Reden ist der erste Schritt
Projekt „Stärkung der Elternkompetenzen“ soll Hemmschwellen abbauen.
Im Braunschweiger Stadtteil Heidberg leben viele Familien mit Migrationshintergrund. Es sind vor allem Menschen, die familiäre Wurzeln in Polen oder Russland haben. „Viele Mütter und Väter aus dieser Bevölkerungsgruppe leben zwar schon lange im Heidberg, sie sind aber nicht in Deutschland zur Schule gegangen. Sie wachsen erst mit ihren Kindern in das deutsche Bildungssystem hinein.“ Und damit wachsen manchmal auch die Probleme. Das weiß Alena Timofeev. Sie ist Koordinatorin des Integrativen Stadtteil-Projekts „Heidberg AKTIV“ der AWO. Ein Baustein im vielfältigen Programm ist das Projekt „Stärkung der Elternkompetenzen“, das seit nunmehr gut einem Jahr bestens im Heidberg angenommen wird.
Alena Timofeev weiß wovon sie spricht. Sie lebt selbst im Heidberg, ihr familiärer Hintergrund ist russisch geprägt. Sie hat einen Unterschied im Umgang mit Problemen bei vielen ihrer Landsleute festgestellt: „Sich Hilfe zu holen ist ein Tabu. Ich weiß auch nicht genau woran es liegt, aber viele haben Hemmungen, sich Rat zu holen. Über Probleme wird mitunter gar nicht gesprochen oder sie sollen, wenn überhaupt, innerhalb der Familie beredet werden.“
Insofern sei diese aufsuchende Elternarbeit vor Ort sehr wichtig. Und da sie selbst seit 2004 im Heidberg wohnt, kann sie unkompliziert Kontakte herstellen, Menschen ansprechen, bevor sich eine Auffälligkeit wie zum Beispiel ADS oder ADHS verselbständigt hat.
Das Projekt splittet sich in zwei Bausteine auf: Zum einen gibt es einmal im Monat einen Gesprächskreis. Ein Experte referiert dabei zu einem Thema. Eine Mitarbeiterin der Erziehungsberatungsstelle hat zum Beispiel über Regeln und Konsequenzen im Umgang mit Grundschülern gesprochen. Die Veranstaltung löste offenbar bei einer Mutter die Bedenken, sich Probleme mit den Kindern einzugestehen und sich an fachkundiger Stelle zu offenbaren. Hernach suchte sie sogleich den Kontakt, konnte entsprechend weitervermittelt werden. Die Polizei setzte mit Verkehrs- sowie Mediensicherheit einen anderen Themenschwerpunkt. So sieht Alena Timofeev sich und den kleinen Pavillon in der Stettinstraße 1 auch als Drehscheibe der Kontaktvermittlung. Viele hätten Schwierigkeiten mit Anträgen zur Lernförderung, für das schulische Mittagessen oder für Kostenzuschüsse für die Kita. Auch da hilft Timofeev weiter.
Zudem gab es Vorträge zum deutschen Bildungssystem mit Schwerpunkt „Übergang zu den weiterführenden Schulen“, zur sinnvollen Förderung von Zweisprachigkeit und zur Erziehung zur Selbständigkeit. Zwei Mal auch in russischer Sprache, diese Vorträge wurden besonders gut angenommen.
„Ganz wichtig sind mir auch Kooperationen“, sagt Alena Timofeev. So konnte sie den Stephanus-Kindergarten mit ins Boot ihres Ziels holen, Barrieren abzubauen: Dort gibt es nun ein Mal im Monat eine offene Elternsprechstunde der Erziehungsberatungsstelle für alle Eltern mit Kindern im Kindergartenalter. „Das ist ganz toll, dass die Mitarbeiter zu uns in den Heidberg kommen. Denn für manche würde der Weg in die Stadt zur Erziehungsberatung schon eine Hürde darstellen.
Zweiter Baustein des Projekts sind gemeinsame Aktionen: Basteln, backen, kochen, Ausflüge machen. Gefördert wird das Projekt „Stärkung der Elternkompetenzen“ von der Richard Borek Stiftung.
Kontakt über awo.heidberg-aktiv@gmx.de
oder 0531/28 50 98 44