Till Eulenspiegel hat viele Gesichter
Die Dauerausstellung des Museums in Schöppenstedt wird neukonzipiert.
Till Eulenspiegel gilt im Allgemeinen als Kinderbuchheld, der in vielen Städten neckische Streiche spielte. Zum Beispiel, als der Schelm im 14. Jahrhundert bei einem Braunschweiger Bäcker Eulen und Meerkatzen statt Brote und Brötchen backte. Doch dass „Ulenspiegel“ nach dem Roman des belgischen Schriftstellers Charles de Coster von 1876 ein flämischer Freiheitsheld war, der sich gegen die spanischen Unterdrücker auflehnte, dies dürfte allerdings vorwiegend Literaturwissenschaftlern bekannt sein.
Gerade der Facettenreichtum und die Gegensätze der Eulenspiegelfigur sind es, die nach der Neukonzeption der 1999 entworfenen und mittlerweile in die Jahre gekommenen Dauerausstellung des Till Eulenspiegel-Museums Schöppenstedt noch mehr zur Geltung kommen sollen. Närrisch, harmlos, teuflisch und böse, aber auch politisch treten die zahlreichen Till Eulenspiegel-Figuren im Laufe der Jahrhunderte auf. Und exakt diese Eigenschaften werden sich auch in der neuen Ausstellungsarchitektur widerspiegeln. Die in Planung befindliche neue Erlebnisausstellung greift in Teilen Elemente eines Ideenwettbewerbs des Masterstudiengangs Bühnenbild an der TU Berlin auf. 10 Berliner Studierende hatten am Wettbewerb teilgenommen, die Gewinnerin heißt Helen Hart mit dem Leitmotto „Überraschen, irritieren, widersprechen!“.
Neu ist: Eine Audiostation mit 14 verschiedenen Historien Eulenspiegels mit Geräuschen, eine Fühlstation, viele Zitate, Tapeten mit integrierten Exponaten, eine Mediathek mit Eulenspiegelbüchern zum Herausnehmen und Lesen sowie ein Spiegelkabinett am Ausgang. Herzstück bleibt jedoch die in Frankfurt gedruckte Eulenspiegel-Ausgabe von 1555, das älteste heute noch vollständige Exemplar, also ein weltweites Unikat, das nur 40 Jahre jünger ist als die ersten von Johannes Grüninger in Straßburg gedruckten Ausgaben.
Erworben hatte es der Freundeskreis Till Eulenspiegel e.V. vor Jahrzehnten auf einer Kölner Antiquariatsbörse. Der Ankauf ist eine spektakuläre und spannende Geschichte. Über einen Mittelsmann hatten die Schöppenstedter erfahren, dass die seltene Eulenspiegel-Ausgabe bei der Börse auf den Markt kommt. „Als die Türen zur Verkaufsbörse am Morgen geöffnet wurden, ging ein Mitglied unseres Freundeskreises ohne Umwege und schnellen Schrittes zum Verkäufer und legte den geforderten Preis, ohne zu verhandeln oder über das Eulenspiegelbuch zu sprechen, bar auf den Tisch“, erinnert sich die Leiterin des Till Eulenspiegel-Museums, Charlotte Papendorf.
Aber auch die Figuren aus Meißener Porzellan und der Gipsabdruck des Eulenspiegel-Grabsteins in Mölln werden als bisherige Highlights wieder ihren festen Platz in der unter anderem von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und der Braunschweigischen Stiftung unterstützten Ausstellung erhalten. Genauso wie Faksimile der frühesten Eulenspiegel-Ausgaben und wissenschaftliche Erklärungsversuche, warum der Braunschweiger Stadtschreiber Hermann Bote der Autor der Erstausgaben sein könnte…
„Im Till Eulenspiegel-Museum Schöppenstedt kann man entdecken, dass hinter dem bunten Kinderbuchhelden mit Schellenkappe noch viel mehr steckt als nur ein harmloser Spaßmacher. Die große Dauerausstellung geht auf vieles ein, was die Besucher aus aller Welt über Eulenspiegel wissen wollen – und stellt einiges in Frage, was sie zu wissen glaubten“, erklärt Charlotte Papendorf, die zusammen mit dem ehrenamtlich tätigen wissenschaftlichen Berater Prof. Dr. Alexander Schwarz (Universität Lausanne, Schweiz) nun die neue Ausstellung für möglichst viele Bevölkerungsgruppen barrierefrei konzipiert und gestaltet. „Mit der Neukonzeption erhoffen wir uns zufriedene Besucher aller Altersklassen. Und natürlich, dass unser Eulenspiegelmuseum ein noch größerer Anziehungspunkt in der Region wird.“
Eine Erfolgsgeschichte ist bereits jetzt die Kronkorken-Spendenaktion zu Gunsten der Till Eulenspiegel Museumsstiftung. Bei der im August 2013 gestarteten, ihres gleichen suchenden Sammelaktion hatten Unterstützer und Helfer extra angefertigte Pappkartons mit einem Eulenspiegel-Abbild vor allem bei den Filialen der Öffentlichen Versicherung und der Braunschweigischen Landessparkasse, bei den Servicecentern der Braunschweiger Zeitung und bei den Konzertkassen aufgestellt. Bis heute kamen über 30 Tonnen Kronkorken als Recyclingmaterial zusammen, somit überwies der Abnehmer Salzgitter AG bisher rund 5000 Euro für den Erhalt des Till Eulenspiegel-Museums.
Kontakt
Till Eulenspiegel-Museum
Nordstraße 4a
38170 Schöppenstedt
Tel.: 0 53 32-61 58
Fax (0 53 32) 9 38-101
Email: info@eulenspiegel-online.de
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag 14 bis 17 Uhr
Samstag, Sonntag und an Feiertagen 11 bis 17 Uhr
Montags ist das Museum geschlossen