Corona-Pandemie geschuldet, ausfallen.
Hoffmann lebt mit seiner Ehefrau in Gifhorn, gönnt sich seit der Pensionierung vor rund sieben Jahren häufiger eine Runde Golf oder einen Ausflug in den Harz. Im Urlaub muss er nicht mehr ständig SMS oder WhatsApp-Nachrichten verschicken oder empfangen. Er freut sich, wenn er Kinder und Enkelkinder sehen kann und schippt, wenn auch mit mäßigem Enthusiasmus, Schnee vom Gehweg vor dem Haus. So soll Ruhestand ja auch aussehen. Eigentlich.
Weiter in Ehrenämtern aktiv
Auf Dauer wäre das für einen wie Hoffmann natürlich viel zu öde. Selbstverständlich hat er sich nicht zurückgezogen aus dem gesellschaftlichen Leben der Stadt Braunschweig. Das passt ja auch gar nicht zu seinem Naturell. Seine Expertise ist weiterhin an vielen Stellen gefragt, und findet er schon gut, wenn er auch bisweilen über ein Zuviel klagt. Aktuell ist er als Vorstandsmitglied der Richard Borek Stiftung und als Kuratoriumsmitglied der Braunschweigischen Stiftung ehrenamtlich engagiert. Außerdem ist er Ehrenvorsitzender der Gesellschaft der Freunde des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches. Und dazu kommt das ein oder andere Beratermandat. Von 2004 bis 2017 war er Präsident der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, der er wichtige Impulse gab und zu deutlich mehr Wahrnehmung verhalf. An deren Wohlergehen ist er unverändert stark interessiert ist.
„Kraft seiner Persönlichkeit ist Dr. Gert Hoffmann unbestritten ein herausragender Repräsentant der kommunalen Selbstverwaltung in Niedersachsen gewesen“, lobte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), als er dem CDU-Politiker Hoffmann die Niedersächsische Landesmedaille, die höchste Auszeichnung, die das Land zu vergeben hat, überreichte. Der letzte Braunschweiger vor ihm, dem diese Ehre zu Teil wurde, war mit Otto Bennemann (1968), ebenfalls ein ehemaliger Braunschweiger Oberbürgermeister (SPD). Die Anerkennung seiner Leistungen, die nicht in allen politischen Lagern geteilt wird, hat sich Hoffmann erarbeitet und verdient. Und sie macht ihn stolz.
Viele Projekte angeschoben
Der Verwaltungsjurist eröffnete Braunschweig in seiner Ära nachhaltige Zukunftsperspektiven. Mit der Konsolidierung der städtischen Finanzen durch Sparprogramm und Privatisierungen, dem Titel Stadt der Wissenschaft 2007, dem Ausbau des Forschungsflughafens zu einem der führenden Verkehrscluster Europas, der Modernisierung des Eintracht-Stadions, der Rekonstruktion des Residenzschlosses, der Gründung der Braunschweigischen Landessparkasse und der Stärkung der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg gelangen ihm bemerkenswerte Erfolge, deren Wirkung noch viele Jahre positiv zu spüren sein werden.
In Städterankings vorn dabei
In Städterankings während seiner Amtszeit belegte Braunschweig nationale und internationale Spitzenplätze. Beim European Regional Innovation Scoreboard 2006 kam die Stadt wie auch Stuttgart und Karlsruhe in die Top Ten. Eine Studie der Nord/LB bescheinigte Braunschweig 2007 die stärkste Zugkraft als Einzelhandelsstandort in Niedersachsen. Beim Städteranking der WirtschaftsWoche 2008 belegte die Stadt insgesamt den zehnten Platz in Deutschland, beim Dynamikranking sogar Platz sechs.
Die wichtigsten Themen aus seiner Zeit als Braunschweiger Oberbürgermeister beschreibt Hoffmanns in seinen Erinnerungen „Von Irrwegen in die Verantwortung“ breiten Raum ein. In dem im Klartext-Verlag erschienenen Buch schildert er darüber hinaus seine wichtigsten Lebensstationen, Beweggründe für politische Positionen und Entscheidungen sowie Begegnungen mit bedeutenden Persönlichkeiten.
Der berufliche Weg führte Hoffmann nach dem Jura-Studium in Göttingen 1976 nach Hemmoor bei Cuxhaven. Dort wurde er Samtgemeinde- und Gemeindedirektor. 1981 wechselte er als Stadtdirektor nach Gifhorn. Nach der Wende wirkte er von 1991 bis 1994 als erster Regierungspräsident im Regierungsbezirk Dessau. Danach arbeitete Hoffmann als Anwalt, ehe er 2001 zum Braunschweiger Oberbürgermeister gewählt wurde.