Städtebauliche Wunde geschlossen
Vor zehn Jahren wurde der Grundstein für Schloss und Schloss-Arkaden gelegt.
Es ist vor allem deswegen ein erinnerungswertes Datum, weil die damalige politische Kontroverse so heftig war, wie sie die Stadt in ihrer jüngeren Geschichte bisher nicht kannte. Vor genau zehn Jahren fand die Grundsteinlegung für die Schloss-Rekonstruktion und das Einkaufszentrum Schloss-Arkaden statt. Es war keine offene Veranstaltung. Es waren lediglich rund 300 Gäste geladen. Dabei hätte es ein Freudenfest für die ganze Stadt werden können, im Rückblick sogar werden müssen. Aber die verbissene Debatte damals hatte zu tiefe Gräben gerissen und machte das unmöglich.
Heute gibt es kaum noch bekennende Gegner vom damals so genannten ECE-Projekt. Die Kaufmannschaft die sehr skeptisch und teilweise schroff ablehnend war, profitiert heute zu großen Teilen von der Ansiedlung. Braunschweig ist Niedersachsens Einkaufsstadt Nr. 1 geworden.
Das Schloss und die Schloss-Arkaden wirken heute so, als hätten sie schon immer dort als Ensemble gestanden. Sie wirken nicht überdimensioniert, fügen sich ein. Das Schloss ist eine der touristischen Attraktionen geworden, steht heute in der Gunst der Gäste kaum hinter dem Burgplatz. Den Schlosspark jedenfalls sehen die meisten rückblickend nur als bloße Interimslösung zwischen Schloss-Abriss 1960 und Schloss-Wiederaufbau, vielleicht haben einige noch schöne Jugenderinnerungen, aber das war es auch. Längst gehen viele von denen, die auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung eine Menschenkette um den Bauzaun gebildet hatten, selbst gerne ins Schloss, nutzen Stadtbibliothek und Stadtarchiv oder das Angebot in den Geschäften der Schloss-Arkaden.
Es war der 2. November 2005 als der damalige Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann in seiner Ansprache während der Grundsteinlegung die Symbolik des Schlosses für Braunschweig mit jener der Frauenkirche für Dresden verglich. In beiden Fällen würden städtebauliche Wunden geschlossen. Hoffmann sprach für sich persönlich von einem Tag der Genugtuung nach dem schwierigen juristischen Hindernislauf bis zur Realisierung und für Braunschweig von einem Tag der Freude.
In einer schriftlichen Mitteilung ließ er mitteilen: „Die Grundsteinlegung für die Schloss-Arkaden ist ein wichtiger Schritt für die Entwicklung Braunschweigs. Die Stadt hat mit dem Projekt der ECE eine Initialzündung ausgelöst. Schon jetzt lässt sich erkennen, dass sich daran eine Kettenreaktion anschließt: In Braunschweig wird wieder in neue Geschäftshäuser investiert – nicht nur am Bohlweg, sondern auch am Damm. Weitere Projekte zeichnen sich bereits ab.“
Und weiter meinte Hoffmann damals: „Ich bin stolz darauf, dass diese umfassende Aufwertung der Innenstadt in einer Zeit äußerst knapper kommunaler Finanzen gelungen ist, ohne dass der städtische Haushalt mit einem Cent belastet wurde. Die Stadt hat dazu nur Ideen, Kreativität und ein wirtschaftlich sonst nicht verwertbares Grundstück eingebracht. Besonders freue ich mich, dass das Residenzschloss wieder aufgebaut wird. Es erinnert an die Geschichte des früher selbständigen Landes Braunschweig und bereichert das Stadtbild.“
Auch als Einkaufstadt werde Braunschweig mit den Schloss-Arkaden eine neue Anziehungskraft vor allem auf Besucher aus dem Umland, aber auch aus anderen Teilen Deutschlands entwickeln“, so Hoffmann damals. Heute kann festgestellt werden: Mit Schloss und Schlossarkaden inklusive flossen seither, so schätzen Experten, rund 500 Millionen Euro in die Aufwertung der Innenstadt. Es entstanden das Schlosscarree, neue Kaufhäuser am Damm und am Kattreppeln. Zuletzt wurde der City-Point saniert und als Top-Einkaufsadresse gesichert.
In der damaligen Pressemitteilung der Stadt erklärte Stadtbaurat Wolfgang Zwafelink: „Mit der Entscheidung von ECE, in Braunschweig die Schloss-Arkaden zu bauen, hat sich für die Stadt die äußerst seltene Chance ergeben, Bausünden aus der Nachkriegszeit mit privat finanziertem Millionenaufwand zu korrigieren und das Stadtbild gestalterisch erheblich aufzuwerten.“
Mit dem neuen Bohlweg erhalte Braunschweig endlich eine Straße mit großzügigem Boulevardcharakter. Im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Mitte Braunschweigs würden aber nicht wie sonst üblich allein Bereiche rund um das Baugrundstück neu gestaltet. Es würden auch die wichtigen Verbindungen zur historischen Innenstadt, in der der neugestaltete Kohlmarkt einen wichtigen Anziehungspunkt bilde, aufgewertet. Dem Investor sei auch ein Kompliment zu machen, dass er mit dem Neubau in Braunschweig anspruchsvolle Architektur verwirkliche, die als Sieger aus einem internationalen Wettbewerb mit renommierten Architektenbüros hervorgegangen ist.
Stephan Kugel, ECE-Geschäftsführer Centermanagement, meinte damals während der Grundsteinlegung: „“Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass viele Besucher nach Braunschweig kommen werden, um das wiedererstandene Schloss zu besichtigen.“ Er sprach von einer attraktiven Kombination aus Historie und Einzelhandel.
Von der SPD-Ratsfraktion war seinerzeit nur die mittlerweile verstorbene Inge Kükelhan gekommen. Die Grünen blieben der Grundsteinlegung ganz fern. „Die Grundsteinlegung ist wahrlich kein Grund zum Feiern. Im Gegenteil: Das ECE-Center ist und bleibt aus kulturgeschichtlicher, städtebaulicher und wirtschaftspolitischer Sicht unsinnig. Gegen den Widerstand großer Teile der Bürgerschaft wurde der Schlosspark zerstört. Bundesweit wird Braunschweig für die Verbindung von Shopping-Mall und Schlossfassade heftig kritisiert. Positives Stadtmarketing sieht anders aus“, wurde die damalige Fraktionsvorsitzende der Grünen, Gisela Witte, von der Braunschweiger Zeitung zitiert.
Für den damaligen CDU-Fraktionschef Wolfgang Sehrt war es dagegen ein „historischer Tag“. Die Entscheidung für die Schloss-Arkaden sei der Grundstein für die Aufbruchsstimmung in Braunschweig gewesen, die immer mehr an Rasanz zunehme. Die damalige CDU/FDP-Mehrheit hatte das Projekt nur mit der Stimme des damaligen Oberbürgermeisters hauchdünn durchgesetzt.
Video zum Schloss: https://www.der-loewe.info/braunschweigische-spaziergaenge/