Zwei Tage für Beckmanns „Reise nach Berlin 1922“
Herzog Anton Ulrich-Museum präsentiert am 1. Dezember und am 26. Januar 2023 alle zehn in der Mappe enthaltenen großformatigen Drucklithografien.
Ein scharfer Blick auf die Gesellschaft zwischen ausschweifendem Leben in den Cabarets und bitterer Armut auf den Straßen kennzeichnet Max Beckmanns weltberühmtes druckgrafisches Mappenwerk der „Berliner Reise 1922“. Im Rahmen der viel beachteten Ausstellung „Max wird Beckmann. Es begann in Braunschweig“ im Herzog Anton Ulrich-Museum finden dazu am 1. Dezember und am 26. Januar 2023, jeweils um 16 Uhr, besondere Führungen statt. In der Ausstellung selbst werden unter insgesamt mehr als 100 Werken aus Beckmanns Schaffen aller Gattungen lediglich zwei der insgesamten zehn Lithografien der Mappe präsentiert. Es sind „Die Nacht“ und „Der Schlittschuhläufer“. Um alle enthaltenen Arbeiten dennoch in Gänze präsentieren zu können, sind die beiden Sonderführungen gedacht, in denen Dr. Andreas Uhr, Co-Kurator der Ausstellung, das druckgraphische Werk Max Beckmanns einordnen wird.
Wirklichkeit und Vision verschmelzen
„Als Maler, Zeichner, Druckgrafiker, Bildhauer und Schreiber ergründete Beckmann in seinem Werk auf ungeheuer intensive und sinnliche Weise, wie er es selbst formulierte, die Realität, die das eigentliche Mysterium des Daseins bildet“, erläutert Dr. Andreas Uhr. Deutlich werde dieser anspruchsvolle Ansatz auch in seinem druckgrafischen Mappenwerk der „Berliner Reise 1922. „Beckmann unternimmt darin eine Reise durch die gesellschaftliche und kulturelle Realität der Metropole der Weimarer Republik, wobei er Wirklichkeit und Vision miteinander verschmelzen lässt“, ergänzt Uhr.
Die Druckgrafiken waren seinerzeit in 100 Exemplaren vom Berliner Kunsthändler und Verleger J. B. Neumann herausgegeben worden. Mittlerweile sind sie zu einer absoluten Rarität auf dem Kunstmarkt geworden. Die Mappe steht dem Herzog Anton Ulrich-Museum für die Dauer der Ausstellung als Leihgabe der Richard Borek Stiftung zur Verfügung. Ein weiteres Exemplar war mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder für die Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, erworben worden. Auch in der Sammlung des Museum of Modern Art in New York sind die zehn Grafiken enthalten.
Die großformatigen Drucklithografien der „Berliner Reise 1922“ (Blattgröße jeweils 66,7:52,7 Zentimeter) zeigen gleichermaßen Beckmanns Faszination für das Großstadtleben und auch seine Abscheu davor. Die Mappe enthält insgesamt folgende Zeichnungen: 1. Selbst im Hotel, 2. Die Enttäuschten, 3. Die Nacht, 4. Nackttanz, 5. Der Schlittschuhläufer, Die Enttäuschten II., 7. Die Bettler, 8. Das Theaterfoyer, 9. Kaschemme und 10. Der Schornsteinfeger.
„Corrumpiertes und temperamentloses Nest“
Zur Vorbereitung der Graphiken war Max Beckmann im Krisenjahr 1922 von seinem damaligen Lebensmittelpunkt Frankfurt am Main für zwei Monate nach Berlin gereist. In einem Tagebuch nannte Beckmann Berlin ein „corrumpiertes und temperamentloses Nest“. Von 1904 bis 1914 und nach der Machtübernahme des nationalsozialistischen Regimes bis zur Emigration nach Amsterdam, von 1933 bis 1937, lebte er selbst in Berlin. Beckmann, dessen Werke während des NS-Regimes als „entartet“ galten, starb am 27. Dezember 1950 in New York. Er erlag einem Herzinfarkt während eines Spaziergangs im Central Park.
Die Ausstellung „Max wird Beckmann. Es begann in Braunschweig“ beleuchtet den Werdegang vom jugendlichen Schulabbrecher in Braunschweig bis zu einem der bedeutendsten Künstler der klassischen Moderne des 20. Jahrhunderts. Max Beckmann wurde 1884 in Leipzig geboren, doch wie er betonte „in Braunschweig erzogen, woher ich auch stamme“. Aus Helmstedt und Königslutter kamen seine Eltern, die Familien von Handwerkern und Bauern entstammten. Beckmann wuchs zwischen 1895 und 1900 in Braunschweig auf. In neuem Licht präsentiert die Ausstellung Max Beckmanns lebenslange Inspiration durch die Alten Meister. Sie nahm im Herzoglichen Museum (heute Herzog Anton Ulrich-Museum) in Braunschweig ihren Anfang. Dort studierte er Werke von Palma Vecchio, Veronese, Rubens und Rembrandts berühmtes spätes „Familienbild“, das er besonders bewunderte.
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