Raus aus dem Teufelskreis
Der deutsch-polnische Hilfsverein „Poldeh“ bietet Suchtberatung in der Muttersprache an.
Das umfassende Sozialprogramm des deutsch-polnischen Hilfsvereins „Poldeh“ in Braunschweig gilt als Alleinstellungsmerkmal in Niedersachsen. Das Angebot geht weit über das normale Maß an Traditions- und Kulturpflege hinaus. Nirgendwo sonst gibt es eine solch breite Palette an Hilfsangeboten für Familien, Kinder und Menschen in sozial schwierigen Situationen. Eine spezielle Förderung durch die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (SBK) erfährt aktuell die „Suchtberatung in Muttersprache“. Die Vereinsvorsitzende Justyna Stefaniak-Gbogbo und ihre Stellvertreterin Anna Bertram engagieren sich gerade in diesem Bereich sehr stark.
„Wir wollen unsere suchtkranken polnischen Mitbürger aus dem Teufelskreis befreien. Weil wir sie in ihrer Muttersprache erreichen, bekommen wir natürlich leichter Zugang zu ihnen. Häufig werden wir von Krankenhäusern, Institutionen oder Ämtern angerufen und um Unterstützung gebeten, weil es einfach sprachliche Barrieren gibt. Es ist aber auch so, dass sich unser Hilfsangebot in der polnischen Gruppe der Region herumgesprochen hat und einige Betroffene sich überwinden und von selbst zu uns kommen. Die Hemmschwelle ist für diese Menschen deutlich niedriger als bei deutschen Institutionen“, berichten die beiden ehrenamtlich tätigen und aus Polen stammenden Frauen.
Anna Bertram, die von Beruf Sozialarbeiterin ist, und Justyna Stefaniak-Gbogbo, die als Dolmetscherin fungiert, haben ein funktionierendes Netzwerk für ihre suchtkranken Landsleute aufgebaut. Neben der akuten Hilfe, wurde eine Selbsthilfegruppe eingerichtet. Mit Josef Grzyb (Wolfsburg) zählt auch ein Psychiater dazu, der in polnischer Sprache behandeln kann. Und in der Klinik in Warstein werden Suchtkranken ebenfalls in polnischer Sprache betreut. Betroffene können sich auch an Ansprechpartner in Salzgitter und Wolfsburg wenden.
„Es sind oft enttäuschte Hoffnungen, Arbeitslosigkeit und mangelnde Integrationsfähigkeit“, die die Betroffenen in die Sucht, meistens ist es Alkohol, treibt. Und hinter der Sucht kommt ein Rattenschwanz an Problemen, wissen Justyna Stefaniak-Gbogbo und Anna Bertram nur allzu gut. So stehen sie beispielsweise mit dem Frauenhaus in engem Kontakt und sind bereit, rund um die Uhr zu reagieren.
In der Region leben etwa 15.000 Polen. Sie sind die größte Migrantengruppe hierzulande. Der Verein Podeh dient grundsätzlich der Integration polnischer Mitbürger in die deutsche Gesellschaft. Er beschäftigt sich mit den sozialen, rechtlichen, psychologischen und pädagogischen Problemen polnischer Zuwanderer in Braunschweig und Umgebung. Das Ziel ist die Verbesserung der Integration. Bei Poldeh sind rund zehn Mitglieder ehrenamtlich in das Hilfsangebot eingebunden. Der Verein zählt rund 100 Mitglieder. Er finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen, Förderungen und Zuschüssen.
Zu den Partnern zählen auch das polnische Generalkonsulat in Hamburg, das polnische Kompetenzzentrum beim polnischen Sozialrat in Berlin, das Lukas-Werk, das Büro für Migrationsfragen in Braunschweig, die Arbeiterwohlfahrt und die Caritas. Neben der Suchtberatung werden unter anderem Hilfe in familiären Angelegenheiten, bei Behördengängen, Sprachförderung und Nachhilfe für Schulkinder, aber eben auch die Pflege von polnischen Traditionen angeboten.
Kontakt: poldeh.hilfsverein@web.de