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Sind Computerspiele besser als Bücher?

Direktorin Prof. Dr. Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss baut mit der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel ein Gaming-Netzwerk auf. Foto: BA
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Die Internationale Tagung „Spiele – unendliche Vielfalt der Optionen“ der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel öffnete den Blick in Richtung Zukunft. Aufgezeigt wurden die Potenziale der digitalen Spiele- und Konsolenwelt für Kulturinstitutionen.

„Spiele sind besser als Bücher“. Diese verwegene These stellte Peter Lee, Referent der Internationalen Tagung „Spiele – unendliche Vielfalt der Optionen“, die die Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel aus ganz Deutschland in der Schünemannschen Mühle veranstaltete, auf. Aber auch die auf Lee folgenden Experten – ein Who is Who der digitalen Spiele- und Konsolenwelt – gewährten an zwei Tagen einen spannenden Einblick, welche Rolle das Gaming in der Vermittlung Kultureller Bildung zukünftig einnehmen kann. Und welche Potenziale Computerspiele besitzen.

Peter Lees Wertevergleich Spiele/Bücher klingt wie eine Provokation. Vor allem angesichts der Tatsache, dass sich unter den 32 Kursteilnehmern vorrangig Mitarbeiter von Kreis- und Stadtbibliotheken, deutschen Universitäten und Fachhochschulen, Kultur-, Kunstvereinen, Museen (zum Beispiel das Jüdische Museum Berlin und das Bayrische Nationalmuseum), Schulen und Berufsbildungszentren befanden.

Doch der Gründer und Leiter des südkoreanischen Spielentwicklers „Nolgong“ weiß, wovon er spricht, schließlich erfand er das Spiel „Being Faust – Enter Mephisto“. Es ist ein Alternate Reality Game, ein physisches Spiel angereichert mit Online und Social Media Elementen, basierend auf Faust von Johann Wolfgang von Goethe. Weltpremiere feierte die Interaktive Theaterinstallation, die für das Goethe-Institut entwickelt wurde, am 1. September 2014 in der Seoul Metropolitan Library.

„Bei dieser Form des Spielens reden die Menschen miteinander, spielen, gehen herum, treffen wichtige Entscheidungen, sind böse und zeigen Emotionen. Lernen erfolgt wie auf einem Markt“, nennt Lee die Vorzüge derartiger Spiele – und bezeichnet seine Schulzeit in Seoul mit Frontalunterricht und Abfragen als furchtbar. Lernen erfolgt spielerisch. „Und alles was die Leute in diesem Spiel tun, ist auch Realität.“ Übrigens: Vor Goethes Faust beschäftigte sich der Südkoreaner mit Georg Orwells „1984“ und Leo Tolstois „Anna Karenina“, der Titel hier: „Tolstoi fragt“.

Außer Lee konnte die Bundesakademie für Kulturelle Bildung mit Eli Neiburger, (Assistant Director der Ann Arbour District Library in Michigan und Erfinder des „National Gaming Day“ in den USA), Kelvin Autenrieth (Gamesentwickler und Erfinder von „BibCraft“ und „CultureCraft“ aus Leipzig) und Douglas Wang (Gründer von www.pleasantuser.com und Experte für den Einfluss von Gaming auf die aktuelle chinesische Kultur aus Shanghai) dank der großen Unterstützung der STIFTUNG NORD/LB • ÖFFENTLICHE weitere Profis der Gamingkultur als Referenten gewinnen.

Für die Bundesakademie bildet die Tagung, die als Livestream, auf facebook und auf Twitter mitverfolgt werden konnte und auch einen Spielabend unter Anleitung beinhaltete, den Auftakt für den Ausbau dieses Bereiches und der Schaffung eines Netzwerkes durch Andrea Ehlert, Programmleiterin für Kulturmanagement, -politik und -wissenschaft. Das Ziel ist es, Kunst- und Kulturvermittelnden die Scheu zu nehmen und mit ihnen Ideen auszuarbeiten.

„Wir stehen ganz klar vor einem Generationswechsel und die Kulturinstitutionen befinden sich im Wandel. Aber es geht nicht darum, in jede Kultureinrichtung eine Konsole zu stellen oder ein eigenes Computerspiel zu entwickeln“, sagt Prof. Dr. Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss, seit 2012 Direktorin der Bundesakademie sowie Professorin für Kulturelle Bildung an der Universität Hildesheim. „Der Mensch begreift seit jeher die Welt um sich herum durch Spielen. Und sich das bewusst zu machen und zu nutzen, darin besteht die Möglichkeit für die Kulturelle Bildung.“

„Kulturinstitutionen müssten sich eigentlich in Massen auf dieses Medium stürzen“, sagt Tagungsleiter Christoph Deeg. Der Berater für die Bereiche Gamification und Digitale Strategien und Gründer des Netzwerkes „games4culture“ betont: „Computerspiele sind Kultur und als solche genauso relevant.“

„Gaming spielt in der Region Braunschweig eine große Rolle. Es hat Tradition, dass unsere Stiftung auf dem Gebiet des Landes Braunschweig die Kreativwirtschaft fördert und auch wir haben dadurch bereits viel Erfahrung auf diesem Terrain gesammelt“, sagte Axel Richter, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der STIFTUNG NORD/LB • ÖFFENTLICHE. Zu nennen sind die Stiftungsgastprofessur von Rolf F. Nohr an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, die filmfest-Förderung Computerspiele und eine Kultur- und Kreativwirtschaftsstudie von Michael Söndermann.

Die STIFTUNG NORD/LB • ÖFFENTLICHE fördert die Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel seit rund 20 Jahren – auch dies hat Tradition.

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