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Wie Löwenherz Braunschweig Eltern Angst vorm Kinderhospiz nimmt

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Den Begriff Kinderhospiz verbinden Eltern oft mit Tod. Was das jedoch für eine Entlastung im Alltag sein kann, zeigen zwei Vereine in Braunschweig.

„Tut Sterben weh?“, fragte ein todkrankes Kind vor Kurzem eine Ehrenamtliche des Braunschweiger Löwenherz-Vereins. Eine schwere Frage, wer kann das schon beantworten? Die Kinderhospizbegleiter sind für solche Fragen geschult. Mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung ging die Mitarbeiterin auf das Kind ein, erzählte ehrlich, dass niemand das mit Sicherheit beantworten kann. Doch das hilft schon. Und es entlastet die Eltern, die mit solchen Fragen manchmal überfordert sind.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 12.03.2024

Kinderhospiz. Ein Ort, bei dem viele direkt an Tod und Trauer denken. In Braunschweig gibt es gleich zwei Anlaufstellen, die dem entgegenstehen: der Löwenherz-Stützpunkt, zu dem auch ein stationäres Kinderhospiz in Syke im Kreis Diepholz gehört, und die Sonne (Ambulante Kinderhospizarbeit Süd-Ost-Niedersachsen), eine Kooperation verschiedener regionaler Hospizvereine. Sie greifen durch ambulante Begleitung und fachliche Beratung den Familien unter die Arme, die ein Kind mit einer unheilbaren Krankheit haben. Und das nicht erst in der letzten Lebensphase, sondern ab der Diagnose und über den Tod hinaus. Völlig kostenfrei.

Zum Tag der Kinderhospizarbeit am 10. Februar machten Löwenherz und die Sonne in der Braunschweiger Innenstadt auf ihre Arbeit aufmerksam. Foto: Kinderhospiz Löwenherz e. V./ Kinderhospiz Löwenherz Stützpunkt Braunschweig

Todkranke Kinder: Braunschweiger Vereine unterstützen Familien im Alltag

Entlastung, das ist das Ziel der ambulanten Sterbebegleitung. Die Mitarbeiter besuchen die Familien zu Hause, im Krankenhaus oder in Kinder- und Jugendeinrichtungen wöchentlich, und unterstützen sie da, wo es geht. Sei es, sich eine Stunde mit dem nicht-kranken Geschwisterkind zu beschäftigen, welches oftmals weniger Aufmerksamkeit bekommt. Oder sei es, mit dem erkrankten Kind zu spielen, um den Eltern eine Auszeit zu ermöglichen.

„Wenn eine Familie zu uns kommt, dann hören wir hin, was sie für einen Bedarf hat. Und darauf gehen wir ein“, erklärt Tobias Capelle, Leiter des Kinderhospiz-Stützpunktes Löwenherz. Ihm und Petra Scholz-Marxen, Koordinatorin der Sonne sowie Geschäftsführerin des Hospizarbeit-Vereins in Braunschweig, liegt es am Herzen, auf das niedrigschwellige Angebot für Familien mit solch einem belastenden Schicksal aufmerksam zu machen. Dafür liefen Vertreter kürzlich am Tag der Kinderhospizarbeit, dem 10. Februar, durch die Innenstadt, verteilten grüne Vereinsbänder – die Farbe der Hoffnung -, und machten das Thema präsent.

Die Ehrenamtlichen am Tag der Kinderhospizarbeit im Zentrum Braunschweigs. Hier verteilten sie die grünen Vereinsbänder. Foto: Kinderhospiz Löwenherz e. V./Kinderhospiz Stützpunkt Braunschweig

Löwenherz Braunschweig ist auch über den Tod hinaus für die Trauernden da

Doch die Entlastung im Alltag ist nur ein Teil der Arbeit, die die ehrenamtlichen Familienbegleiter der Vereine tätigen. Auch stehen sie den Eltern als Berater zur Seite für Fragen zur Vorsorge, zu Ansprüchen, Versicherungen oder auch privater Natur, falls erwünscht. „Wir sehen die Eltern als die Experten für ihre Kinder“, so Capelle, „wir sagen ihnen nicht, was sie zu tun oder zu lassen haben, wir sind da, um sie zu unterstützen“.

Auch vermitteln die Mitarbeiter an Fachpersonal weiter, zum Beispiel für psychosoziale Begleitung, gestalten mit den Familien ein Erinnerungsritual und begleiten auch in der Trauerphase nach dem Tod des Kindes. Manche Ehrenamtliche sehen Familien über viele, viele Jahre. Und sie helfen dabei, die Kinder für das Thema Sterben zu sensibilisieren, mithilfe von Büchern oder Bastelaktionen. Die Sonne bringt regelmäßig eine Kindertrauergruppe von 6- bis 11-Jährigen zusammen, wo die Kinder die Verluste von ihren Geschwistern oder anderen Familienmitgliedern auf kreative Art gemeinsam verarbeiten.

Tobias Capelle veranschaulicht den Kindern gerne anhand eines Mobiles, wie eine schwere Krankheit das ganze System Familie aus der Ruhe bringen kann. Dafür hängt er ein Gewicht an das Mobile und lässt die Kinder zusehen, wie es ins Schaukeln und Schwingen gerät und die Anhänger sich verkeilen, bis es sich langsam wieder einpendelt und alles wieder seine Position findet. Foto: Stine Hasenforther/FMN

Ohne Kosten: Ambulante Hilfe für Familien mit schwerem Schicksal

Ein großer Trugschluss, den Capelle und Scholz-Marxen aus dem Weg räumen wollen: Es fallen keine Kosten für die Eltern an. Beide Vereine werden durch Spenden und Fördergelder von Stiftungen finanziert. Zuschüsse für die ambulante Sterbebegleitung gibt es von den Krankenkassen, die dazu gesetzlich verpflichtet sind. Außerdem: die durchschnittliche Lebenserwartung der Erkrankung ist nebensächlich. Eltern können sich an die Vereine wenden, ob das Kind voraussichtlich noch 20 Tage zu leben hat oder 20 Jahre.

Eine sehr belastende Arbeit, möchte man meinen. Und natürlich lautet das A und O der Vereinsarbeit: Supervision. Capelle ist ausgebildeter Krankenpfleger. Er sagt, was er besonders an der ambulanten Hospizarbeit schätzt, ist, dass der Fokus nicht auf der Krankheit liegt, sondern auf den Bedürfnissen der einzelnen Familienmitglieder. Auch drehe sich nicht alles nur um den Tod. „Kinder machen sich nicht ständig Gedanken über das, was kommt. Sie leben im Hier und Jetzt. Es ist nicht durchgängig eine gedrückte Stimmung, im Gegenteil. Oft ist es ein ganz fröhliches Beisammensein.“

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 12.03.2024 und erreichbar unter: https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article241826450/Wie-Braunschweiger-Kinderhospizvereine-Familien-unterstuetzen.html

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