Wo bleibt denn da die Petrikirche?
Stadtteilheimatpfleger und Bauhistoriker Elmar Arnhold kritisiert geplante fünfgeschossige Bebauung der Freifläche entlang der Langen Straße als zu wuchtig.
Erst der Anbau der Villa von Bülow, dann der drohende Abriss denkmalgeschützter Gebäude für die neu geplante Burgpassage und jetzt auch noch das „Einmauern“ der Petrikirche. Als Stadtteilheimatpfleger Innenstadt hat man es dieser Tage in Braunschweig nicht gerade leicht. „Ich empfinde das als eine Kette von Entscheidungen, denen es an Einfühlung für den genius loci im Stadtbild mangelt “, sagt Elmar Arnhold, anerkannter Bauhistoriker und eben Stadtteilheimatpfleger Innenstadt. Er kritisiert den in Braunschweig zunehmend unsensiblen Umgang mit noch erhaltenen historischen Gebäuden und ihrem Umfeld.
Er würde sich wünschen, das noch einmal nachgedacht wird über die Bebauung an der Petrikirche. Mit der Arbeitsgemeinschaft der Stadtteilheimatpfleger in der Braunschweigischen Landschaft möchte er die Thematik des Umgangs mit historischen Bauwerken und dem umgebenden Stadtraum verstärkt thematisieren. Zwar werden Heimatpfleger auch jetzt um ihre Einschätzungen gebeten, aber in der Umsetzung finden sie aus Arnholds Sicht zu selten Niederschlag in der Umsetzung.
Das Stadtquartier um die Petrikirche war im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört worden. Bis 1944 war es durch spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Häuser geprägt. Im Zuge des Neuaufbaus der Innenstadt nach 1945 erhielt das Viertel im Umkreis der wiederhergestellten Petrikirche ein völlig neues, dem Verkehr untergeordnetes Gesicht. So entstand die Freifläche, die jetzt nach den Plänen der Eigentümerin, der Evangelischen Landeskirche, bebaut werden soll.
Arnholds Kritikpunkt an der Bebauung: „Bei der Planung handelt es sich um einen Entwurf, der aus wirtschaftlichen Motiven möglichst viel Fläche erzielen will und damit die Petrikirche stark einengt und ihre städtebauliche Dominanz beeinträchtigt.“ Schon dem Bau des Pressehauses stand er wegen dessen an dieser Stelle überbordenden Dimensionen kritisch gegenüber. Der Platz vor der Brüdernkirche sei durch die gewollte Baulücke zwischen dem Solitär des Pressehauses und der Bebauung Hintern Brüdern gestört. Und jetzt soll auch die Freifläche vor der Petrikirche, wie die Brüdernkirche ein sakraler Bau des Mittelalters, in einer aus seiner Sicht viel zu voluminösen Art bebaut werden.
In einem nicht offenen Architektenwettbewerb hatte sich der Entwurf der Architekten Rüdiger für die Bebauung an der Petrikirche durchgesetzt. Er sieht eine geschlossene L-förmige Bebauung vor, entlang der Langen Straße fünfgeschossig, entlang der Gördelinger Straße viergeschossig. Nach dem prämierten Entwurf des Architekten Rüdiger wird von der Petrikirche aus Sicht von der Langen Straße bestenfalls noch die Spitze des Turms zu sehen sein.
„Ich wende mich nicht grundsätzlich gegen eine Bebauung an dieser Stelle. Im Gegenteil, ich begrüße sie aus städtebaulichen Gründen, schließlich gab es dort auch vor dem Krieg ebenfalls Bebauung. Die Lange Straße würde wieder als geschlossen bebauter Boulevard wahrgenommen werden können, aber es sollte eben die Maßstäblichkeit gewahrt bleiben“, erläutert Stadtteilheimatpfleger und Bauhistoriker Elmar Arnhold. Unbedingt empfehlenswert sei die Gliederung und Staffelung in kleinere Baukörper.
Aufgrund der dichten und hochrangigen Bebauung vor der Kriegszerstörung erwartet der Bauhistoriker auf dem Gelände bedeutende archäologische Funde und Befunde. Im Bereich der Straßenecke An der Petrikirche/Gördelingerstraße stand beispielsweise das große Bürgerhaus Hintern Brüdern 18 mit rückwärtiger Kemenate und spätmittelalterlichen Hofgebäuden.
Auch wenn es einen Siegerentwurf gibt, ist die letzte Entscheidung nicht gefallen. Im Planungs- und Umweltausschuss wurde in einer Mitteilung über den Sachstand berichtet. Es gibt noch keinen Bebauungsplan. In einer Ausstellung in der Petrikirche von maßstabsgetreuen Modellen waren die Dimensionen deutlich geworden. Manch ein Besucher war davon erschrocken, auch Elmar Arnhold.