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Zeugnis aus dem Mittelalter

Letzte Arbeiten am Mauerwerk des Jödebrunnens. Im Hintergrund das noch nicht sanierte Kontorhaus aus dem Jahr 1899. Foto: Peter Sierigk
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Der jetzt sanierte „Jödebrunnen am Hohen Tore“ versorgte von 1345 bis 1865 die Stadt mit frischem Wasser.

Die aufwändige Sanierung des historischen „Jödebrunnens vor dem Hohen Tore“ ist auf der Zielgeraden angekommen. Noch bis zum Herbst stehen Ausbesserungen an einigen Stellen des Kalksteinmauerwerks rund um das Wasserbecken an. Aber dann sind die seit Sommer 2014 laufenden Arbeiten abgeschlossen und ist ein weiteres beachtliches Kleinod für Braunschweig entstanden. Dieses älteste Zeugnis der Braunschweiger Trinkwasserversorgung gilt bereits seit 1959 als ein über die Stadtgrenzen hinaus bedeutendes Bau- und Naturdenkmal.

Über einen neuen Fuß- und Radfahrweg ist der nach Jahrzehnten der Verwahrlosung wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Vor Ort befinden sich Schautafeln mit Erläuterungen zu dem Bauwerk. Die Brunnensanierung wurde gefördert von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Richard Borek Stiftung sowie einem Privatspender aus Braunschweig. Die umgebenden Grünflächen mit einer Gesamtgröße von rund einem Hektar wurden je zur Hälfte von der Stadt Braunschweig und aus EFRE-Fördermitteln der Europäischen Union finanziert. Der neue Weg vom Jödebrunnen zur Büchnerstraße ist zugleich Verbindung zum westlichen Ringgleis und Bestandteil des Konzepts zur städtebaulichen Neugestaltung des ehemaligen Westbahnhofs.

Einst hatte es zwei weitere Jödebrunnen außerhalb der der Stadtmauern gegeben, mit denen Braunschweig mit Wasser versorgt wurde. Einer lag im Bereich Hagenring, der zweite in der Nähe des Lünischteichs bei Riddagshausen. Der „Jödebrunnen vor dem Hohen Tore“ ist indes heute einziges Denkmal der mittelalterlichen Wasserversorgung der Stadt.

Von dort wurden bis ins 19. Jahrhundert Brunnen in der Stadt mit Wasser versorgt, von 1391 an der Altstadtmarkt (bis 1865) und später auch der Kohlmarkt. Die bereits unterirdisch verlegten Leitungen bestanden aus sogenannten „Pipen“. Dabei handelte es sich um durchbohrtes Holz. Die Leitungen waren rund zwei Kilometer lang und hatten dabei lediglich ein seichtes Gefälle von 5 Metern. Damit der Druck reichte, wurden die „Pipen“ von 14 auf 8 Zentimeter immer enger. 1766 waren 720 Brunnen im Stadtgebiet von Braunschweig verzeichnet. Die Quelle des Jödebrunnens übrigens sprudelt noch heute.

Um die bauliche Substanz des dreiseitig ummauerten Beckens zu ergründen, wurde 2012 der Wasserspiegel abgesenkt. Das Gutachten damals ergab zügigen Handlungsbedarf. Die Standsicherheit der Mauer war gefährdet. Am Beckenrand wachsende Bäume und Büsche hatten mit ihren Wurzeln das Mauerwerk stark verformt, teilweise waren sie bereits durch die Fugen gedrungen. Unterhalb des normalen Wasserspiegels waren die Fugen offen. Heute ist die Anlage wieder intakt. Die Mauerkronen waren einst durch sogenannte Steinschlösser oder metallene Eisenklammern miteinander verbunden. Darauf wurde jetzt verzichtet. Ihre frühere Lage ist indes erkennbar. Die gesamte Sanierung hat mehr als 300.000 Euro gekostet.

Von außen eingearbeitete Noppenbahnen aus Kunststoff sollen die Brunnenmauern gegen erneute Durchwurzelungen schützen. Zu dicht an der Mauer stehende Bäume wurden entfernt, die Grünanlage wurde mit weiteren Pflanzungen sehr attraktiv gestaltetet. Der gepflasterte Sitzbereich, mit direktem Blick auf den Jödebrunnen, lädt zum entspannten Verweilen ein.

„Es wird vermutet, dass das untere Mauerwerk aus der Entstehungszeit im 14. Jahrhundert stammt“, berichtet Jan-Christoph Friedrich vom Referat Stadtbild und Denkmalpflege beim Ortstermin. Die Gründung der Mauern, das ergaben die Untersuchungen, steht auf einer Pfahlgründung aus feuchtigkeitsbeständigem Holz wie Eiche oder Erle.

Das rechteckige Wasserbecken ist 41 Meter lang und 47 Meter breit. Drei Seiten sind von einer Mauer aus Kalkstein eingefasst, den Abschluss der vierten Seite bildet eine natürliche Böschung. Die Mauern sind bis zu 3,20 Meter hoch. Mit dem Becken wird Quell- und Schichtenwasser aufgefangen, das über die Böschung eingebracht wird. Ein Überlauf sorgt für einen stabilen Wasserstand von etwa 80 Zentimetern. Bäume und Sträucher gab es während der Betriebszeit des Jödebrunnens übrigens nicht, schließlich hätten herabfallende Blätter das Wasser nur verunreinigt. So existierte das Problem der Durchwurzelung, das ja jetzt die Sanierung erforderlich machte, viele Jahrhunderte lang nicht.

Erst im 19. Jahrhundert verlor der Jödebrunnen seine lange herausragende Bedeutung. Mit dem Okerwasserwerk im Bürgerpark wurde 1865 eine zentrale Wasserversorgung für die Stadt ermöglicht. Braunschweig war auf 45.000 Einwohner gewachsen und benötigte eine moderne Versorgung mit gefiltertem Wasser. Diesen Bedarf konnten die Jödebrunnen nicht mehr decken.

Weitere bedeutende Stationen der städtischen Wasserversorgung waren die Inbetriebnahme des Wasserturms am Giersberg (1901-1987) und die Errichtung des Grundwasserwerks Bienroder Weg (1902 bis heute als Spitzenlastwasserwerk). 1943 bezog Braunschweig erstmals Wasser aus der gerade fertiggestellten Eckertalsperre. Seit 1970 wird die Stadt komplett mit Harzwasser (auch Granetalsperre) versorgt.

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