Schön schräg verschroben
Theaterkollektiv Märchenonkel inszeniert Landschaftsspaziergang „Die Dame vom See“.
Wie ist das eigentlich, wenn wir eine Einladungskarte zu einem Fest aus dem Briefkasten fischen? Zum 60. von Onkel Peter zum Beispiel. Bricht dann einzig und allein die schiere Freude aus, weil Onkel Peter unser Herzensonkel ist, mit dem man immer alles bequatschen konnte, was bei den Eltern zu gewissen Lebensabschnittszeiten vielleicht weniger ratsam war? Oder rattert vielleicht auch dieses im Kopf ab: Was ziehe ich an, kreisch!? Was nur schenken, Panik?! Hoffentlich kommt Tante Dingsda nicht, bittebitte!? Was kann ich nur sensationell Köstliches fürs Büffet zaubern, mmhhh?! Kurz gesagt: Stress pur. Und das Fest tritt in den Hintergrund, versackt in den Nebeln einer völlig überfrachteten, leer drehenden Vorbereitungshysterie.
Dies ist vielleicht der thematische Kern eines theatralen Landschaftsspaziergangs am Braunschweiger Dowesee. Auf den Weg macht sich das Theaterkollektiv Märchenonkel mit Gästen von 6 bis 99 Jahren. Geladen hat nicht der Onkel und auch keine Tante, sondern „Die Dame vom See“. „Es geht nicht darum, die größte Torte, das teuerste Geschenk und das extravaganteste Outfit zu präsentieren, du bist nicht eingeladen, um den kompliziertesten Tanz und die effektvollste Feuershow vorzuführen. Du bist geladen, um herrlich menschlich zu sein.“
So steht es auf der Einladungskarte. „Wir wollen mit diesem Spaziergang gesellschaftliche Zwänge aufzeigen und brechen“, erläutert Märchenonkelin Johanna Abrams im Vorgespräch. Häufig sei es ja so, dass das Wesentliche eines Festes, nämlich das beisammen sein, das intensive Reden, das Miteinander bei Tanz und Spiel, völlig verdrängt werde von so unwesentlichen Details wie: Wer hat den schärfsten Fummel an? Wer die originellste Verpackung fürs Geschenk fabriziert? „Die Dame vom See bittet Dich nur, dass Du kommst. Dass Du kommst, in eine fremde Welt – die doch nicht fremd ist!“, heißt es weiter auf der Einladungskarte.
Ohne zu viel zu verraten: ein bisschen fremdeln wird der ein oder andere „Mitläufer“ schon, wenn das Augapfelwesen das ein oder andere Auge wohin auch immer wirft. Oder man befürchten muss, dass sich die Gebende Geranie vor Begeisterung ins Blumentöpfchen macht . . . Schön schräg verschroben und märchenhaft lustwandlerisch soll der anderthalbstündige Weg mit diesen Wesen(tlichen) um den See werden. Ein schillerndes Spiel mit Erwartungen und Wünschen und Sehnsüchten, die ein jeder mit an das Ufer des Sees bringt. Und wenn es regnen sollte, auch nicht so schlimm, findet Rike Breier vom Theaterkollektiv: „Der Dowesee ist einfach toll. Das Ambiente ist immer anders. Wenn der Wind den See wellt oder die Regentropfen auf dem Wasser tanzen, da sieht man alles immer wieder neu und anders.“ Und am Schluss? Wird es ein Fest geben? Man wird sehen, aber ist der Gedanke gemeinsam aufzubrechen nicht auch schon ganz schön festlich.
Der theatrale Landschaftsspaziergang „Die Dame vom See“ ist ein Projekt des Theaterkollektivs Märchenonkel in Kooperation mit dem Förderverein Kultur unter Glas. Märchenonkel sind: Johanna Abrams, Rike Breier und Lisa Weymanns.
Mehr unter www.theater-märchenonkel.de
Aufführungen am Freitag, 16.9., jeweils um 17.30 Uhr sowie Sonnabend, 17.9., und Sonntag, 18.9., jeweils um 15 Uhr im Schul- und Bürgergarten Dowesee.
Tickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen oder unter www.konzertkasse.de.
Tickets für 10 Euro/ermäßigt 5 Euro. Schulklassen oder Gruppen ab zehn Personen zahlen nur 3 Euro pro Ticket.
Gefördert von der Stadt Braunschweig, dem Freundeskreis der Heinrich Böll Stiftung, dem Förderverein des Schul- und Bürgergartens am Dowesee und der Biologiestation Dowesee und Die Braunschweigische Stiftung.
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